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Bordeaux brav: Château de la Grave

Château de la Grave, hier möchte man Graf sein.
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Bordeaux, der was taugt und nicht übertrieben teuer ist? Gar nicht leicht zu finden. Konsumentenschützer und Weintester Rainer Balcerowiak hat eine Flasche aufgemacht, die in punkto Preis und Leistung überzeugt.
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Bordeaux hier auf dem Schiff ist immer eine heikle Sache. Entweder man bespricht die spektakulären Brüller und hat kurz darauf die preissensiblen Leser am Hals.

Oder man wendet sich den weniger bekannten Bordeuax-Produzenten zu. Das mobilisiert dann jene Nörgler, die sagen: Bordeaux ist sooo out.

Glücklicherweise kümmert mich das alles nicht.

Die Appellation Côtes de Bourg gehört zwar zum Bordelais aber nicht zu den Anbaugebieten, bei deren Erwähnung Weinfreunde automatisch mit der Zunge schnalzen.

Hier gibt es weder Grands Crus, noch können renommierte Spitzenwinzer auf Auktionen oder bei der Subskription ihrer Weine Mondpreise erzielen, wie in der Region um die Stadt Margaux, die genau auf der gegenüberliegenden Seite der Gironde gelegen ist. Die Côtes de Bourg liegen am rechten Ufer des Flusses, knapp viertausend Hektar Rebfläche sind überwiegend mit roten Sorten bestockt.

Natürlich darf man nicht verschweigen, dass billige Massenabfüllungen aus diesem Anbaugebiet, wie man sie in vielen Supermärkten erhält, den Ruf der Côtes de Bourg nicht gerade verbessern. Dabei gibt es hier einiges zu entdecken, was angesichts der irren Preisspirale in den berühmten Appellationen des Bordeaux-Gebiets auch dringend anzuraten ist.

Bei den für die klassischen Bordeaux-Cuvées verwendeten Sorten dominiert hier – anders als auf dem linken Ufer der Gironde – der Merlot. Als weitere Sorten werden Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und neuerdings wieder zunehmend Malbec verwendet. Guten Weinen aus Bourg wird in geeigneten Jahrgängen ein großes Entwicklungspotenzial und entsprechende Lagerfähigkeit zugesprochen.

Ein sehr feines Tröpfchen hat beispielsweise das Château de la Grave mit seinem Nectar zu bieten. In seiner Stilistik erinnert er an gute Weine aus Pomerol und Saint Emilion, was natürlich auch daran liegt, dass Merlot (wie dort üblich) den Löwenanteil der Cuvées ausmacht.

Der im Glas rubinrote Wein begrüßt mich mit mächtigem Kirschduft, aber auch ausgesprochen kräuterwürzig. Am Gaumen dann sehr konzentrierte Frucht, vor allem reife Himbeeren und Johannisbeeren, aber auch erdige und mineralische Noten.

Mit Sicherheit braucht der Wein eine gute Prise Luft, bevor man ihn trinkt. Denn im ersten Moment wirken die Tannine noch etwas grün und hart. Doch mit der Zeit verschmelzen sie auf sehr elegante Weise mit der sehr dichten Frucht und lassen sich von dezenter Säure umspielen. Ein schönes langes Finale rundet diesen Spaß ab. Das ist kein ganz großes, aber auf alle Fälle mehr als nur anständiges Bordeaux-Kino, und zwar zu einem mehr als anständigen Preis.

Und bevor jetzt der Captain mit seinen albernen Zigarren aus konterrevolutionärer Exilproduktion kommt, zünde ich mir eine von kundigen, revolutionären kubanischen Arbeiterinnen per Hand gefertigte Partagas No. 4 an.

Tadelloser Brand, perfektes Zugverhalten. Kräftig im Anzug, feines Zedernaroma, ein wenig Waldboden und leichte, dunkle Frucht.

Und dazu trinke ich den härtesten Cocktail, den Berlin-Moabit je gesehen hat: Zwei Teile Bratbirnenbrand, ein Teil Blutwurzel (beides von der schwäbischen Privatbrennerei Kölle aus Bönnigheim). Dazu ein Löffel Agavendicksaft und ein Spritzer Zitrone.

Natürlich kann man mich jetzt für bekloppt halten, aber darüber unterhalte ich mich nur mit Matrosen, die es probiert haben. Denn es schmeckt einfach Hammer. Die dunkel-kräuterwürzige Partagas und dieses Getränk sind ein Traumpaar. Aber jetzt höre ich auf, bevor mich jemand abholt.

 

Datum: 26.9.2018 (Update 27.9.2018)
 

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