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Bollinger oder Bollongschee?

Kennerin Melanie mag Champagner.
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Bollinger, Taittinger, Krug. Wie spreche ich meinen Champagner aus? Auf französische oder deutsche Art? Die Frage ist gar nicht leicht zu beantworten, denn viele Häuser wurden von Deutschen gegründet.
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Champagner, das ist keine sehr alte Erfindung. Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, also gerade noch rechtzeitig zur Hochblüte des Absolutismus, gelang einem Betbruder namens Dom Pérignon in der Benediktinerabtei Hautvillers die Methode der Flaschengärung so zu verfeinern, dass die bis heute typische Frische und Perlage des Champagners dauerhaft in der Flasche blieb.

Dann ging alles ganz schnell. Ab 1728 war es erlaubt Wein in Flaschen zu transportieren. Vorher ging das nur in Fässern, die für Champagner natürlich untauglich sind. Ein Jahr später gründete Nicolas Ruinart (Neffe des Benediktinermönchs und Märtyrer-Experten Dom Thierry Ruinart, der eine Leidenschaft für die Weinmacherei verspürte) das erste Champagnerhaus der Welt. Offenbar ist den Benediktinern mehr Lebensfreude zu verdanken, als man immer dachte.

Neben den Mönchen hat der Champagner noch einer zweiten skurrilen Minderheit viel zu verdanken. Den Frauen. Konkreter noch: Witwen. Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin (Veuve Clicquot) entwickelte durch Zugabe von Rotweinen den Rosé-Champagner. Den gab es zwar schon, er war aber mit Holunderbeeren gefärbt. Und sie erfand das Rütteln und Degorgieren, um die Heferückstände aus der Flasche zu bekommen. Seitdem ist Champagner klar und durchsichtig.

Eine weitere Witwe namens Louise Pommery brachte 1874 den ersten Champagner brut heraus. Bis dahin schmeckte Champagner nämlich ziemlich süß. Die Zuckermenge der sogenannten Versanddosage fiel im Vergleich zu heute enorm aus. Mitte des 19. Jahrhunderts enthielt Champagner hochgerechnet auf einen Liter Dosage locker mehr als 100 Gramm Restzucker. Wenn Champagner für das zaristische Russland degorgiert wurde, waren es sogar weit über 300 Gramm. Nur die Engländer bevorzugten das, was damals als trocken galt: 30 bis 60 Gramm. Zurzeit liegt der Durchschnitt bei unter 15 Gramm.

Mönche, Witwen etc. Jetzt fehlen eigentlich nur noch die schlimmsten Kellerkinder der Weltgeschichte: die Deutschen.

Ja, es waren Hunnen, die wesentlich zum Aufstieg der Champagne als Epizentrum der globalen Schaumweinkultur beitrugen:

  • 1785 gründete der Westfale Florenz-Ludwig Heidsieck die Kellerei Heidsieck & Co in Reims.
  • 1827 folgten die Gebrüder Jacobus, Gottlieb und Philipp Mumm mit der Kellerei G.H. Mumm in Reims. Ihr Vater stammte aus Köln.
  • 1829 befand sich unter den drei Gründern der Kellerei Renaudin-Bollinger in Aÿ der Schwabe Joseph-Jacob Placid Bollinger.
  • 1843 gründete Johann-Joseph Krug aus Mainz (die Stadt war zu seiner Geburt in französischer Hand) die Maison Krug & Cie. in Reims, nachdem er sieben Jahre lang bei Jacquesson in leitender Position tätig war.

Ein Hoch auf die alten Zeiten!

Wie kommt es zur Verstrickung von so vielen Deutschen in die Geschichte des Champagner?

Deutsche Weinbauern und Händler waren gefragt. Einerseits wegen ihres tadellosen Rufs als zuverlässige Geschäftspartner. Andererseits war Deutschland über viele Jahrzehnte der wichtigste Absatzmarkt der Champagne und deutsche Sprachkenntnisse halfen dabei. Erzfeind hin oder her – Handel verbindet.

Robert Tomes, Arzt, Autor für die Zeitschrift Harper’s Magazin und amerikanischer Konsul in Reims, schrieb 1867 in seiner Reportage „The Champagne Country“, dass es keinen Weinbetrieb in der Champagne gäbe, der nicht von einem gebürtigen Deutschen kontrolliert würde. Zitat:

Steht an der Spitze nominell zufällig ein Franzose, so hat er sicher einen Partner oder Geschäftsführer aus Deutschland. Es gab jedoch ein Champagner-Haus, das ausschließlich von Franzosen geleitet wurde. Während meiner Zeit in Reims ging es bankrott, und es wurde allgemein festgestellt, dass es zugrunde ging, weil ein Deutscher fehlte.

Etliche deutsche Schampus-Pioniere heirateten französische Frauen und gingen in der Kultur ihres Gastlandes auf.

Ein Mann namens Eduard Werle, der sich später Werlé schrieb und Mitbesitzer von Veuve Cliquot war, wurde 1852 Bürgermeister von Reims. Trotz seines heftigen deutschen Akzents.

Aprops Akzent.

Der Captain nutzte die Teilnahme an einer Champagner-Fortbildung, die das Bureau de Champagne deutschen Weinprofis anbietet (tolle Sache!), um bei kundigen Menschen nach der korrekten Aussprache zu fragen. Weinfreunde, die dem Captain auf Instagram folgen, kennen das Ergebnis:

 

Datum: 28.12.2019 (Update 29.12.2019)
 

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