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Jeder kennt Napa Valley, die Spezialisten kennen auch Sonoma, sogar der Obermaat Mally weiß schon, dass aus Oregon annehmbarer Pinot Noir kommt. Aber das Gebiet zwischen San Francisco und Los Angeles, das nimmt bei uns niemand wirklich als Weinbaugebiet wahr. Und doch ist es genau diese Gegend, die in den letzten Jahren am meisten auf sich aufmerksam gemacht hat. Naja, vor Ort zumindest. Ich habe einen der ersten Weine von dort getrunken, die jetzt bei uns in Europa verfügbar sind. Glaube ich. Der dänischstämmige Christian Tietje (mehr über den hier weiter unten) beschert uns einen wirklich tollen Brummer aus Paso Robles.
Paso Robles
Diese Region liegt ziemlich genau zwischen San Francisco und Los Angeles am Highway 101. Seit 1890 wird hier Wein angebaut. Mittlerweile gibt’s ungefähr 9.000 Hektar Weingärten in Paso Robles selber, die 1983 eingeführte US-Herkunftsbezeichnung AVA gibt sogar ca. 270.000 Hektar an.
Viele der hier ansässigen italienischen Familien pflanzten zwischen 1920 und 1930 Zinfandel an, in mittlerweile berühmten Weingärten wie Dusi, Martinelli, Bianchi. Dann kam um 1960 herum der Cabernet- und Chardonnay-Wahn. Diese Rebsorten stehen da noch immer fest verwurzelt in der Erde.
Das Weingut Turley ist allerdings seit Mitte der 90er-Jahre der Vorreiter in Sachen Zinfandel und auch seither echter „Kult“. Die limitierte Produktion und die entsprechenden Preise ließen allerdings keinen wirklichen Hype zu. Einige Wein-Nerds und ein paar Zinfandel-Fanatiker wurden glücklich, mehr wurde daraus nicht. Zu schräg und auch nicht immer fehlerfrei waren die Weine nach dem Abgang der berühmten Helen Turley als Winemaker. Gott sei Dank gibt’s aber andere wirklich coole Typen wie etwa Christian Tietje von Four Vines.
Sein Ziel war es, aus jedem der wichtigen Weinbaugebiete für Zinfandel in Kalifornien je einen Wein zu machen, der dieser Sorte alle Ehre macht. Geschafft hat er bisher Sonoma, Amador County und Paso Robles.
Und den aus Paso Robles hab ich hier im Glas. Nicht nur heute, nein, das trinke ich regelmäßig und sehr, sehr gerne. Sehr, sehr gut sind auch seine Syrahs und deren Cuvées, welche aber leider nicht in Europa erhältlich sind. Noch nicht. Er heißt „Biker“.
Biker!
Das ist ein Wein, der richtig rockt. Er wurde sehr weit im Westen von Paso Robles angebaut, also nahe beim Pazifik, mit richtig steinigen, felsigen Böden. Im hermetischen Kosmos des Christian Tietje muss man die Nischen und Winkel, die Gauben und Dachböden kennen, um seine sowohl bodenständige wie hochartifizielle Kunst genießen zu können. Nur andächtig kann man vor diesem mächtigen Glas Wein sitzen, in dem Tietje den Pfaden des Mystischen und des Biblischen ebenso folgt wie denen der urwüchsigen Folklore, in dem er schwärzesten Sarkasmus mit den Summen der Erinnerung verbindet, über die schrecklichen Abgründe der Liebe mit der Klarsicht des Pessimisten. Schön!
So eine Kollaboration ist ein wunderbarer Luxus. Der Wein erinnert mich immer an sympathische Menschen, die am Leben leiden, aber nicht zu schlimm. Es gibt immer einen Morgen, eine Möglichkeit. Misanthropie und der kalte Pessimismus der modernen Apokalyptiker sind hier nicht gefragt. Hier sucht man vergeblich den Haken, wieder einmal. Kein Zynismus beschwert unsere Sinne.
Zinfandel lässt einem keine Chance, sich zu langweilen
Zinfandel ist für manche schwierig, ein Sonderling im Rebsortenkosmos. Für mich ist er ein hintersinniges Genie, auf seine eigenwillige, widerständige Art. Mit diesem Wein entgehe ich der Notwehr gegen die Zumutung des Alltags, den Worthülsen der Großsprecher und der Sehnsucht nach so etwas wie Liebe. Man bekommt mit diesem Wein keine Chance sich zu langweilen. Ein Wein, der nicht auf Glätte, sondern auf Reibung setzt. Ein Wein in aufrechter Haltung, die Stimmung ist offen, neugierig, staunend. Ein großer Wurf, der Rock und Experiment lässig verbindet.
Wenn sich Tietje austoben darf, die Frucht in unnachahmlicher Tradition sich aus dem Glas schraubt und diesem Original noch etwas hinzufügen kann, dann bin ich ganz bei mir selbst. Der Biker zeigt die Möglichkeiten des Zinfandel sehr entspannt und ohne übertriebene Gesten, muss sich nicht jeder Herausforderung stellen. Mit diesem Wein bleibe ich mir treu, clever, ironisch und selbstmitleidig angehaucht, so wie man sich einen leicht verklemmten Nerd vorstellt, der angesichts des hohen Alkoholgehalts an die Grenzen seiner Toleranz stößt. Seine Rache wird furchtbar sein. Aber meine Party ist die Bessere.
- Zinfandel „Biker“ Paso Robles 2008 von Four Vines für 24 Euro.
Ist vielleicht als Tagebucheintrag geeignet, aber hier erwarte ich sachliche Informationen über den Wein.
naja, aus der gegend gibt’s schon länger wein in good old europe, schon anfang / mitte der 90er hab‘ ich u.a. zins von peachy canyon (eastside und westside (der 101)) in nürnberg (na wo wohl) bezogen. was mich gleich veranlasst hat, damals dort vorbeizuschauen. und auch einer der ganz berühmten ridges stammt von dort, der paso robles (hieß früher dusi ranch).
na und die gegend zwischen sanfran und la sollte seit sideways hinlänglich bekannt sein, auch wenn’s die beiden ungusteln nicht ganz bis paso robles geschafft haben.
das ist richtig, ridge hat auch einen paso zin im programm, ist selber aber in santa cruz zu hause, das gehört ja zur north coast und liegt nahe an sf.
und 80% derer die sideways gesehen haben wissen nicht in welchem weinbaugebiet das gedreht wurde, für die ist alles napa valley. wie in österreich noch immer alles wachau ist was rund um krems wächst (gast:“haben sie was aus der wachau?“ wirt:“eh klar, alzinger, knoll, hirtzberger, prager, fx!“ gast:“was, haben sie keinen bründlmayer!!!“)