Der Winzer Helmuth Hirth ist in Württemberg und darüber hinaus eine Legende.
Diesen Ruf hat er sich tapfer erkämpft. In den 90er-Jahren begehrte der Mann gegen die Wischiwaschi-Weine seiner Heimatregion auf und wurde von den Kollegen entsprechend geschnitten. Aber er gab nicht auf und gilt heute als treibende Kraft hinter dem Aufbruch des Weinlands Württemberg. Jetzt kann nur noch das Bundesverdienstkreuz kommen. Amen.
Lassen wir den Wein sprechen.
Aber was hat uns der Mann heute zu sagen, der längst nicht mehr im Weinkeller steht, sondern sich Partner gesucht hat, die sich um das Weingut Hirth im schönen Weinbergstal (siehe unten) kümmern? Hirth selbst hat ja mit dem Deutschland-Vertrieb für den italienischen Weingiganten Santa Margherita alle Hände voll zu tun.
Lassen wir also den guten Herrn Hirth verdienstvoll zur Seite treten und konzentrieren wir uns auf einen der Hirth-Weine, für die seit einiger Zeit der sympathisch wirkende Frank Keyser – Kellermeister des Weinguts – verantwortlich zeichnet. Nämlich den trockenen Lemberger von Hirth, der passenderweise Lemberger trocken heißt. Der hat eine ganz klare Botschaft. Und die lautet: HOLZ IST GUT!
Das muss man wirklich wissen, bevor man zu dieser Flasche greift.
Nichts für Spätburgunder-Fans.
Ist man nämlich einer jener eingefleischten Spätburgunder-Fans, die grundsätzlich nur Arthouse-Filme in der Originalfassung sehen und bei Weinen stets anspruchsvolle Filigranität und elegante Säure suchen und die Verwendung von Holz bei der Weinbereitung aus Prinzip sehr kritische sehen – dann liest man hier besser gar nicht weiter. Geschweige denn nimmt einen Schluck von Hirths Lemberger. Man kann sich schon denken, warum.
Deshalb reden wir nicht länger um den heißen Brei herum, sondern schenken ein.
Wir stehen im Sägewerk.
Vorgewarnt nähern sich unsere Nasen nur ganz langsam den Gläsern. Und WUMM, wir stehen mitten in einem Sägewerk. Die Späne fliegen uns nur so um die Ohren. Da ist viiiel neues Holz. Dazu natürlich Vanille, Kaffee und Sauerkirsche. Letztere typisch für Lemberger. Ja, das ist schon eine klare Ansage.
Im Mund volle Sauerkirschnoten, schwarze Schokolade und ganz weiches Tannin. Am Gaumen Karamell, Vanille, wieder dunkle Schokolade und Mokka. Was für ein Pimpwein voller Konzentration und ganz zarter Restsüße. Ganze 14 Volumenprozent Alkohol treiben das Vergnügen an. Alles nichts für intellektuelle Filigranweintrinker sondern eine volle Ladung deutscher Rotwein für ein üppiges Trinkerlebnis.
28 Monate lang im Fass.
Der Hirth-Lemberger ist bio und wurde 28 Monate lang (!) in kleinen, neuen Barriquefässern ausgebaut. Was sollen wir dazu essen? Entweder Rinderroulade oder ein zartes Schweinefilet.