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Auktion: heiliger Sangiovese!

Feinsinnige Eleganz schon am Etikett - das ist Le Pergole Torte. Fotos via Pinterest, Alikhan
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Am 30 September 2015 werden bei Auctionate wieder eine Reihe edel gereifter Weine versteigert. Unter anderem viele Flaschen der toskanischen Legende Le Pergole Torte. Hier ein Vorab-Verkostungsbericht.
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Weinauktionen sind immer eine interessante Gelegenheit, in die Welt alter, gereifter Weine einzutauchen. Und eine Chance, solche Weine zum realistischen Preis zu kaufen. Man kann – dank Google – vorher leicht recherchieren, wie hoch die eine oder andere Flasche am Markt gehandelt wird und ein Gebot abgeben. Ich selbst nutze solche Versteigerungen immer wieder. Nicht, um weltberühmte Herzeige-Weine abzustauben. Die kann ich mir sowieso nicht leisten. Aber, um ältere Flaschen großer Weinlegenden in mein Glas zu holen, die nicht in GALA und BUNTE stehen.

Schon die Etiketten – ein Genuss!

So eine Weinlegende ist der Le Pergole Torte von der Fattoria Monte Vertine, die mitten im toskanischen Anbaugebiet Chianti Classico liegt. Kurz auch Montevertine genannt.

alberto manfredi

Alleine die eleganten Flaschenetiketten des Künstlers Alberto Manfredi (1930 – 2001), der mich mit seinen Grafiken ein bisschen an Otto Dix erinnert, sind ein Genuss und lassen die Montevertine-Weine im öden Grabstein-Einerlei des italienischen Etikettendesigns herausstechen.

Was ist das Besondere an diesem Wein?

Aber auch die Geschichte dieses Weins ist ein Hingucker und eine Erzählung wahrer Italianitá: Stolz, Sturheit, Feinsinnigkeit und Ruhm.

Jaja, ich höre schon auf zu faseln. Was ist also das Besondere am Le Pergole Torte (= frei übersetzt: die windigen Pergolen)?

Es ist seine unglaubliche Vielschichtigkeit, die von besonders ausgelesenen Sangiovese-Trauben aus begnadeter Weinbergslage und einem behutsam durchgeführten Ausbau herrührt. Kenner rühmen den Le Pergole Torte als einmaliges Trinkerlebnis. Immer wieder höre ich begeisterte Gesänge auf diesen Wein – wie er selbst nach 30 Jahren noch mit lebendiger Säure, frischer Fruchtaromen – zum Beispiel von reifen Kirschen und Zwetschken – und Noten von zartbitteren Orangenzesten, frisch geschnittenem Rhabarber, Fenchel, süßlichem Tabak und feinkörnigen Tanninen subtile Eleganz verbreitet.

Supertoskaner – gar nicht super?

Der Wein entstand aus purer Wut auf eine Mode, die heute unter dem bekannten Begriff Supertoskaner zusammengefasst wird. In den 70er-Jahren brachen einige Chianti Classico-Winzer (angestoßen durch Piero Antinori) mit der althergebrachten Sitte, nur gebietstypische Rebsorten und Ausbaumethoden anzuwenden.

Die heilige und säurestarke Sorte Sangiovese wurde plötzlich mit ausländischem Zeugs wie Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot vermischt, um mehr Körperfülle und Kraft einzubringen. Das Konzept ging auf, die Idee beflügelte den Aufstieg Italiens zur Weinweltmacht. Sie kann also nicht so schlecht gewesen sein. Für Freunde filigraner und eleganter Toskanaweine waren diese innovativen Brummer aber ein Sakrileg.

Ein feinsinniger Wein gegen die Toskanabrummer.

Auch Signore Martino Maetti, ein lokaler Stahlbaron und Weinfanatiker, fand das neumodische Getue doof. Und beschloss, auf seinem Feriensitz Monte Vertine einen Anti-Supertoskaner zu machen. Einen feinsinnigen Supersuper-Sangiovese sozusagen. Kurz: es ist ihm gelungen. Wohl auch wegen des besonderen Terroirs (Boden und Mikroklima), für das Montevertine berühmt ist. Maetti verstarb im Jahr 2000, heute steuert Sohn Martino das Weingut und produziert den Le Pergole Torte in zuverlässiger Qualität weiter.

Ich aber bin neugierig auf edel gereiften, alten Le Pergole Torte.

Das Online-Auktionshaus Auctionata versteigert 6 verschiedene Lose (#96 – #101) mit einer beeindruckenden Anzahl von Le Pergole Torte-Flaschen aus Jahrgängen zwischen 1985 und 1999.

So schmeckt lange gereifter Le Pergole Torte.

Wer sagt uns jetzt, wie diese Weine schmecken? Ich habe mich umgehört, welcher Kenner uns von so einem Trinkerlebnis berichten kann. Und ich musste nicht lange suchen, denn mein Freund, der Hamburger Weinsammler Dr. Imtiaz Alikhan (Foto unten links mit dem Sommelier Gerhard Retter), hat schon alles getrunken, was alt und edel ist.

Dr. Imtiaz Alikhan

Hier seine zwei Verkostungsberichte älterer Le Pergole Torte-Jahrgänge. Zuerst 1992 – getrunken im Januar 2015 nach zwei Stunden Dekantieren:

Klare und intensive rubinrote Farbe. Das Bouquet ist eine Fruchtexplosion aus Heidelbeeren und Himbeeren. Dann auch Blätterteig und ein Hauch von Gewürzen, gefolgt von Balsamico, der alles umhüllt.

Im Mund zuerst dunkle Waldbeeren, reife Pflaume, etwas angequetschte Himbeeren, dann immer stärker Kirsche und etwas Steinpilze. Kräftige aber elegante Tannine, die sich gegen die selbstbewusste Säure stellen und ein stabiles Gleichgewicht herstellen. Zwischen allem feine, salzige Mineralik. Im Abgang ein bombastischer Nachhall mit Noten von Johannisbeere, Himbeere und schwarzer Kirsche. Ein großartiger Wein, der mich tief beeindruckt.

Jahrgang 1997 – getrunken eine Stunde nach dem Öffnen der Flasche im Februar 2015, nicht dekantiert.

Der Wein schimmert wie fast schwarzer Granat. Ich rieche schwarze Kirsche, Veilchen, balsamische Noten, Unterholz im Wald, feuchte Erde. Es duftet vielschichtig und ich möchte gar nicht mehr aufhören zu schnüffeln. Dieser Wein ist fast zu schade zu trinken.

Im Mund eine harmonische Fülle feinster Aromen: reife Pflaume, schwarze Kirsche, Himbeere, frisch gepflückte Pilze, ein süßlicher Geschmack nach Herbstwald – ich hoffe, man versteht, was ich meine. Auch dezente Mineralik. Die Säure ist fein balanciert. Sehr elegante Tannine. Der Abgang ist so vornehm und betörend, dass ich immer wieder noch einen Schluck haben möchte, obwohl ich zuerst gar nicht trinken, sondern nur riechen wollte. Ein wunderbarer Wein.

Danke, Imtiaz! Es ist immer wieder gut, auf dein Verkostungsarchiv zurückgreifen zu dürfen.

 

Datum: 27.9.2015 (Update 14.10.2015)
 

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