Mann mit Traum
Den hab ich doch schon irgendwo gesehen! Das denken viele beim Anblick einer Flasche Barbazul. Warum? Weil sie in vielen Lokalen rumsteht. Und weil das Etikett einfach verdammt gut designt ist. Ein mit roten Strichen angedeutetes Pferd galoppiert über den Namenszug hinweg.
Hinter dieser Professionalität steckt aber kein großer Konzern, sondern ein Mann mit Traum. Bevor wir jetzt aber in Tränen der Rührung ausbrechen, schauen wir uns diesen Kerl mal an.
Vicente Taberner Carsi heißt er und kam in Valencia zur Welt. Lange Zeit arbeitete er im Weinhandel (erklärt seine perfekte Vermarktungsstrategie) und lebte in Deutschland. Vor 15 Jahren aber juckte es ihn in den Fingern und er machte sich auf die Suche nach einem eigenen Weingut.
Er fand es. Mitten im traditionellen Sherrygebiet in der Nähe von Arcos de la Frontera. Das liegt eineinviertel Autostunden südlich von Sevilla. Dort, im Weinbaugebiet Cádiz ist die Landschaft nicht nur sensationell schön, sondern auch perfekt geeignet für den Weinbau. Beste Böden mit Tonerde, Kalk und Kiesel, eine frische Nachmittagsbrise und ideale Temperaturen.
Alles schön und gut. Ich öffne jetzt eine Flasche Barbazul und erzähle euch, ob Carsi einen guten Job gemacht hat. Die darin enthaltenen Rebsorten sind Tintilla de Rota (50%), Syrah (35%), Merlot (10%) und Cabernet Sauvignon (5%).
Schwerfällig schwappt der Wein in mittelkräftigem Rubinrot durchs Glas, das sind die 14,5% Volumenprozent Alkohol, die lassen ihn fast schon zähflüssig wirken.
In der Nase dunkle Beeren, Süßkirsche, etwas Schokolade und kräftige Würze wie von altem Leder. Sehr harmonisch, sehr ausgewogen, sehr schön.
Im Mund legt dieser Wein dann erst richtig los. Die dunklen Beeren schmiegen sich zärtlich an den Gaumen. Die Süßkirsche kuschelt sich harmoniesüchtig daneben und beide decken sich mit einem seidigen Laken aus Schokolade zu. Abgerundet wird diese Orgie der geschmacklichen Zärtlichkeit durch dezente Kakaotöne und leicht balsamische Noten. Ein wahrhaft mächtiger Tropfen, den man Kauen und Beißen kann. Und der dabei trotzdem weich und elegant bleibt.
Fazit: Das ist ein Wein für Jedermann. Ein großer Partywein! Aber auch einer, der den anspruchsvollen Genießer nicht enttäuscht. Und das zu einem Preis, der niemanden ins Armenhaus treibt. Am liebsten würden wir dazu eine Gazpacho oder Leber mit Äpfeln und Zwiebeln verspeisen.
Übrigens: die Bezeichnung Semicrianza ist eine inoffizielle Sprachregelung für spanische Rotweine, die nicht sehr lange im Holzfass gereift sind (criar = reifen).