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Amphore. Aber endlich anders

Wie aus einem Film: Mell vor seinen Reben. Fotos: Andreas Durst (auch ein großer Weinmacher)
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Der Captain steht Amphorenweinen skeptisch gegenüber. Doch nun hat er einen Ausnahmewein getrunken, der ihm die antike Ausbaumethode sympathisch macht. Erkenntnis: Mit der Zeit kommen auch die besseren Weine.
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Früher wurde nur Wein gemacht. Weißwein, Rotwein und ein Nebenprodukt namens Rosé, das von „echten Weinkennern“ lange Jahre nicht als echter Wein wahrgenommen wurde.

Wein wurde in Stahl, Beton, Holz, ja sogar in Plastik vergoren. Und man schrieb nicht viel über Wein. Trotz seiner Vielfalt. Wein war Alltag. Und für das Volk auch nichts Besonderes. Nur ein paar eingefleischte Enthusiasten interessierten sich für Lagen, Boden und Art der Finalisierung.

Das änderte sich mit der erweiterten Lebenskultur, die den Genuss in den Mittelpunkt rückt. Jetzt ist das Weintrinken auch Moden ausgesetzt. Eine dieser Weinmoden ist der Ausbau in der Amphore aus dünnem Ton. Aus irgendeinem – nicht näher erklärbaren Grund – kehrte die antike Amphore in den anspruchsvollen Weinbau zurück. Gemeinsam mit einer oft sehr esoterischen Kultur des Kelterns.

Schmeckt Amphore?

Die wesentliche Frage ist, ob diese Amphorenweine dem normalen Konsumenten schmecken. Viele Flaschen gibt es ja nicht und so kann man darüber auch keine seriöse Auskunft geben. Ich habe in meinem Umfeld die Erfahrung gemacht, dass Amphorenweine extrem polarisieren. Entweder man mag den oxidativen Stil. Oder man hasst ihn. Ein Dazwischen scheint es nicht zu geben.

Die ersten bekannten Amphorenweine kelterte Josko Gravner 2001 und 2002 im italienischen Friaul. Der mineralische Karstboden ließ Gravners Weine am Anfang nur rau, spröde und auch an der Luftzufuhr zugrunde gegangen wirken. Das änderte sich mit den Jahren und heute sind Gravners orangenfarbenen Weißweine recht gut trinkbar und zeigen trotz der einst regen Sauerstoffzufuhr kaum fortgeschrittene Alterstöne. Gravner liefert also den Beweis, dass Amphorenweine altern können.

Ösis und Deutsche sind weniger radikal.

Inzwischen keltern auch einige französische, österreichische und deutsche Winzer Amphorenweine. Doch während die Franzosen gerne der italienischen Radikalität folgen, wollen Österreicher und Deutsche dem Trinker gefallen. Das macht diese Amphorenweine auch für mich interessanter.

Sehr interessant aber wird es, wenn ein großer und namhafter Weinmacher mit der Amphore experimentiert. Etwa Bernhard Ott im österreichischen Donauland. Oder Peter Jakob Kühn im Rheingau. Jetzt aber hat sich ein weiterer Spitzenwinzer dazu entschlossen, einen seiner Weine in den Ton zu legen.

Bassermanns Pithium

Doch Ulrich Mell vom Weingut Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan (solche Weingutsnamen gibt es nur in Deutschland) macht bei seiner Kreation „Pithium“ vieles anders, als seine Kollegen. Und er macht den ersten Amphorenwein, der mich restlos überzeugen kann. Jetzt kann ich sagen: Amphore schmeckt.

Mell nimmt keinen Riesling, sondern verschneidet Gewürztraminer und Grauburgunder, verbindet Aroma und Würze, die offenbar wie gemacht für die Amphore sind.

Im Glas schwimmt ein deutlich orangenfarbener Saft, den man für einen der üblichen Amphoren-Verdächtigen halten könnte, wäre da nicht gleich dieser frische, würzige Duft nach getrockneten Orangenschalen, Pfeffer, etwas Aprikose, nassem Stein, Räucherfleisch und dunklem Tabak; eine Nase, die weder Rot- noch Weißwein zugehörig scheint.

Spanische Amphore, dicker Ton

Ulrich Mell verwendet spanische Amphoren aus dickem Ton und gräbt die Gefäße nicht in der Erde ein. Beide Weine vergären spontan und stehen vier Monate auf der Maische. Sie kommen weder geschönt, noch filtriert auf die Flasche. Im Mund enormer Druck, ein wenig Salz, getrocknetes Obst, auch Kümmel und die bindende, klassische Traminerfrucht. Experiment gelungen.

 

Datum: 3.4.2013 (Update 21.1.2015)
 

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