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Abgang des Jahres: Billy Wagner.

Der Avantgardist mit der Flasche eines Rebellen: Billy Wagner.
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Billy Wagner verlässt im Februar 2014 die Weinbar Rutz. Für die Berliner heißt dies, dass nächstes Jahr ein weiteres bahnbrechendes Weinlokal aufsperren wird. Und dass Berlin die Weinhauptstadt Deutschlands bleibt.

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Richard Wagner baute man einst ein Festspielhaus in Bayreuth. Am grünen Hügel. Billy Wagner – derzeit Sommelier in der legendäre Berliner Weinbar Rutz – sucht seinen Hügel noch.

In Berlin. Grün soll er auf jeden Fall sein. Und eine Rolle gibt Wagner sicher nicht: Den Narr.

Obwohl viele Kollegen – das meist freundschaftlich gemeint – Wagner für einen Narren halten. Kein anderer Sommelier Deutschlands hat sich in den letzten Jahren derart für naturnahe Weine stark gemacht. Bis hin zu Orange-Wines, die nun wirklich sehr viel Verständnis brauchen. Aber klarist auch: Weine, die absolut untrinkbar daherkommen (und das sind nicht wenige dieser neuen Stilrichtung) können noch so biologisch und ethisch einwandfrei sein, auf Wagners Weinkarte finden sie trotzdem keinen Platz.

Billy Wagner ist eine schillernde Figur der deutschen Weinszene. Er kann wohlüberlegte Sätze druckreif in die Mikros sprechen, die ihm immer öfter entgegengereckt werden, denn Wagner mutiert zunehmend – und völlig zurecht – zum Star der Önologenszene. Weil er weiß, was er will. Und selten Kompromisse macht. Eigentlich nie.

Die Rutz önologisch in den Schlagzeilen gehalten.

Der 33jährige brachte zusammen mit dem kongenialen Küchenchef Marco Müller und einem jungen und ausufernd professionellen Team die Weinbar Rutz von Anja und Carsten Schmidt auch in die önologisch relevanten Schlagzeilen. Wagner wurde dort zur Auskunftsperson neuer und spannender Weine, er brachte auch eine eigene Weinkollektion, die hier schon vorgestellten „Rutz-Rebellen“ heraus. Doch ab Februar 2014 ist Schluss. Wagner geht.

Nun ist das kein üblicher Abgang eines sicher besonderen Sommeliers. Ein Abgang, der zudem in aller Freundschaft schon im Frühjahr 2013 beschlossen wurde; nein, es ist zugleich der Start eines kleinen, aber für die Kulinarik der Bundesrepublik wohl bedeutenden Projekts. Denn Billy Wagner macht sein eigenes Restaurant auf. Einen anderen Grund konnte es nicht geben, den Boden der Rutz zu verlassen. Dort war sein Halt sicher und er erfreute sich großer Wertschätzung.

Selten sind Projekte in Berlin sie so spannend, wie das von Billy Wagner.

Neue gastronomische Projekte sind in der Hauptstadt häufig, doch selten spannend. Das letzte aufregende Lokal, das einschlug wie eine Bombe, ist die Weinbar Cordobar in Mitte, wo man viele grandiose Weine und sehr gute Häppchen bekommt. Die Cordobar ist jeden Abend voll, weil hier das Weintrinken keine Belehrung erfährt. Unkompliziert und hip. Das fehlt nicht nur in Berlin.

Billy Wagners Restaurant, auf das wir wahrscheinlich noch ein Jahr warten werden müssen, hat Ähnliches vor. Es will ein zwangloses Lokal sein, das eine moderne, aber brutal lokale Küche forciert. Und dazu gibt es jene Weine, die Wagner ins Scheinwerferlicht stellen wird. Jetzt muss er ja noch weniger Kompromisse machen.

Weltweit umgesehen. Auch in Deutschland auch.

Billy Wagner hat sich für sein Lokal in der Welt umgesehen – in New York, Barcelona, San Sebastian. Und selbstverständlich auch in Skandinavien, wo die neue ethisch-lokale Küche ihr Zuhause hat. Irgendwo dazwischen wird er landen. Sicher aber: die Produkte kommen tatsächlich aus Brandenburg. Und vielleicht noch aus einem kleinen, erweiterten Umfeld. Da ist alles dabei, auch das Meer.

Für sein Projekt hat Wagner einen Koch angeworben, jung, Sous-Chef mit Verwandtschaft in Berlin, der derzeit noch in Frankfurt am Main Dienst tut. Einzig der konkrete Standort steht noch nicht fest. Und auch nicht, ob Ost oder West. Der Verstand müsste den Zuschlag im Osten suchen, denn ethische Konzepte sind im Westen der Stadt wenig angesagt. Dort starrt man immer noch auf die Kreationen französischer Wunderköche, oder gründet das zehnte Steak- und Burgerrestaurant mit Offenausschank fetter Barriqueweine.

Das Warten ist lang. Doch es wird sich lohnen.

30 bis maximal 40 Sitzplätze wird Wagners Restaurant haben; die Küche wird viel vorproduzieren und Saisonprodukte entweder einlegen oder so verarbeiten, dass sie auch außerhalb der Saison in einer Hochkulinarik Verwendung finden. Küche mit Köpfchen und Geschmack. Und Weine, die nur Wagner hinstellen kann. Klein, fein, beispielgebend.

 

Datum: 28.12.2013
 

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