Es ist schon seltsam – da tun sich drei junge italienische Winzerinnen zu einem Weingut zusammen und es gibt nicht mal ein Gruppenfoto. Und überhaupt: Informationen über das Weingut a6mani sind auffallend rar – abgesehen von der üblichen Weinhandelsprosa. Im Weingut geht auch niemand an´s Telefon. Naja, vielleicht dauert Fronleichnam im katholischen Süden Italiens etwas länger.
Was oder wer steckt dahinter?
Andererseits: angesichts der einzigen verfügbaren Fotos der drei jungen Winzerinnen ist es schon wieder angenehm, dass hier nicht mit Winzerinnen-Pinups Reklame gemacht wird. Ob schon mal der Playboy angeklopft hat…?
Aber vielleicht ist das ganze ja ein schlauer Vermarktungstrick und hinter den drei Grazien steht ein Finanzinvestor, der weiß, wie sehr sich der Weinmarkt nach herzergreifenden Storys sehnt. Aber wir sind ja nicht der investigative SPIEGEL. Uns geht es um gute Weine, also die Frage: schmeckt´s oder schmeckt´s der nicht?
Hauptsache, der Wein ist gut!
Deshalb setzen wir jetzt voraus, dass die Geschichte des Winzerinnen-Trios stimmt und gut ist´s.
Weinmachen ist eine traditionelle Branche, im konservativen Süden Italiens noch mehr als anderswo. Neugründungen von Gütern sind selten. Frauen in leitenden Positionen ebenso. Wenn drei Kusinen sich zusammentun und den Traum vom eigenen Weingut leben, dann ist das eine kleine Sensation.
Die drei heißen Elise Clerfeuille, Francesca und Maria Cavallo. Im Jahr 2011 eröffneten sie ihre Kellerei a6mani (in etwa: „zu den sechs Händen“) im Örtchen Fragagnano unweit von Taranto und sind seitdem offenbar im Dauereinsatz. Auch auf E-Mails antworten sie nicht.
Spröde Schönheit.
Erzählen wir also ein bisschen was über die Gegend, aus der die Weine kommen. Anders als andere Regionen Italiens betört Apulien und dessen südlichster Teil Salento nicht sofort mit einer reizvollen Landschaft. Der Charme dieser Ecke ist eher spröde.
Scheinbar endlos erstrecken sich Weizenfelder, Rebflächen und Olivenhaine unter einem fast dauerblauen Himmel. Ohne den beständig wehenden Wind wäre es im Sommer unerträglich heiß. Es gibt jedoch auch schöne Flecken, die einen Besuch lohnen. Zum Beispiel das hügelige Itria-Tal, das nur wenige Kilometer vom Weingut a6mani entfernt liegt oder der Sporn des Stiefels, der Gargano.
Die Küsten sind wild, die Strände weiß und die Orte wunderschön. Punkten kann Apulien bei den meisten Besuchern zudem mit seinen kulturellen Schätzen. Allen voran das Castel del Monte: die Burg des Stauferkaisers Friedrich II. Ist Weltkulturerbe und auf der italienischen Ein-Cent-Münze zu sehen.
Heißes Klima = dicke Weine.
Aber wir schweifen ab, soll es doch um den Wein der drei Kusinen gehen. Zwei Rebsorten sind in Apulien besonders wichtig: Primitivo und Negroamaro. Beiden Weinen ist das heiße Klima anzumerken, aus dem sie kommen. Sie sind im Geschmack meist üppig und voll, manche Exemplare erwecken am Gaumen den Eindruck von etwas zu heiß gekochter Marmelade.
Nur wenige Winzer im Salento arbeiten biologisch. Chemie ist hier aber sowieso kaum notwendig. Fast immer weht ein warmer Wind durch die flache Landschaft und trocknet die Trauben, sollten sie doch einmal durch einen seltenen Regenguss oder Morgentau nass geworden sein – Fäule ist (fast) kein Problem.
Beeren, Beeren, Beeren, Vanille , leichte Süße.
Auch die drei jungen Winzerinnen bauen hauptsächlich Primitivo und Negroamaro an. Irgendwer vom Weingut hat uns eine Flasche Negroamaro geschickt, die den schönen Namen Lifili (die Söhne?) trägt. Im Glas zeigt er in seinem Purpurrot deutlich violette Reflexe – ein Zeichen für seine Jugend.
Wir schnuppern hinein. Und was wir dort riechen, gefällt uns wahrlich gut. Es dominiert schwarze Johannisbeere, flankiert von dezenten Vanille-Aromen. Offenbar haben die Winzerinnen ein bisschen mit dem Einsatz von Holzfässern gespielt.
Am Gaumen galoppiert wieder Johannisbeere vorneweg, eine bunt zusammengewürfelte Mischung von Waldbeeren folgt. Der Wein wirkt ein wenig süß. Ein Blick auf die technischen Daten erklärt das: fast neun Gramm Restzucker auf den Liter – nur einen Hauch mehr und er dürfte nicht mehr als „trocken“ bezeichnet werden.
Unkomplizierter Einstieg.
Fazit: Wer sich im Süden Italiens auf Entdeckertour begeben möchte, der ist mit diesem Tropfen als Start sehr gut bedient. Er ist kein großer Wein, aber für diesen Preis eine erfreuliche Überraschung und wahrscheinlich ein perfekter Wein für ein größeres Gastmahl. Als Essenspartner empfiehlt sich ein marokkanisches Couscous mit Rosinen. Das passt bestens zu der leichten Süße des Weins.