X
Newsletter
X
X
Login
Passwort vergessen?


Konto erstellen

Gib dem Captain Zucker!

Beim Kasperl an der Mosel. Keller as Keller can...
Kommentare
Ähnliche Weine
Ähnliche Artikel
Der Captain ist kurz an Bord zurück, bevor er wieder nach Österreich arbeiten fährt. Und hat Lust auf lecker Möselchen, das kleine Restsüße, das die Deutschen einfach perfekt können. Zwei Zucker Weinempfehlungen.
Anzeige

Der Captain ist zum Wäsche wechseln zurück in Berlin. Immer wenn die Knete knapp wird und der Zahlmeister darüber zu schwadronieren beginnt, dass im Dispo kaum noch Luft nach unten ist, weiß der Captain, dass er wieder mal Jobs an Land ziehen muss. Als Fotograf. Und im Fotografieren zählt der Alte ja zur Weltklasse.

Also ist er ab nach Österreich und hat dort mit einem Kochbuch begonnen, das sich gänzlich auf die alte Wirtshausküche berufen soll, jene Küchenkultur des Volkes, die auch in Österreich zunehmend ausstirbt – gerade dort, wo sie herkommt und wo man ihr all die Jahre lang mit Passion nachgegangen ist. Der Captain begleitet eine pensionierte Spitzenköchin bei der Aufzeichnung traditioneller Rezepte. Dabei hat er schon zwei Kilo zugenommen. Das trifft ihn, denn der Alte schaut auf seine Figur.

Auf dem Heimweg hat er im Westerwald einen 100jährigen Maler fotografiert, der die deutsche bildende Kunst maßgeblich beeinflusst hat. Der Mann hat aber während des Termins so gut wie immer geschlafen. Der wohl einsilbigste Termin seit Jahren. Aber auch einer der interessantesten.

Aber jetzt Berlin. Und heute geht´s auch wieder runter nach Wien, wo zwei neue Aufträge warten. Und auch einige Weine, die getrunken werden wollen. Aber davon später.

Bitte kurz mal nichts Mineralisches.

Auf der Brücke hatte Stylemaat Küblbeck einige Tage die Kontrolle. Und zwar richtig. Der Captain hat den Ersten angewiesen, ab und zu ein Auge drauf zu werfen, „wat det Jung so macht“. Der Erste hatte aber so viel Vertrauen in FSK (so die bordinterne Abkürzung), dass er sich jeden Abend davonstahl und mit seiner Freundin ins Horvath essen ging. Am Paul-Linke-Ufer. Wenigstens nur ein paar Meter entfernt.

Der Captain weiß nicht, ob die Cordobar noch offen hat. Nachdem er ein paar Tage nicht dort war, nimmt er an, das Lokal muss wohl pleite gegangen sein, denn der Zahlmeister ruft bei den abgegebenen Spesenabrechnungen immer: „Lebt die Hütte eigentlich von dir alleine?“ Könnte sich ausgehen, denkt der Captain. Bevor er in Deckung geht.

Jetzt aber hat er Lust auf einen deutschen Riesling. Und ausnahmsweise kein Großes Gewächs. Auch nichts schwer Mineralisches. Sondern das, was er in Verballhornung immer „lecker Möselchen“ nennt. Ja leck Arsch, das schmeckt super. Mag sein, dass feinherb ein dämlicher Begriff ist. Aber er klingt elegant. Und die restsüßen Kabinette liebt der Captain. Nicht immer. Aber immer öfter, seit eine „nur-trocken-zählt-Guerilla“ (Kommandante Maat Golenia) klammheimlich putschen will.

Immerhin von der Mosel.

Der Erste stellt einen Weine auf den Kombüsentisch, wischt ein Riedel-Chianti sauber und stellt es dem Alten wortlos auf den Tisch. Es kann sowieso kein Wort verstanden werden, denn der Weingreis hat wieder einen Techno aufgelegt, dass die Wände wackeln. Von Leif Hatfield. Würdig Altwerden is nich.

Aber immerhin Mosel. Der Wein ist der Riesling feinherb 2011 vom Weingut Caspari aus Enkirch, die namensgerecht einen Kasperl aufs Etikett gezeichnet haben. Die Trauben kommen aus der Umstellung auf biologischen Weinbau, der Wein kostet wieder mal einen Witz. Und 11,5% Alkohol machen nicht schwer. Da kann der Alte später in Wien noch rausgehen.

In der Nase grüner Apfel, Birne, Grapefruit und etwas Mandarine. Darüber aber eine bewusst strahlig ausgearbeitete Mineralität. Schiefer. Also etwas Abrieb einer Streichholzschachtel, Brioche, nasser Stein am Bachbett, ein frisch ausgewaschener Gusseisenwok, etwas schwarzer Tee. Und Gelbwurz.

Im Mund überzeugt die präsente Säure, sie überwiegt sogar und zieht den Wein geschmacklich ins Trockene zurück, wobei der Restzucker präsent bleibt. Hier ist die Balance nicht da. Und soll es auch nicht sein. Bei Caspari hat man sich getraut, keinen zwingenden Verführer aus dem Tank zu lassen Sondern einen Intellektuellen. Kräftig auch im Nachhall.

 

Datum: 27.11.2013 (Update 3.2.2015)
 

Ähnliche Weine

 

Ähnliche Artikel