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Rotweinwetter? Salwey hilft.

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Der Captain ging am Attersee fast unter (und trank zur Belohnung ein paar der besten Weine der Welt), Bootsmarxist Balcerowiak flüchtete in Nürnberg in ein Kaufhaus. Und gibt eine Weinempfehlung, die uns das Wetter vergessen lässt.

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Hier nicht weiter zu erläuternde Umstände verschlugen mich am Wochenende in die Oberpfalz und schließlich noch nach Nürnberg. Das Problem der Region ist, dass die Einheimischen außer Bier anscheinend nur ein Nahrungsmittel ernst nehmen, nämlich Schweinefleisch in allen erdenklichen Varianten und natürlich ungeheuren Mengen.

Das zweite Problem besteht darin, dass ich eigentlich kein Schweinefleisch und außer Merguez auch keinerlei Wurst esse, mir das Zeug bei traditionsbewussten Oberpfälzer Landmetzgern bzw. in deren Gasthäusern aber ausgesprochen gut schmeckt. Woran sich das dritte Problem anschließt, dass ich derartig konzentrierte Fleischzufuhr auf Grund der Entwöhnung nicht (mehr) vertrage.

Aber ich hab’s – abgesehen von leichten Verdauungsstörungen – überstanden. Vegetariern oder gar Veganern würde ich allerdings empfehlen, diese Region nur zum Zwecke einer Fastenkur aufzusuchen.

Bratwustglocke bimmel bimmel. Das ist eine Weinempfehlung!

Die Exkursion sollte dann, sozusagen als Zwischenstopp auf dem Rückweg nach Berlin, mit einem kleinen abendlichen Stadtbummel und einem gediegenen – möglichst fleischlosen – Essen nebst einem annehmbaren Wein (denn so was findet man in der Oberpfalz nicht) in der Nürnberg ausklingen. Das fiel natürlich im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser. Und in der näheren Umgebung unseres nicht mit einem Restaurant ausgestatteten Hotels wurden – man ahnt es – fast nur Bratwürste offeriert.

„Was tun?“ Das fragte schon die russische Revolutionsikone W. I. Lenin. Schließlich galt es, sich im trockenen Hotelzimmer noch was Anständiges zu gönnen. Immerhin verfügen die Fußgängerzonen vieler Großstädte über auch am späteren Sonnabend geöffnete Kaufhäuser mit einigermaßen gut beleumdeten Lebensmittelabteilungen. In Nürnberg erwies sich die „Galeria Kaufhof“, die beispielsweise in Berlin, Düsseldorf oder Leipzig auch etwas anspruchsvolleren Zeitgenossen einiges zu bieten hat, allerdings als Vollflop. Es gibt dort keine Lebensmittel.

Blieb als letzte Hoffnung Karstadt. Die traditionsreiche, zwischenzeitlich insolvente Kette gehört ja mittlerweile einem knallharten Finanzinvestor und Pseudo-Weltverbesserer namens Nicolas Berggruen, dessen Lohndrückerei auch durch penetrantes Gutmenschen-Geschwurbel nicht akzeptabler wird.

Doch die Lebensmittelabteilungen der verbliebenen Filialen sind durchaus gepflegt. Also wurden an der Frischetheke flugs ein paar leckere Salate erstanden, darunter eine abgefahrene kalte Pasta mit Jogurtsoße, Gurken und Dill. Auch die Weinabteilung genügt durchaus gehobenen Ansprüchen, ohne snobistisch zu wirken. Und so fiel die Wahl auf den Gutswein des badischen Rotweinpioniers Salwey.

Weiter auf Seite 2…

Ein klarer, reintöniger Spätburgunder, offenbar aus etwas jüngeren Rebanlagen und ohne mumpfigen Holz-Schnickschnack.

Feine rote Beeren- und Sauerkirschfrucht. Straffe, leicht kitzelnde Säure und eine kleine Prise Kräuter. Endlich mal wieder ein Spitzenwinzer, der seinen Status nicht dazu missbraucht, überteuerte Basisweine als Flüssigmüllverwertung auf dem Markt zu präsentieren.

Fehlten natürlich noch zwei Gläser, denn wer will schon guten Wein aus hoteleigenen Plastik-Zahnputzbechern trinken? Auch das bei Karstadt Nürnberg kein Problem. Zwischen allerlei Edel-Fabrikaten gab es durchaus anständige Rotweingläser für schlappe drei Euro das Stück.

Abend gerettet.

Der Abend war jedenfalls trotz Dauerregen und zweifelhaftem kulinarischen Angebot in der Nürnberger Fußgängerzone gerettet. Als Genießer muss man halt flexibel sein. Wenn bloß die doofen Bayern nicht auch noch das DFB-Pokalfinale gewonnen hätten.

  • Den Spätburgunder Gutswein 2011 vom Weingut Salwey gibt es für 8,95 Euro bei WirWinzer

Der Captain kennt den Wein sehr gut und hat ihn die letzten Monate öfter am Schiff getrunken. Es gibt selten einen schöneren Alltagsburgunder und Deutschland kann sich glücklich schätzen, dass Spitzenwinzer wie Salwey solch tadellose Weine für derart kleines Geld rauslassen. In Österreich zahlt man deutlich mehr Geld für einen vergleichbaren Rotwein.

Notiz: In der Nase Kirsche, ertwas Pflaume, geselchtes Schweinekarree, Ton, etwas Weihrauch, ein wenig laktisch, danach auch nasses Balsaholz aus einer Zigarrenkiste. Im Mund eine schöne klare Frucht, kein Schnickschnack, nach Minuten kommt die Kirsche stark zum Vorschein. Elegant mit mittlerem Druck aber einem erstaunlichen Nachhall. Captains Punkte: 91/100.

 

Datum: 4.6.2013
 

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