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Schmeckt! Schmeckt nicht! Reicht nicht!

Beliebiges bitte einsetzen. Und ruhig schwätzen!
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Versnobt und abgehoben! So wird das Weingeschwätz meist wahrgenommen. Dagegen macht sich die Simplifizierung breit. Doch: schmeckt und schmeckt nicht - das reicht nicht. Meint Maat Florian Küblbeck. Und fordert, weiter zu schwätzen.
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Trends in der Weinszene – ein ewiges Reizthema. Besonders in Deutschland. Was dem einen zu progressiv, ist dem anderen zu altbacken. Was diesem zu populär, ist jenem zu intellektuell. Neben der leidigen Korkstreiterei (hier an Bord komischerweise immer noch Stahl gegen Beton) ist momentan unter Weinenthusiasten das Thema „Kopf gegen Bauch“ sehr beliebt. Unter Weintrinkern – das angemerkt – eher selten.

Die meisten werden mittlerweile wissen, worauf ich hinaus will. Es geht um die Weinsprache. Zu altbacken, zu versnobt, übercodiert und zudem realitätsfern – so lautet der mehrheitsfähige Tenor zum Weinsprech im deutschsprachigen Raum. Weinsprache sei überflüssig, schließlich könne man wesentlich einfacher sagen, was Sache ist: Schmeckt mir oder schmeckt mir nicht soll das Kriterium der Sekunde sein, in der die Entscheidung fällt, ob der Wein gut oder schlecht ist. Dabei wird allerdings eine ganze Reihe Faktoren untergewichtet, werden jede Menge Ideale über Bord geworfen.

Zuerst wäre da die Kommunikativität. Natürlich ist Weinsprache ein Code, den nicht jeder versteht. So wie jede andere Fach- oder Gruppensprache auch. Der Sinn solcher „Sprachen“ liegt eben in der Abschirmung nach außen und Vergemeinschaftung nach innen. Warum muss man nun plötzlich Gruppenzusammenhalt und Kommunikationspotential schwächen, indem man die Sprecher seiner eigenen Sprache anfeindet?

Binär ist Mist

Nun kann man einwenden, auch die „neue“ Weinsprache, die binäre Beurteilung „schmeckt/schmeckt nicht“, sei eine Gruppensprache. Richtig. Nur ist diese gegenüber des bisherigen Codes defizient, weil sie nicht jene Feinheiten symbolisieren kann, wie es für das verhasste „Weinsprech“ ein leichtes war.

Ein gern vorgebrachtes Argument der neuen, simpel ausführenden „Weinschmecker“ ist, dass ihre Sprache (sie sagen ja nicht nur schmeckt oder schmeckt nicht) massentauglich sei, weil ihre Art zu urteilen allgemein verständlich wäre. Das ist bei genauer Betrachtung natürlich haarsträubender Unfug.

Massentauglich ist der neue Beurteilungsmaßstab höchstens, weil ihn mehr Sprecher unüberlegt benutzen können. Statt der Masse der Kritiker, biedert sich der Weinschmecker eben der Masse der Kritiklosen an. Was aber ist dadurch gewonnen? Wenn ein Gelegenheitstrinker „schmeckt mir“ sagt, ist fraglich, ob ein erfahrener Verkoster zum gleichen Urteil käme. Bei abweichender Meinung kann man sich höchsten noch darüber einig sein, dass man sich maximal uneinig ist.

Was für ein Fortschritt! Wer heute mehr als ein lobendes oder tadelndes Grunzen über einen Wein verliert, muss sich dagegen unweigerlich verkopft oder weltfremd schimpfen lassen. Wehe aber, man wagt es, diese einfach zu durchschauende Militarisierung, die schlicht von einem Mangel an Sprache herrührt, umzukehren. Versuchen Sie mal, einen der neuen Weinschmecker „plump“ oder „sensorisch verkrüppelt“ zu nennen. Oder besser: versuchen Sie es nicht, der Abend könnte schlimm enden.

„Wie findest Du diesen Wein?“ – „Schmeckt mir“. Punkt. Alles gesagt. Alles gesagt? Ich glaube nicht. Ich denke, jedem vernünftigen Menschen muss unmittelbar einleuchten, dass man über Wein mehr sagen kann, als das. Und selbst wenn – um Ralph Waldo Emerson zu zitieren – das Zeichen höchster Bildung eine möglichst einfache Ausdrucksweise ist, dann sollten wir nicht suggerieren, jeder, der sich einer einfachen Ausdrucksweise bedient, sei besonders gebildet.

Genug Raum für Geschwätz

Es gibt Raum genug in der Weinwelt für verschiedene Schattierungen von Weinsprache. Sei sie einfach, vermeintlich einfach oder hochkomplex. Keine davon ist notwendigerweise besser, als die andere. Und dennoch sind sie nicht beliebig austauschbar. Wer das versucht, hat schon verloren. Alles, was dann bliebe, ist Potential für Grabenkämpfe. Aber sicher keine Verständlichkeit.

 

Datum: 11.7.2012 (Update 7.1.2015)
 

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