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Kalabrien: Sei ganz lieb, Librandi!

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Wieder ein neuer Maat! Der Captain kommt mit den vielen neuen Namen ganz durcheinander. Maat Robin Dutta aus Bochum dürfte aber mit dem Captain eine Sache gemeinsam haben: die Liebe zu Italien. Also auf nach Kalabrien zu Librandi.
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Wieder ein neuer Maat, ein weiterer Schreiber. Frischmaat? Als Dienstrang abgeschafft! Pottmaat? Ich wohne im Pott, bin Bochumer. Why not? Ja, es gibt hier auch Bäume. Von mir ist eine Hälfte Germanist, die andere Inder. Indermaat? Wäre eine Möglichkeit. Sollen sich andere um die Nomenklatura kümmern.

Was ich den Matrosen versprechen kann: ich bin kein ausgebrannter (Ex-) Punk. Auch kein Riesling-Nerd oder Moselfetischist. Mit Italien habe ich angefangen. Später bin ich durch das Säurebad des Weineinzelhandels gegangen, der mir die Scheuklappen so ziemlich weggeätzt hat. Ich weiß, wie es hinter den Kulissen ausschaut. Jetzt bin ich an Bord.

Veränderung, damit alles so bleibt

Strukturwandel überall. Wie sagt noch Alain Delon in Viscontis Film Leopard: „Es muss sich alles verändern, damit alles so bleibt, wie es ist.“ Daran hat sich kürzlich in der FAZ eine herzhafte Leserbriefdebatte entzündet. Diese neumodischen Schreiberlinge, nur Wikipedia, und dann noch falsch. Das stinkt Prof. Dr. XYZ am Starnberger See aber ganz gewaltig. Entspannung bitte! Bei mir steht auch Fachliteratur (in der ich ab und an sogar lese) zum Thema Wein neben Thomas Bernhard im Bücherregal. Zudem verzichte ich bewußt auf missionarischen Eifer und kleinkarierte Provinzeitelkeit. Sollen Sponti-Quäker und Konsorten weiterhin Kirchturmpoltitik betreiben.

Wir verlassen die triste Vorweihnachtshölle mit ihrem aufgewärmten Glühwein und wagen eine Annäherung an Italien. Mezzogiorno. Das ist Süditalien, und zwar der Teil mit besonders viel Bauruinen. Hier ticken die Uhren anders als im technokratischen Norden. Machenschaften der ‚Ndrangheta haben das besinnliche Duisburg vor vier Jahren erschüttert und Kalabrien ungute Schlagzeilen gebracht. Aber genug von mafiösen Stereotypen. Hier gibt es gutes Gemüse. Und ab und zu auch guten Wein.

Ein Wein wie Fußballer Gattuso

Wie der Gravello 2009. Er wird erzeugt von Librandi, dem Platzhirsch und Qualitätsmotor dieser Region. Östliches Kalabrien. Schon Sieger der antiken olympischen Spiele haben Wein aus der Region getrunken. Natürlich nicht den Gravello. Seine Vorläufer wurden von Amphorenschiffen transportiert, sogar in nördlichere Gefilde als den Mittelmeerraum. Der erste Gambero Rosso 3 Gläser Wein Kalabriens. Wen interessiert’s?

Vor Jahren mal in Wiesbaden getrunken, nun erneut verkostet. Für mich ist er wie der Fußballer Gattuso. Hitzköpfig und staubig und bissig. Keine matschige Frucht. Nur leicht vom Allierholz gezähmt, 1 Jahr Barrique. 60%

Gaglioppo, 40% Cabernet Sauvignon, 14 Volt. Laut Tante Jancis könnte die Rebsorte Gaglioppo griechischen Ursprungs sein. Eine italienische Studie deutet eine Verwandtschaft mit Sangiovese an.

Der Wein grätscht auch nach 6 Tagen in der Flasche über den Gaumen und steht wieder auf. Die Gerbstoffe werden weicher, die Säure bleibt. Eigentümlich transparent, nicht ganz so dunkel wie die oft dicklich süßen Kollegen aus der näheren Umgebung. In der Nase ist das Holz noch eine Spur zu wuchtig so ganz ohne Luft, aber schnell gesellen sich Lorbeer, Lakritz und Heidelbeere dazu. Dahinter zeigt sich zaghaft ein Hauch von Mineralität. Später, mit 2-3 Stunden Luft im Bordeauxglas, ersetzt eine feine Schwarzkirschnote die Heidelbeere und es macht sich ein Hauch von südlicher Eleganz breit.

DomRep-Tabak und Paprika, keine Sojasauce

Nach 3 Tagen erneut ran an den Wein, er stand bei 18 Grad rum, der Korken war drauf und noch ein halber Liter in der Pulle. Er ist nun fleischiger und balsamischer. Zimt und Rosmarin. Nun ist auch das Holz besser integriert und man erahnt den kalkhaltigen Boden. Die Cabernetaromatik drängt sich mit Paprika und Dom.Rep. Tabak in den Vordergrund. Die letzte Pfütze Gravello wirkt auch nach 6 Tagen sehr stabil, keine Sojasauce oder anderen Oxydationsmerkmale.

Geht perfekt zur Gans oder Ente, frisch geöffnet auch zum Wildschwein. Speziell genug, dass er mit seiner nicht überragenden, aber vorhandenen Komplexität für Weinfreaks gut trinkbar ist, aber auch so domestiziert, dass „Ursprung“- Trinker ihn zumindest zum Essen ohne Kulturschock verpacken können. Eingefleischte Solosäufer könnten Probleme bekommen.

Precht & di Lorenzo quatschen

Sehr gut könnte ich mir vorstellen, dass Richard David Precht, während er mit Giovanni di Lorenzo über italienische Politik oder Frisuren redet, diesen Wein zurückgehen lässt und stattdessen Chianti bestellt. Umberto Eco sitzt mit einem Espresso versteckt hinter ihnen und lacht leise in sich hinein. Das kann man verstörend finden. Oder lustig.

  • Rosso Val di Neto „Gravello“ IGT 2009 von Librandi für 14,90 Euro.

 

Datum: 18.12.2011 (Update 26.11.2014)
 

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