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So entstand mein Wunderwein

Volker Benzinger im Holzfasskeller.
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Grauburgunder für 50 Euro! Echter Wert oder nur Marketing-Gag für sensationslüsterne Weinfreunde? Winzer Volker Benzinger erklärt, wie es zu diesem Wein kam.
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Volker Benzinger aus Kirchheim an der Weinstraße kreierte einen Grauburgunder, den die Welt noch nicht gesehen (und geschmeckt) hat. Der Name: Uva Piccola. Das heißt „kleine Traube“.

Als der Captain von diesem Wein erfuhr und sich interessierte, spendierte Benzinger eine Flasche und schickte diesen Text, der hier unten steht. Es ist eine Art Selbstgespräch und deshalb spannend, weil man einiges über die Arbeit mit Wein lernt. Selbst nach einem halben Leben in Weinberg und Keller gibt es immer wieder Situationen, die neu sind. Situationen, in denen Weinmacher Entscheidungen fällen müssen, die wegweisend und möglicherweise vernichtend für die Ernte eines ganzen Weinbergs sind.

Benzinger ist ein Klartext-Typ mit verschmitzter Freude am Provozieren. Das merkt jeder, der ein paar Stunden mit dem Bio-Winzer (seit dem Jahrgang 2018 zertifiziert) verbringt. Man muss Benzinger jedoch nicht treffen, um seine Lust an der Subversion zu erleben. Das Verkosten seiner Weine genügt auch. Da kommen Tropfen ins Glas, die so manchen Traditionalisten in die Flucht schlagen. Benzinger experimentierte schon mit Naturwein, als die Orange-Bewegung noch ein Gerücht war. Seine Erfahrung fließt auch in die konventionell produzierten Weine mit ein, was deutlich zu schmecken ist.

Benzingers Hauptrebsorte heißt Riesling, der auf Löß-Lehm-Böden gedeiht. Insbesondere in Benzingers Paradelage Steinacker. Seine besten Grauburgunder kommen vom sanft ansteigenden Geißkopf. Auch der Uva Piccola, jener 50-Euro-Wein, den Benzinger 2017 las und daraus einen Aufsehen erregenden Wein kreierte.

Volker Benzinger:

Ein großer Wein. Was ist das eigentlich? Wie entsteht sowas? Gewollt oder Zufall? Wer bestimmt, wann ein Wein groß ist?

Fragen über Fragen. Gehen wir doch mal der ganzen Sache auf den Grund. Vor etwas mehr als 50 Jahren pflanzte mein Vater einen Weinberg mit Grauburgunderreben. Ruländer hießen sie damals. Selbst vermehrt und veredelt sollten sie etwas Besonderes werden. Schon damals dachte man so.

Ich, gerade mal 14 Jahre alt, durfte dabei helfen. Löcher bohren, Pflanzen reinsetzen, Erde drauf. Auch Pfähle musste ich schlagen. Damals für einen Pimpf gar nicht so leicht.

Jahr für Jahr brachte der Weinberg guten Ertrag. Nicht gerade groß, aber immer kräftig im Geschmack. Und so vergingen die Jahre und dieser Weinberg tat sein Bestes. Aber in Zeiten niedriger Preise war er für unser Weingut nicht gerade der Burner.

Der Klimawandel nahm Fahrt auf und ringsum sah man die Reben darunter leiden. Nicht so unser Grauburgunder. Als hätte er sich all die Jahre geschont, lieferte er Jahr für Jahr seine Trauben. Nicht allzu viel, aber immer gut.

Heute, nach 50 Jahren, ist er ein Greis. Die Stöcke sind krumm und bucklig und die Trauben werden immer kleiner. Aber sie sind jedes Jahr da und schmecken vorzüglich.

Dan kam 2017. Es war ein eigentümliches Jahr. Der Winter war ok, das Frühjahr kam mit Frost und der Sommer war gut. Aber es hingen nur sehr wenige Trauben drin. Beim Grauburgunder ganz besonders wenig. Und es kam, wie es kommen musste. Die Ernte begann früh, die Trauben waren sehr süß und die Menge sehr klein. Überall gerade mal die Hälfte.

Wir entschieden, bei unserem 50-Jährigen erst mal die kleinen Trauben mit dünnen Beeren zu ernten. Wir hatten ja Zeit. Wenn wenig Trauben da sind, geht die Lese sehr zügig. Und ich hatte Lust, etwas Besonderes entstehen zu lassen.

Die kleinen Beeren blieben nach Entfernung der Stiele einen Tag auf der Maische stehen. Dann wurden sie gepresst. Was da von der Kelter kam, war gigantisch. Blutrot, fast wie Rotwein leuchtete der Saft, der dann im großen Holzfass sofort zu gären begann.

Zur Erklärung: Grauburgunder zählt zwar zu den Weißweinen, hat aber eine rote Beere. Und wenn die Beeren sehr klein und reif sind, bringen sie extrem viel Farbe. Der daraus entstandene Wein war roséfarben, dicht und kräftig.

Mit mehr als 13 Volumenprozent Alkohol geriet er sehr stark. Deswegen legten wir einen kleinen Teil ins neue Eichenfass. Dadurch wurde er vanillig, karamellig mit einem Hauch Tabak. Jedenfalls anders als die anderen. Gegen den Rat vieler Kollegen füllten wir diesen roséfarbenen Weißwein ab, ohne die Farbe zu reduzieren. Es waren etwas über 1.000 Flaschen.

Ist das ein großer Wein?

Das kann und will ich nicht beantworten. Aber eines ist sicher, er ist anders als andere. Deshalb sagen wir bei uns im Weingut: Der Uva Piccola steht ein bisschen gegen den Rest der Welt.

 

Datum: 13.8.2019 (Update 16.8.2019)
 

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