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Veltliner aus dem tiefen Keller

Im Gobelsburger Keller.
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Der Captain sitzt in den Alpen. Und leert vor Saisonschluss noch die einen oder andere seltene Flasche. So gestern auch am Arlberg. Da ist er wieder - der viel gesuchte burgundische Veltliner.
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Die Hotels machen zu. Und dann versinkt Lech am Arlberg in einen zweimonatigen Tiefschlaf. Bevor die Wintergäste kommen. Dieser Moment ist immer sehr eigenartig, denn gerade vier Hotels haben noch offen. Zudem sind das auch noch die besten hier, jene mir guten Restaurants und gut bestückten Weinkellern. Der Captain ist im Paradies.

So übernachtet er seit Jahren im bestimmt nicht fancy-best place, im Hotel Post, ein alter Relais-Chateaux-Kasten, mit anspruchsvoller Kreativität. Der Schweizer Juwelier am Nebentisch erzählt so beiläufig, dass er morgen in Antwerpen bei einer Auktion mitbietet und erfahren hat, dass sein Konkurrent bis zu 60 Millionen Euro aufbieten wird, um einen Stein zu bekommen, den auch er haben will. Willkommen in der totalen Parallelwelt.

Die Post ist nicht nur ein gutes und vor allem zuverlässiges Haus, sie gehört auch der Familie Moosbrugger. Und eingeweihte wissen: Der Bruder des Post-Besitzers – Michael Moosbrugger – führt seit einigen Jahren das von ihm langfristig gepachtete Weingut Schloss Gobelsburg. Und er führt es mit ordentlichem Erfolg.

In Gobelsburg bringt man vor allem Grünen Veltliner und Riesling auf die Flasche. Aus sehr berühmten Lagen, wie Heiligenstein oder Lamm. Und viele dieser Vetliner können alt werden, manche so richtig alt. Grüner Veltliner, so war lange die Rede, sei mit großem Burgunder gut zu vergleichen. Man kann zu dieser Meinung stehen wie man will, an manchen Tagen hat sie den absoluten Anschein der Wahrheit nahe zu kommen. So wie gestern.

Wir überspringen gerade mal 15 Jahre und gehen zurück an den Anfang der Zweitausender-Jahre, zurück nach Hamburg, wo im Auftrag eines großen deutschen Magazins eine Verkostung stattfand. Ein origineller Redakteur hatte die Idee, große französische Burgunder – also Montrachets und Meursaults – gegen gewichtige österreichische Veltliner antreten zu lassen. Der Journalist war davon überzeugt, dass die Österreicher in der gleichen Kategorie spielen können, dass richtig fetter Vetliner im großen Burgunderglas zur wahren Größe auflaufen würde – ein Weltwein, nur weltweit unbekannt. Die Importeure der französischen Weine nahmen das mit Achselzucken hin, siegesgewiss und ohnehin aus dem Verständnisbogen ausgetreten. Was sollte der unsinnige Vergleich überhaupt?

Das Ergebnis fiel so aus, dass ein Veltliner Smaragd aus der Wachau an erster Stelle stand. Danach folgten zwei Chardonnays aus dem Burgund. Und hinter jenen wieder jede Menge Veltliner – auch solche aus dem Kamp- und Kremstal. Von dieser Verkostung kann nur aus Überlieferungen berichtet werden, denn sie wurde niemals abgedruckt. Die Franzosen, so hörte man, hatten gleich Protest eingelegt, der Event wurde als „Vergleich unvergleichbarer Weine“ eingestuft und verschwand in den Schubladen des Verlags. Jahrelang sprach man von dieser Verkostung als Beweis von den Möglichkeiten des Grünen Veltliners. Und weil es den österreichischen Winzern heute gut geht, weil sie vor Selbstbewusstsein strotzen, missbrauchen sie das Verschweigen auch nicht für eine Opferrolle.

Armin Diel: Meine Wachau

Ohnehin kann sich jeder Weintrinker selbst ein Bild machen. Deftige, leicht gealterte Grüner Veltliner mit heute oft verpönten Alkoholwerten von 14 % und mehr und einer fast schon unstatthaften Dosis Botrytis (die für Süßwein zuständige Edelfäule) entfalten im Glas ein Bouquet, an das die besten Weißweine der Welt kaum herankommen. Da ist alles, was man haben will: Frucht, Exotik, Würze, Eigenwilligkeit und ein bisschen Süße, die aber nie beliebig und überdeckend wird. Diese Weine sind große Ware, für die man inzwischen schon einiges hinblättern muss.

Doch es geht auch ohne viel Botrytis. Einer dieser Beweis-Weine – und jetzt kommen wir wieder zurück in die Post und nach Gobelsburg – ist der Grüne Veltliner der oft unterschätzten ersten Lage Ried Grub. Der Captain hat ihn aus 2000 und 2001 getrunken. Und muss sagen: Der Wein hat noch eine gigantische Strecke vor sich. Viel länger als vergleichbare Weine aus der Lage Lamm. Gerade Bründlmayers Lamm aus 2000, ein ebenfalls großartiger Wein, zeigt schon deutliche Alterstöne. Der Gobelsburg der Lage Grub hingegen brilliert mit gigantisch mineralischer Länge. Und keinem Ton Petrol. Niente. Nix.

Deswegen gleich einen jüngeren Jahrgang verkostet, der gerade auf den Markt gekommen ist. Kann der das auch? Kann man das jetzt schon vorhersehen? Ja, man kann. In der Nase drängt gleich die Mineralität vor dem sortentypischen Paprika-Pfeffer-Gewürzton. Nasser Aschenbecher satt. Danach etwas Wacholder, Pfirsich, Kohlrabi, Johannisbeere, auch ein bisschen Exotik. Aber keine fruchtige Breite, sondern eine konzentrierte, mineralische Dichte, die auf den besonderen Boden hinweist. Die Grub hat mehr Kalk, als andere Lagen hier. Und deswegen – so meint der Captain – gleichen die Weine großen Burgundern. Das ist ein richtig begeisternder Veltliner, den man gut trinken kann, noch besser aber Jahre in einem tiefen Keller verräumen sollte.

Der Captain weiß, dass er und alle anderen nicht ewig leben. Für den Grub zahlt es sich aber aus, ein paar Jahre zu addieren. Wenn Gott, die Genetik und die moderne Medizin es wollen.

 

Datum: 14.11.2019
 

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