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Slowenien, die totale Reifeprüfung

Alles schick im aufgeräumten Keller von Marof.
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Was für ein Chardonnay aus dem hintersten Winkel des euopäischen Weinbaus! Vollreife Früchte, Honig, Tannennadeln, Kräuter, Karamell usw. Und dabei total trocken.
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Slowenien, ganz rechts oben auf der Landkarte. Dort fließt die Mur durch sanftes Hügelland, da ist die Luft sauber und klar, dort sind die Böden vulkanisch und sandig-lehmig. Und dort sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht! Wenn sie sich denn überhaupt mal begegnen.

Denn so hübsch dieses Fleckchen Erde namens Prekmurje (Murland) auch wirkt – viel los ist dort nicht. Um es nett zu sagen.

Etwa 1.400 Hektar Weinberge träumten bis zur Unabhängigkeit des Landes 1991 im Dornröschenschlaf vor sich hin. Wie die des Weinguts Marof, zu Deutsch: Maierhof.

Kurzer Ausflug in die Geschichte: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde dort ein Schlösschen gebaut und von einer reichen Familie als Jagdhaus genutzt. Ein paar landwirtschaftliche Gebäude und einen Weinkeller haben sie auch hingestellt. Die wurden aber erst ab 1922 genutzt. Seitdem gibt es Weine von Marof.

Dampf kommt aber erst ein paar Jahrzehnte später auf den Kessel. Der slowenische Lebensmittelkonzern Panvita kauft den Besitz und steckt einen Haufen Geld in den verträumten Maierhof. Ziel: Weine von Spitzenklasse produzieren. Ein ehrgeiziger junger Winemaker ist heute Herr über Marofs Tanks und Fässer: Uroš Valcl.

Ich habe ja schon einmal was von Marof aufgemacht. Weil ich dieses Weingut äußerst interessant und seine Weine sehr charaktervoll empfinde.

Jetzt ist ein anderer Wein des Betriebs dran, der Chardonnay Breg.

Man merkt schon bei den Basisinformationen über den Ausbau, dass hier Großes geplant war: Alte Reben, 18 Monate lang in Barriques und großen Fässern gereift, dann noch ein Jahr in der Flaschenruhe, bevor er auf den Markt kommt.

In sattem Goldgelb funkelt der Wein im Glas. Der zeigt schon in der Nase, was er kann: Waldhonig und Karamell gehen mit selbstbewusster Gravität voran, ihnen folgen mit dezentem Charme etwas Harz und sehr sehr reife Früchte: Pfirsich, Nektarine, eine kleine Ananas ist auch noch dabei.

Ein Schluck und ich fühle mich, als wäre ich bei einem Spaziergang im dunklen Tannenwald gelandet.

Sehr herb und absolut trocken legt sich der Wein auf die Zunge. Tannennadeln, Harz und Waldhonig. Seine enorme Säure lässt den Tropfen dabei immer noch elegant wirken, ja fast erfrischend. Die sehr reifen Früchte aus der Nase finden sich am Gaumen wieder. Diesmal drängt sich aber die Ananas nach vorne. Pfirsich und Nektarine haben sich vorhin schon ausgepowert und hecheln nun etwas hinterher.

Fazit: Wow! Wow! Wow!

Ok, der wird dennoch nicht jedem schmecken. Dafür ist dieser Wein einfach zu speziell. Akzeptiert.

Das hier ist etwas Eigenes, etwas Spezielles mit besonderer Handschrift. Wer mal einen definitiv nicht alltäglichen Chardonnay ausprobieren möchte, sollte hier zugreifen.

Dann die Überraschung. Einen Tag später hole ich die Flasche nochmal aus dem Kühlschrank. Was dann geschieht, will ich keinem vorenthalten.

In der Nase herbe Noten von getrockneten Kräutern und Tannennadeln, Zimt und etwas Nelken. Erinnert an Orange Wine.

Am Gaumen buhlen Trockenkräuter und Karamell um die Wette. Noten von frischem Majoran kommen hinzu, dann getrocknete Aprikosen und ein paar Pflaumen. Komplett andere Aromen als am Vortag.

Was! Ein! Wein!

Ein Abenteuer intensiver, vollreifer und würziger Aromen, über die ein Hauch Kräutrigkeit gelegt wurde. So macht Weintrinken Spaß.

Für das Essen empfehle ich auf jeden Fall was Kräftiges. Eine gewürzte Wurst vom Grill oder einen slowenischen Struklji. Das ist ein Strudel aus Buchweizen, gefüllt mit Fleisch und Gemüse.

 

Datum: 22.7.2018
 

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