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Perfekte pannonische Passion

Erwin Tinhof, Winzer und Eigentümer eines Traktors.
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Captains Maat Stephan Lappas lebt in Salzburg. Dort hat er mitunter an der Bevölkerung zu leiden und muss viel trinken, um dieses Leid zu vergessen. Zum Beispiel die Weine des Burgenland-Winzers Erwin Tinhof.
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Es ist Mittwoch, mein Telefon klingelt. Ich wusste, dass es klingelt, denn Heinz hat gesagt, er wird mich anrufen, wenn er durstig ist.

Und Heinz ist immer durstig. Heute. Jeden Tag der Woche. Und ihn dürstet nie nach Wasser. Das hat schon ein Nierenspezialist als problematisch eingestuft. Aber das ist eine andere Geschichte.

Anmerkung der Schiffsredaktion: Stefan Lappas, Autor dieser Geschichte, wird beim Trinken von einem gewissen Heinz unterstützt. Heinz ist ein Schwergewicht, das mit Lappas nicht einfach läppisch Flaschen leert, sondern immer den einen Schluck Erfahrung sucht, den wir an Bord begehren. Heute köpfen die beiden zwei Weine eines bodenständigen Burgenländers.

Wenn Heinz durstig und gesellig ist (was seltener vorkommt) dann startet er einen Rundruf. Kurze Info zum Treffpunkt und schon setzt sich die übliche Schar Weinverrückter mit einigen Flaschen im Gepäck in Bewegung. Kurze Begrüßung, Smalltalk, Flaschen öffnen, und Gläser füllen.

Suchmaschine Heinz

Der Nachmittag nimmt den üblichen Verlauf, als plötzlich Heinz (bereits leicht schwankend) mit zwei Flaschen Wein bewaffnet auf mich zukommt. In seiner unnachahmlich vereinnahmenden Art und Weise (Arme um den Hals legen und die Zielperson in den Schwitzkasten nehmen) lotst er mich an einen separaten Tisch, besorgt neue Gläser und schenkt ein. Denn Heinz hat wieder etwas entdeckt.

Das ist nicht verwunderlich, denn Heinz entdeckt fast täglich einen neuen Wein. Wenn er meint, es sei etwas Besonderes, dann bin ich die Person, die das Besondere zuerst zu kosten bekommt. Besonderes muss nicht besonders teuer sein, denn Heinz hasst Blenderweine. Meine Aufgabe ist es, die guten von Heinzens Entdeckungen abzunicken.

Pannonisches Potential

Erwin Tinhof keltert in Eisenstadt, der Hauptstadt des Burgenlandes. Eisenstadt ist freilich nicht die richtige Hauptstadt des Burgenlandes, das ist vielmehr das knapp 10 km entfernte Sopron, das nach einer Volksabstimmung 1920 zu Ungarn kam. Die Bevölkerung bereute diese Entscheidung nach dem zweiten Weltkrieg wohl bitter.

In Eisenstadt, dieser wohl kleinsten Hauptstadt aller Hauptstädte, erntet Erwin Tinhof auf 14 Hektar von bis zu 55 Jahre alten Reben. Seine Lagen sind allesamt am Leithagebirge, welches umgangssprachlich einfach nur „Leithaberg“ genannt wird. Freilich kann auch hier von einem Gebirge nicht die Rede sein, schon gar nicht in einem Alpenland. Aber das spricht man vor Ort besser nicht aus, wenn man mit den Einheimischen keinen Ärger haben will. Für Insider: Das einzige Gebirge des Burgenlandes ist der Geschriebenstein bei Rechnitz. Auf dem wachsen Tannen. Und kein Wein.

Autochthon nicht aus Mode sondern aus Prinzip

Bepflanzt sind Tinhofs Lagen ausschließlich mit österreichischen Rebsorten. Denn der Winzer möchte beweisen, dass man mit autochthonen Rebsorten auf den besonderen Böden des Leithabergs absolute Topweine machen kann. Deshalb wurde er auch Gründungsmitglied der Gruppe Leithaberg, die es sich zur Aufgabe macht, am Leithaberg einen ganz eigenen Weinstil zu definieren. Das wollen viele. Die gute Nachricht: sind es beherzte Winzer (wie hier), dann klappt das auch. Bekannt ist Tinhof übrigens für seinen Paradewein, den Blaufränkisch „Gloriette“ von seinen ältesten, auf Leithakalk stehenden Reben. Aber von diesem Wein soll heute aber nicht die Rede sein.

Feuer im Feuersteig

In der Nase viel dunklen Beeren, Pfeffer, Kräuter, Kirsche, reife Zwetschke, Dosentomate und ein wenig Röstaromen, wie man sie auch im deutschen Spätburgunder wahrnimmt. Der erste Schluck erinnert mich an den Biss in einer reifen Zwetschke. Saftig, leicht den Mund austrocknend, fruchtig, frisch, gepaart mit kräutrigen Aromen, Haselnuss und der gleichen beispielgebenden Mineralität, die ich auch schon im Weißwein fand. Im Nachhall dann noch ein wenig Lakritze.

Trotz all der Frucht und dem herrlichen Duft handelt es sich um einen letztlich schlanken und filigranen Wein, mit feinen Tanninen und einer perfektern Säure, die dem Wein eine wunderbare Süffigkeit verleiht. Dieser Saft bestätigt wieder einmal meine Affinität zu dieser in meinen Augen völlig unterschätzten Rebsorte; St. Laurent ist ein missing link und kann einem den Pinot-Noir gut ersetzen.

Kann was, kostet nicht viel

Das wirklich Beeindruckende an diesen Wein ist aber das Preis-Leistungs-Verhältnis. Wer Erwin Tinhof kennt, der weiß, dass ihm daran gelegen ist, für eine Winzerelite geradezustehen, die die Verhältnismäßigkeit noch nicht verloren hat.

 

Datum: 10.4.2013 (Update 21.1.2015)
 

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