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Nachlese: Nicht nur die Kleinen

Big Player mit überraschend individuellen Weinen: Roman Pfaffl junior
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Der Weinjournalismus widmet sich gerne den abgefahrenen Ausnahmewinzern. Diesen Vorwurf kann man oft hören. Deswegen hat sich der Captain ein Weingut bei Wien zur Brust genommen, das still und heimlich zum Big Player aufstieg.
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Die deutsche Weinjournaille neigt dazu, große und bedeutende Winzer in ihrer Entwicklung nicht zu begleiten. Wenn einer über 100.000 Flaschen füllt, wird er für die deutsche Weinjournaille so uninteressant, wie das Sexualleben der Blattläuse. Lieber berichtet die deutsche Weinjournaille über den zwanzigsten abgefahrenen Bio-Winzer auf einer katalanischen Anhöhe, als er die aktuelle Kollektion einer Rheingau-Größe verkostet. Rheingau-Größe? Das kostet der deutschen Weinjournaille nur ein Gähnen. Wo bitte ist der nächste spontan vergärende Garagenwinzer?

Aus diesem Grund werden viele große Winzer für ihre Arbeit kaum noch gewürdigt. Dabei kann man gerade bei jenen eine oft unglaubliche Entwicklung der Qualität wahrnehmen, beispielsweise bei den Rieslingen von Balthasar Ress im Rheingau. Da hat sich irre viel getan.

Irre viel getan hat sich auch beim großen und auch in Deutschland sehr prominenten österreichischen Weingut Pfaffl in Stetten bei Wien. Hier hat der 28 jährige Junior das Ruder übernommen, ein Hansdampf in allen Gassen, der auch ein großes Publikum unterhalten kann. Das macht manche misstrauisch, denn ein guter Winzer muss still und introvertiert auf seine Reben starren. Roman Pfaffl hingegen dreht Marketingfilme, die in ihrer Selbstironie manchmal an der Grenze zur Peinlichkeit vorbeischrammen. Doch was er macht ist Pop reinsten Wassers.

Nicht nur leichtfüßige Gesellen

Da möchte man meinen, dass Pfaffls Weine leichtfüßige Gesellen sind, für ein großes Publikum auf anspruchslose Bekömmlichkeit getrimmt. Doch dem ist mitnichten so.

Das Weingut Pfaffl hat innerhalb weniger Jahre auf fast 80 Hektar Fläche aufgestockt und füllt etwa 700.000 Flaschen. In guten Jahren auch mehr. Damit ist es ein großer Player unter den österreichischen Spitzenwinzern, vergleichbar nur mit Bründlmayer, Loimer oder Heinrich. Das Besondere an Pfaffl ist die Nähe zur Hauptstadt, die quasi hinter dem Bisamberg liegt. Der Bisamberg, knapp 350 Meter hoch, trennt das Weinviertel und Stetten von Wien.

Paffls Grüner Veltliner aus der Lage „Hundsleiten“ ist ein Musterbeispiel, wie genau und individuell auch ein großes Weingut mit einer Marke umgehen kann. Die alten Reben wurzeln in einem von Fels geprägten Boden, der von einer kargen Tonschicht überzogen ist. Hier holt Roman Pfaffl junior alles aus dem Terroir und stellt es über die Sorte.

In der Nase wenig Pfeffer, dafür viel Apfel, Banane, etwas Mandel, auch Weihrauch und nasser Stein. Im Mund dann sehr gewichtig, etwas gelber Paprika und wieder viel Banane. Darüber hinaus aber eine gewaltige mineralische Note, die dem Wein zwar Kraft und Substanz gibt, ihn aber nicht das Animierende nimmt. Für den säurearmen Jahrgang sehr lebendig und mit einem hohen Reifepotential ausgestattet. Banal, aber wahr: Viel Wein für wenig Geld.

Verkannter Pinot Noir

Ein völlig verkannter Roter ist Pfaffls Pinot Noir aus der Lage Herrenholz bei Wien. Das hat drei Gründe. Erstens nimmt selbst der Wiener nicht an, dass in Wien, noch dazu in einer Kessellage, die Reben für einen solch fruchtig-kräftigen Wein wachsen. Zweitens ist Pinot Noir keine autochthone österreichische Sorte (wie etwa Zweigelt oder Blaufränkisch). Und drittens steht dieser Wein zwischen allen Stühlen. Er ist selbst im Lande schwer vergleichbar.

In der Nase viel Kirsche und Tomate, dann ein zarter Hauch Rauch und auch Blaubeere. Im Mund sehr erdig, wieder Kirsche und Beerenkonfitüre, dann Kohlrabi und Nüsse. Extrem elegant und stabil mit einem hohen Alterungspotential.

 

Datum: 1.8.2012 (Update 7.1.2015)
 

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