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Lammershoek: Hallo, Du Stinker!

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Wendelin Wolfram hat einen Weißwein aus Südafrika verkostet und dann seine Weinbesprechung geschrieben. Offenbar nicht ganz nüchtern. Denn die liest sich so, wie Death Metal klingt.
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Es geht heute nur um Wein. Kein langes Gerede, nur verkosten.

Okay, kurze Info – Südafrika, Swartland, Winery Lammershoek. Und ins Glas kommt – ein Weißwein!

Jaha, nicht nur Chenin Blanc. Ursprünglich importiert, um den lokalen Saufweinbedarf zu decken, besinnt man sich bei Lammershoek auf die ursprüngliche Rolle der Sorte im französischen Weinbau – den Terroirwein. Okay, kein langweiliges Gelaber mehr, nur soviel: 40 Jahre alte Reben, keine Bewässerung (!), Ausbau im gebrauchten Holz und Betontank.

Hallo, du Stinker!

Im Glas schimmert das Zeug goldgelb, ein bisschen trüb schliert der Wein die Rundungen aus. Und dann kommt der erste kleine Schock – das Ding stinkt. Nur ein bisschen, aber ja, da ist ein altes Handtuch unter der Spüle vergessen worden, ein Autoreifen schmort in der Sonne. Und dann – ha, Zitrusfrucht, Bienenwachs, alter Apfel aus dem Keller der Großeltern.

Zuerst drückt mich ein typischer Stinker der Spontangärung in den Dreck, nur um mich mit feineren Geruchsnuancen wieder zurück ins Boot zu holen. Kein Schwefel, keine Schönung, keine Zusätze – so riecht das Swartland. Immer wieder schwenke ich und wie so oft macht der kleine Stinker mehr und mehr Platz für die schönen Seiten Südafrikas. Mund auf, rein damit.

Überraschung.

Puh, heftig viel Süße auf den ersten Schluck, so ganz anders als die Nase verspricht. Aber hier ist nur wenig Restzucker im Spiel (2,1 Gramm pro Liter) der Hauptanteil kommt von der extraktreichen, altapfeligen Frucht.

Fast opulent und kräftig schmiert der Wein die Mundschleimhaut, etwas Salz prickelt auf der Zunge, es gesellen sich Champagnerbratbirne, Yuzu und eine ordentliche Portion Bitterstoffe aus den Traubenschalen dazu. Das schmeckt etwas gerbig, in Richtung Orange-Wine, aber wesentlich weniger intensiv.

Erst am Ende wird die Frucht wieder süß und bleibt mit dem leicht herben Geschmack der Gerbstoffe zurück. Dass der Wein trotz der Traubenreife frisch wirkt, liegt an der wunderbaren Säure, die einem nicht den Schmelz von den Zähnen putzt.

Im tiefsten Keller sitz‘ ich hier.

Terroir trink ich am liebsten, man glaubt etwas Kunstvolles, Einzigartiges, kurz ein Kulturgut zu trinken – und rechtfertigt damit prima den leichten bis mittleren Rausch, wenn die Flasche mit einem durchgeht.

Am Ende sitze ich da, die Flasche leer, der Abend wankt. Morgen werde ich meine russische Liedliteratur durchsingen – beginnend hier in der angegebenen Tonart (ab Minute 0:16). Wer kein Russisch kann, hier der wunderbare Originaltext.

 

Datum: 7.8.2014 (Update 23.3.2015)
 

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