X
Newsletter
X
X
Login
Passwort vergessen?


Konto erstellen

Rotwein von ordinärer Sinnlichkeit

Gib mir mal das Shampoo bitte.
Kommentare
Ähnliche Weine
Ähnliche Artikel
Am Wochenende kommt die Schwiegermutter zu Besuch. Und ich habe keinen anständigen Wein zu Hause. Aber einen unanständigen...
Anzeige

Geschichten, die so anfangen, verheißen nichts Gutes. Insbesondere, wenn es sich um eine Weinbesprechung handelt. Was soll schon dabei rauskommen – eine Weinempfehlung für Schwiegermütter? Die Familie, der die südfranzössiche Domaine Puig Parahy (gesprochen: Puitsch Para-i) in der Region Côtes du Roussillon gehört, keltert schon seit dem Jahr 1446 Weine.

Dies sagt zwar nichts über die Weinqualität aus, hört sich aber immer gut an. Es verheißt Tradition, Zuverlässigkeit. Man vermittelt ein stabile Ehe, wenn zu Hause so eine Flasche am Tisch steht.

Man sollte der Frau Schwiegermama nämlich nicht erzählen, was sonst noch in diesem Wein steckt. Sie würde ihren wohlgeratenen Sohn/ ihre wohlgeratene Tochter im Handumdrehen mit zu sich nach Hause nehmen.

Ok, das muss näher erläutert werden. Am besten, ich erzähle jetzt, wie es mir ging, als ich diesen Wein verkostete. In der Nase eingekochte, konzentrierte Beeren, grüne, etwas streng duftende Bohnen frisch vom Markt in Südfrankreich. Zarte Aromen eines Nimm2-Orange-Fruchtbonbons.

Kurze Unterbrechung zum Luftholen. Diese Rotweincuvée besteht aus den Rebsorten Carignan, Grenache, Mouvedre und Syrah. Diese Trauben repräsentieren die ganze Pracht und Vielfält des südfranzösischen Weinbaus. Da gibt es natürlich noch ein paar Sorten mehr. Aber die gängigsten Trauben stecken in dieser Flasche. Und die sind ein Konzentrat aller Sinneseindrücke aus einem Tag im Klischee. Der Gendarm von St. Tropez, wilde Schimmel preschen durch die Camargue, Gunther Sachs, Grace Kelly, Autodiebe. Stop! Es reicht. Ich probiere weiter: Im Mund volle, überreife Pflaume, Schokolade, Leder, nasser Sattel.

Nasser Sattel? Weinkenner lieben solche drastischen Begriffe. Gemeint ist ein Geschmackston, der bei Syrah manchmal vorkommt und eine etwas penetrante Bitternote hat. Dieses Aroma stört hier aber nicht die Bohne, ganz im Gegenteil. Es macht den Wein sexy. Am Schluss Kräutrigkeit und kühle Saftigkeit. Herrlich! Dieser Wein ist voller ordinärer Sinnlichkeit. Definitiv nichts für spitzlippige Experten, sondern eher etwas für Freunde gepflegter Vollmundigkeit.

Wie sage ich seriös, wie dieser Wein schmeckt? Ich versuche es: Das ist 1.) ein veritables Schnäppchen für so viel Geschmack; 2.) ein grandioser und symphatischer Blender, den man einfach gern hat; 3.) für manche wahrscheinlich zu viel des Guten. Weinsnobs dürften Struktur vermissen. Alle anderen werden diesen Wein lieben. Auch die Schwiegermama.

Ich empfehle rotes Fleisch als den perfekten Speisebegleiter. Beziehungsweise Lamm in allen Varianten.

 

Datum: 22.4.2020 (Update 23.4.2020)
 

Ähnliche Weine

 

Ähnliche Artikel