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Weinbeschreibungen sind was Tolles. Man beschreibt einen Wein. Mal gut, mal schlecht. Man riecht und versucht zu assoziieren.
Dann vergleicht man mit anderen Weinen, die man kennt – und Zack! Das aber wird irgendwann zum Dilemma. Alles schmeckt am Ende wie Bordeaux, Burgund, Mosel, Loire, blablabla. Warum?
Weil keine Sau kroatische Weine kennt, zumindest nicht Otto-Normalreblaus. Und dann soll man Weine verkosten, die auch noch aus unaussprechlichen Rebsorten gekeltert werden! Plavac Mali? Crljenak? Wtf?
Crljenak = Primitivo = Zinfandel.
Aus dem Süden Dalmatiens, von der Insel Brac, kommt nun der Understatementwein auf den Tisch. Jako Vino heißt die Weinkellerei in den Gebäuden einer ehemaligen Kooperative. Hier werden auch Plavac Mali, Posip, Vugava und der Zungenbrecher Crljenak gekeltert.
Den kennt man schon. In Italien heißt er Primitivo, in den USA Zinfandel und liefert, in den richtigen Händen, sehr schöne Qualitäten. Erster Blick im Treppenhaus auf die Flasche. Weißes Etikett vorne, schwarzes hinten. Informationsbefreit blank. Mit etwas mehr Licht erkennt und fühlt man den feinen, eingravierten Druck auf der Vorderseite: „Stina 2011, Crljenak“. Sehr schick!
Wohin geht die Reise nun mit dem „Stina“ (dt. Stein)? Zur Abwechslung ins Burgunderglas. Und siehe da, Treffer.
Bei weitem nicht so konzentrierte Farbe wie erwartet. Die Nase wird mit zerdrückten Preiselbeeren, Himbeere, einem kleinen Flieder um die Ecke und trockener Walderde begrüßt. Verblüffend anders als die anderen Zinfandel und Primitivo, die ich kenne.
Gar nicht hitzig.
Geschmacklich geht es hier nur wenig südlich-hitzig zu, was bei der Region ein Wunder ist. Frische Himbeerfrucht und eine leicht unreife Zwetschge schlagen auf. Das Mundgefühl ist nahezu seidig. Es streicht ein Thymianzweigerl über die Zunge und am Ende bleibt noch eine Portion kräuteriges Erdbeerkompott stehen.
Das hindert nicht am Nachschenken. Der Trinkfluss ist enorm. Trotz der 14% Alkohol. Und viel zu spät merkt man, dass die Flasche leer ist. Eine Werbefirma liefert noch einen gutgemeinten Hinweis wie man die letzten Tropfen verwenden kann. Malen statt trinken. Total verrückt!
Welche Schublade nun? Burgund, Österreich, Australien? Nein. Einfach nur feiner Wein.
- Stina 2011 Crljenak von Jako Vino.
Schwer einordnen ist mir auch schon aufgefallen. Unser Projekt http://www.samovino.com versucht serbische Weine direkt zu vertreiben und mitunter scheinen die WeinkennerInnen fast Angst davor zu haben, einen Wein zu beurteilen, den sie nicht einordnen können. Dazu kommt, dass uns von allen Seiten enormer Mut zugewiesen aber keine Chance zugebilligt wird, mit serbischen Weinen zu punkten. Irgendwie komisch, weil gleichzeitig alle ExpertInnen über die große Weinbautradition Südosteuropas Bescheid wissen und die weniger verkopften WeinliebhaberInnen überhaupt keine Probleme damit haben, wenn sie einen guten Wein trinken, den sie nicht sofort „einordnen“ können. Ein faire Chance ist längst an der Zeit, freut mich, mal einen Artikel über einen kroatischen Wein zu sehen.
Fairerweise muss man zugeben, dass südosteuropäische Weine in Deutschland und Österreich selten verfügbar sind und schon gar nicht in der Zahl wie F/I/ESP etc.
Daher rührt auch sicherlich der stiefmütterliche Umgang mit den Weinen und Winzern in den einschlägigen Medien. Über kurz oder lang wird aber auch das abgelegt werden, nur, solange es keine dicke Importlobby für den Balkanwein gibt, wird er eher eine Nische bleiben.
Siehe Österreich: 85% der Leute hier wollen nur österreichischen Wein, der ist so super, da BRAUCHT man nix anderes. Was der Österreicher nicht kennt, säuft er nicht. Und da liegt der Hund begraben.
Toller Wein, auch wenn Jako Vino keine Kooperative ist, sondern nur in den Gebäuden der ehemaligen Kooperative untergebracht ist.
Danke, wird korrigiert.
Stina ist nur ein Beispiel von vielen. Für uns als Importeur und Webshop-Bertreiber ist sehr schwer, dem Kroatischen Wein den richtigen Platz zu verschaffen. Die Mengen sind gering, Preise verhältnismäßig hoch und so mancher Produktname nur mäßig aussprechbar. ABer Kroatien hat unglaublich viele typische Weine zu beiten, die einfach entdeckt werden wollen. Wir hatten einen Stand auf der Wein-Plus Convention, und ich habe selten so viele erstaunte Gesichter gesehen, wie bei unseren Besuchern. Wir hatten dort mit Stina, Boskinac, Adzic und Armen drei Klasse-Weingüter aus drei sehr verschiedenen Regionen Kroatiens dabei. Qualitätsmäßig sind einige Winzer Kroatiens sicher in der Toppliga des europäischen Weins angekommen. Probierts einfach aus.
Gerhard, Jadrovino
Alles 3 Punkte stimmen ganz sicher und wird sich so schnell auch nicht ändern, muss auch nicht. Allerdings sind wir sicher nicht wegen den dicken Importlobbies WeinliebhaberInnen geworden und insofern ist die fehlende staatliche Unterstützung bei den meisten Südosteuropäischen Ländern zwar ein Grund, warum sie nicht so sichtbar sind, aber eben kein besonders guter.
Immerhin leben Millionen von Menschen aus dieser Region in Deutschland und Österreich. Es besteht also durchaus Potenzial. Bis das ausgeschöpft wird, braucht es viel kleine Initiativen wie etwa unsere Crowdfunding Kampagne um ein bisschen was aufzurütteln.