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Die ehemalige Milch-Lobbyistin Monika Reule steht seit 10 Jahren an der Spitze des Deutschen Weininstituts (DWI), das im In- und Ausland die Werbetrommel für Wein aus Deutschland rührt.
Dabei muss Reule auf unterschiedlichste Erwartungen und Bedürfnisse Rücksicht nehmen. Das DWI vertritt die Interessen vom kleinen Winzer mit 3,5 Hektar unter Reben bis zum industriellen Riesenabfüller, der jährlich Millionen Flaschen auf die Reise schickt.
Wer mit Monika Reule spricht, lernt, was gehobene Diplomatie bedeutet und wie man Aussagen tätigt, ohne einen Stakeholder vor den Kopf zu stoßen. Zitat: „Ich trinke keinen ausländischen Wein, wenn ich in Deutschland bin.“
Vor genau einem Jahr, also Ende September 2017, knapp eine Stunde vor der Wahl der Deutschen Weinkönigin, fragte ich Monika Reule, wie denn die Chancen um einen männlichen deutschen Weinkönig stünden. Damals sagte Reule: Es ist legitim, dass man das ausgleicht. Die Entscheidung fälle jedoch nicht ich, sondern die Branche. Wann ist es soweit? Mal sehen, ob es Interesse gibt. Derzeit sehe ich keine Mehrheit dafür. Die Frage ist, wie man so einen Kandidaten positioniert, der kann ja nicht mit Krönchen auftreten. Das würde alles zunichte machen, was wir in den Jahren aufgebaut werden. Ist die deutsche Weinwirtschaft rückständig? Die Weinwirtschaft ist sehr modern und fortschrittlich. Früher durften unsere Weinköniginnen weder verheiratet sein, noch Kinder haben. Über Sven Finke-Bieger, der Weinkönig im Mosel-Örtchen Kasten war: Was ich nicht möchte, ist eine Karnevalsfigur. Ein Weinkönig muss sich modern präsentieren und man muss eine passende Form finden.
Vor einigen Wochen nahte dann die Wahl der Deutschen Weinkönigin 2018/ 2019. Inzwischen war bekannt geworden, dass es einen Pakt zwischen DWI und den Anbaugebieten gegen männliche Bewerber gibt. Deshalb bat ich Monika Reule erneut um Auskunft:
Frau Reule, erst vor kurzem erfuhren wir, dass zwischen dem DWI und allen deutschen Gebietsweinwerbungen ein Männerverbot für die Wahl der Deutschen Gebietsweinköniginnen beschlossen wurde. Damit ist bis auf weiteres ausgeschlossen, dass es einen Mann in der Position des Deutschen Weinkönigs geben wird. Ist das korrekt? Nicht ganz. Richtig ist, dass es mit den 13 Gebietsweinwerbungen, die in der Regel ihre Gebietsweinköniginnen für die Wahl der Deutschen Weinkönigin anmelden, gemeinsam abgestimmte Richtlinien gibt. Diese Richtlinien werden immer mal wieder an Neuerungen angepasst.
Wer hat ganz konkret diesen Beschluss gefasst? Wir haben das Thema „Männliche Bewerber“ von uns aus zuletzt im November 2017 aktiv aufgegriffen und mit allen Gebietsweinwerbungen diskutiert, mit dem Ergebnis, dass derzeit niemand die Notwendigkeit sieht, männliche Bewerber zur Wahl von Gebietsweinköniginnen und damit auch nicht zur Wahl der deutschen Weinmajestäten zuzulassen. Wenn sich diese Haltung innerhalb der Anbaugebiete mehrheitlich ändert, werden wir auch unsere Richtlinien entsprechend anpassen.
In allen freien Gesellschaften wird gegendert. Wirtschaft und Politik bekennen sich flächendeckend zur Chancengleichheit. Nur nicht die deutsche Weinwirtschaft in der prominentesten Position, die sie zu vergeben hat. Ist das noch zeitgemäß? Als Frau bin ich die letzte, die gegen Chancengleichheit ist, und die geht natürlich in beide Richtungen. Fakt ist aber, dass die deutsche Weinkönigin die Repräsentantin der gesamten deutschen Weinwirtschaft ist und diese letztlich bestimmt, durch wen sie sich repräsentiert wissen will. Auch darf man die Tradition nicht ganz vergessen. Wir entwickeln das Amt zwar stetig weiter und haben es geschafft, dass die Deutsche Weinkönigin heute im Gegensatz zu früher als moderne Fachfrau wahrgenommen wird und ganz andere Aufgaben hat, aber wir lassen dabei die Tradition auch nicht ganz außer Betracht.
Hat die deutsche Weinwirtschaft Angst vor einem schwulen Weinkönig? Nein. Es gibt bereits Beispiele, bei denen sich Männer oder auch transsexuelle Menschen auf örtlicher Ebene mit Erfolg um das Amt beworben haben. Für mich persönlich ist entscheidend, dass alle, die das Amt auskleiden wollen, über entsprechendes Fachwissen verfügen, ein modernes, dynamisches Bild des deutschen Weins vermitteln können und im Falle der deutschen Weinkönigin auch international auftreten können.