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Glatzer: bitte zum Bankett!

Gestatten, mein Name ist Zweigelt.
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Für viele liegt beim Weinkauf das Auge auf dem Budget und deshalb fragt sich der Captain: Welche Weine sind gut und leistbar zugleich? Denn günstig heißt meistens leider auch: fad.
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Da kommt mein Mittagswein von heute gerade recht. Der heißt → Zweigelt Carnuntum Cuvée und wird im Weingut Glatzer hergestellt. Und kostet gar nicht viel.

[Zweigelt ist sicherlich eine der erfolgreichsten Neuzüchtungen Mitteleuropas. Der Zweigelt (auch: Blauer Zweigelt) ist so etwas wie Österreichs Nationalrebsorte. 1922 wurde die Kreuzung aus Blaufränkisch und St. Laurent vorgestellt. Lange Zeit galt sie als relativ anspruchslose Sorte für einfache Massenweine, doch immer mehr Winzer machen aus Zweigelt exquisite Weine mit feinen Tanninen und ausgeprägtem Sauerkirscharoma. Spitzenweine werden auch in Barriques ausgebaut. Bei gutem Zweigelt konstatiert man neben lebendiger Säure eine feine Kirschfrucht, die manchmal mit einer Prise Pfeffer unterlegt ist. Meistens wird er jung getrunken, aber besonders bei Ausbau im Holzfass kann Zweigelt ein beachtliches Reifepotenzial entwickeln. Ein Genuss unter anderem zur Ochsenschwanzsuppe.]

Cuvée heißt in diesem Fall, dass die Trauben aus drei verschiedenen Anlagen kommen, denn der Wein ist reinsortig und besteht ausschließlich aus der Rebsorte Zweigelt, die in der kleinen Anbauregion Carnuntum hervorragende Ergebnisse zeigt. Solche Weine nennt man auch Gebietswein.

Mehr über das Anbaugebiet Carnuntum steht → hier.

Winzer Walter Glatzer betont im Gespräch mit dem Captain, dass dieses Getränk ja eher ein Bankettwein sei. Also etwas, das man vielen Weinfreunden einschenken kann, weil er den meisten schmeckt und nicht viel kostet.

Das ist nichts Schlechtes. Ich glaube, Walter wollte nur darauf aufmerksam machen, dass er auch Premiumweine kann.Vielleicht stelle ich so einen mal vor.

Dieser Wein ist einfach gut oder einfach und gut, weil er mit sanftem Biss, schöner Frucht und warmer Erdigkeit alles mitbringt, was man für die winterliche Tafel braucht. Und genauso wie sein Preis ist auch der Alkpegel niedrig: 13% Vol.

Er reifte in gebrauchten Barriques und großen Holzfässern. Das ist eine Behandlung, die man Weinen dieser Preisklasse nicht oft zuteilwerden lässt, denn Fässer kosten Geld und nutzen sich ab. Aber sie machen Rotweine runder und g’schmackiger, wie der Österreicher sagt. Und so wirkt der Wein: Im Glas tiefdunkles Rot mit violettem Stich. In der Nase klarfruchtig nach dunklen reifen Kirschen, dann etwas Röstzwiebel und Lakritze. Im Mund saftig, staubtrocken und ein bisschen erdig nach dunklem Bio-Kakaopulver ohne Zuckerzusatz. Auf der Zunge wieder viel Kirschfrucht mit zarter Pikanz von schwarzem Pfeffer, dunkelrassige Säure und fruchtige Bitternoten von Blutorangensaft. Am Gaumen Kräutersud. Dieser kerzengerade und leichte Wein (nur 13% Vol.) bezieht seinen Charme aus der Bipolarität zwischen Frucht und Erde, was ihn zum genialen Speisenbegleiter für fast jede Art von Hausmannskost macht.

Kurz: Man kann sich prächtig damit satt-trinken.

Das Weingut Glatzer entstand (wie viele andere der Region und in ganz Österreich) aus einem landwirtschaftlichen Mischbetrieb mit viel Zuckerrüben-Anbau und Rinderzucht. Walter bekam schon als 18 Jahre junger Mann viel freie Hand für wichtige Entscheidungen,weil der Vater in der Lokalpolitik sein Terrain sah.

Damals, also Ende der 1980er-Jahre, war die österreichische Weinwirtschaft nach dem → Glykolskandal in Agonie versunken.

Wein wurde in klobigen 2-Liter-Flaschen namens Doppler hauptsächlich an die aufblühende Gastronomie Wiens geliefert. Der Captain hat als ausgehfreudiger Student dort zu jener Zeit sicherlich das eine oder andere Glas Glatzer-Wein getrunken.

Viele Betriebe gaben auf und die Glatzers übernahmen deren Weinlagen oder tauschten Acker- gegen Rebland, sodass bis heute 33 Hektar im Eigenbesitz und weitere 15 Hektar in Pacht zusammenkamen.

Mit der Größe wuchs auch der Ehrgeiz richtig guten Wein herzustellen, denn nur durch Qualität zum fairen Preis konnte das Geld für die Expansion wieder reingeholt werden.

Genau wie seine Eltern, die ihn früh ranließen und fehlertolerant agierten, lässt Walter schon die nächste Generation im Betrieb Verantwortung übernehmen. Tochter Hanna und Sohn Mathias machen das family business komplett.

 

Datum: 25.3.2022 (Update 26.3.2022)