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Früher war mehr Elbling

Scherenkontrolle im Weingut Frieden-Berg.

Elbling Novum

Elbling Novum

Frieden-Berg, Deutschland

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Die Rebsorte Elbling war bis vor ca. 250 Jahren Chef an der Mosel - bis der Riesling kam. Christoph Hahn beschreibt, warum sich eine Wiederentdeckung lohnt.
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Zuerst sind Jahre lang die mir zugedachten Flaschen in meinem Keller ungetrunken verstaubt. Für mich war Elbling ein wässriges Zeug, das ohne bleibenden Eindruck durch mich hindurch rauscht, mich langweilt und völlig verdient eine Nischenexistenz im Regal führt. Doch dann wurde alles anders und ich lernte den Elbling zu lieben.

Dafür gibt es sogar einen konkret fassbaren Augenblick. Und zwar den Ausflug meiner Heimatpfarre St. Gertrud im Spätsommer 2007 zu den großen Ausstellungen über den römischen Kaiser Konstantin in Trier. Vis-à-vis von Dom und Liebfrauenkirche angelangt, zog es den Pfarrer und mich dabei nicht so sehr in diese großen Tempel des heiligen Gottes, sondern nach gegenüber, in die schicke Umgebung des Palais Walderdorff, der barocken ehemaligen Dompropstei, deren Erdgeschoß damals wie heute gastronomisch genutzt wird.

Hochwürden kannte den Elbling schon. Ich im Grunde auch, hatte damals schon den einen oder anderen Winzer in Nittel und den Dörfern drumherum besucht. Aber das cremige Mundgefühl, das der Elbling schon nach dem ersten Schluck hinterlässt – das führte dazu, dass wir dann doch nicht nur ein Glas getrunken haben. Mit einer gewissen wohl dosierten Restsüße und Säure läuft dieser Stoff nämlich fast von ganz allein.

Dass sich etwas ändern sollte und muss, gilt im Übrigen auch für das Meinungsklima an der Mosel. Unter den Winzern zwischen, sagen wir mal, Trier und Winningen galt es vor Jahren noch als Strafe, ein Glas Elbling trinken zu müssen. Müssen! Elbling war halt nicht besonders hip, lief bestenfalls irgendwie mit. Doch inzwischen gab es auch an der südlichen Weinmosel zwischen Konz und Perl einen Innovationsschub. Moderne Elbling-Stilistik zielt auf ein frisches Geschmacksbild mit gaaanz leichter Restsüße, zarter Frucht und geringem Alkoholgehalt ab – Wesenszüge, die eigentlich jeden Wein sympathisch und als Produkt zukunftsfähig machen. Mir reicht, wenn ein Wein wie der Elbling erfrischt und mich nicht für den Rest des Tages mit heftigen Volumenprozenten lahmlegt.

So ein Elbling ist der „Novum“ vom 12-Hektar-Weingut Frieden-Berg in Nittel an der Obermosel, wo man sich wirklich ernsthaft mit der Rebsorte Elbling auseinandersetzt, es gibt sogar einen Crémant davon. Vater Horst und Sohn Maximilian, der im Keller wirkt, zeigen mit dem „Novum“, was ich unter modernem Elbling verstehe. Leise schleicht er sich an – der Elbling Novum, benannt nach dem Gutsrestaurant der Friedens in Nittel, gibt erst langsam seine Aromen preis. Während der mit blassem Gold im Glas liegende Wein aus der Lage „Nitteler Leiterchen“ schmelzig die Kehle hinunterfließt, ploppen die Aromen erst nach und nach auf, als da wären: Litschi, Pfirsich, feine herbe Früchte nebst saftigen Kräutern. Durch sein langes Hefelager hat der spontan vergorene Novum mit seiner leicht stinkigen Nase durchaus eine solide Körperlichkeit, etwas, das ihm Kraft und eine Mitte gibt. Die erfrischende Note geht diesem Elbling trotz seiner vom Hefebett gestählten Muskeln nicht verloren.

Dass der Elbling zu ungefähr 80 Prozent der Erntemenge in Kellereien versektet wird, hat er jedenfalls nicht verdient. Besonders bei gebratenem und gegrilltem Fisch gibt er einen guten Speisebegleiter her. Aus seiner randständigen Rolle sollte er jedenfalls unbedingt befreit werden.

 

Datum: 9.10.2019
 

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