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Ein Sackl Wein bitte!

Patricia und Florian Sackl.
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Der Captain trinkt zauberhaften Wiener Gemischten Satz aus biodynamischen Anbau. Das kennt er bisher noch nicht aus dem Anbaugebiet Wien.
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Einem jungen Hobbywinzer aus Wien (der eigentlich aus Kärnten kommt) hat der Captain eine interessante Weinbau-Weisheit zu verdanken. Der Mann (Jahrgang 1987) heißt Florian Sacklund ist eigentlich Geologe beim österreichischen Autobahnbetreiber ASFINAG.

Gemeinsam mit Ehefrau Patricia, die gelernte Önologin ist (Ausbildungs-Praktikum bei Bernhard Huber im Breisgau) und Büroarbeiten im bekannten Weingut Wieninger verrichtet, bewirtschaftet Florian 1,5 Hektar Rebland am Bisamberg nach biodynamischen Prinzipien.

Beide lernten sich bei einer Weinverkostung kennen. Wie geht denn nun die Wein-Weisheit von Florian? Der sagte dem Captain folgenden Satz: „Du musst die Rebe davon überzeugen, dass sie stirbt. Dann produziert sie perfekte Trauben, weil sie glaubt, dass sie rasch Nachkommen schaffen muss.“

Das Prinzip des permanenten Mangel-Stress als Voraussetzung für guten Wein ist dem Captain natürlich bekannt. Aber so dramatisch ausformulieren kann das nur jemand aus einem Sprachkreis, der phantasievolle Nahkämpfer der Wortgewalt wie Kraus, Herzmanovsky-Orlando und Glavinic hervorbrachte.

Der Captain meint Österreich bzw. Wien, wo Böses und Lustiges auf ganz besondere Weise zusammenfinden. Aber Wien hat noch eine andere Besonderheit zu bieten. Sie ist die einzige Hauptstadt der Welt, die über nennenswerten Weinbau innerhalb ihrer Grenzen verfügt. Paris? Naja, es gibt einen kleinen Weinberg in Montmartre. Das war’s dann schon.

Rund 400 Weinbaubetriebe sind hier zugange. Das Rebland misst zusammengefasst rund 700 Hektar. Genug, um bereits im Anflug auf die Stadt zu erkennen, dass Wein keine Nebensache ist. Auf 80% der Flächen stehen weiße und auf 20% rote Sorten. Etwa 20.000 Hektoliter Wein produziert die Stadt im Jahr. Der Großteil davon landet in den gemütlichen Heurigenlokalen. Hauptsächlich Grüner Veltliner, Riesling, Weißburgunder, Chardonnay und Welschriesling.

Diese Lokale gelten als die Brutstätte der sogenannten Wienerlied-Kultur, die eben wieder ein paar zarte Blüten zeigt. Wienerlieder ohne Wein sind undenkbar. Das berühmteste von ihnen ist dem wichtigen Treibstoff gewidmet und von Hans Moser auf unfassbar lässige Weise dahingenuschelt. Es heißt „Die Reblaus“:

Patricia und Florian Sackl sind mit ihrer Biodynamie wie Aliens am Bisamberg gelandet,von wo aus man einen herrlichen Blick über die ganze Stadt und darüber hinaus genießt. Die anderen Winzer kommen vorbei und stellen Fragen, weil sie nicht ganz verstehen, was hier passiert.

Zweigelt, Weißburgunder, Gemischten Satz, aber auch 20 Olivenbäume haben die Sackls gepflanzt. In diesem Jahr kommt Chardonnay dazu. Florian bemüht sich ständig, neue Flächen zu pachten, denn die Nachfrage aus der schicken Gastronomie der Stadt reißt nicht ab. Derzeit produziert der Betrieb 3.000 bis 4.000 Flaschen pro Jahr. Die sind schnell weg. Leser des Captain, die in Wien leben, können in die gemütliche Buschenschank der Sackls einkehren (Krottenhofgasse 195 in Stammersdorf, Foto unten) oder ganz schnell im Zentrum einkaufen. Bei Unger & Klein im 1. Bezirk steht Nachschub.


Der Captain verliebte sich in den Wiener Gemischten Satz von Sackl, in dem alle österreichischen Weißweinsorten mit Rang und Namen schwimmen: Grüner Veltliner, Weißburgunder, Welschriesling, Riesling und Muskateller aus zwei verschiedenen Parzellen am Bisamberg, die teilweise schon 1950 bepflanzt wurden: Im Glas helles Gelb, leicht glänzend. In der Nase gelbfruchtig nach Birne, gelbem Apfel, Mandarinenschale, Pomelo. Im Mund feinfruchtig, dabei leicht viskos (ölig) und zartbitter. Ich spüre nussige Noten, Vegetabilität und milchglasige Opulenz – alles sehr verhalten und schön – und schmecke Aprikose, Aprikose, Aprikose, aber nicht brotaufstrichig sondern eher schaumig. Was für ein sensibler und dabei durchaus handfester Wein, den man zum Nachdenken trinken kann. Oder zu einer Jause mit nicht zu würzigen Zutaten. Ich bin ganz verzaubert.

Der Boden besteht aus leichtem, sandigen Löß, der auf massivem Kalkstein liegt. Dieser Wein ist eine zartfühlige Delikatesse, die man mit Genuss trinken kann. Der Kaufpreis ist geradezu mitleiderregend, wenn man weiß, welch große Mühe in diesem Produkt steckt. Die Sackls haben keinen Webshop, weshalb du ihnen eine E-Mail schicken und bestellen kannst: office@weinbau-sackl.at.

Der Versand in Österreich kostet 4 Euro pro 6er-Karton. Nach Deutschland wird’s teurer: 9 Euro pro 6er-Box.Lohnt sich aber richtig!

Was heißt Gemischter Satz? Früher war es alleine schon aus Unkenntnis weit verbreitet, verschiedene Rebsorten auf einer Parzelle anzubauen. Doch auch als der önologische Fortschritt die Bestimmung der Sorten und den Besatz durch neue Klone erleichterte, setzten einige Winzer weiter auf den Gemischten Satz, um unterschiedliche Witterungsverläufe und deren Folgen für die einzelnen Sorten ausgleichen zu können. Eldorado des Gemischten Satzes ist heutzutage die Weinregion um Wien, wo mitunter über zehn Sorten gemeinsam kultiviert und vergoren werden. Auch in der Steiermark gibt es noch ein paar Mischsatz-Enklaven und in Franken. Dort firmiert das Getränk unter „fränkischer Satz“ oder „alter fränkischer Satz“. Ganz zu schweigen von Portugal, wo die vielen autochthonen Rebsorten erst sehr spät überhaupt entdeckt und definiert wurden.

 

Datum: 18.6.2021 (Update 20.5.2022)
 

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