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Douro-Tal: Bruno pennt am Tresen ein

Önologe und Wein-Vermarkter Hélder Cunha.
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Der Captain trinkt herrlich-saftigen und trockenen Rotwein aus dem Portweinland Douro-Tal und veröffentlicht ein sensationelle Gedicht über das merkwürdige Verhalten der Großstädter in Zeiten der Epedemie.
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Amerika hat gewählt. Sind die Menschen dort wirklich so kühn, diesen skrupellosen Zocker erneut ins Amt zu wählen? Das fragen sich viele hierzulande und fühlen sich dabei sehr vernünftig. Dann gehen sie raus spazieren und noch ein bisschen Party machen. Der Captain flanierte kurz vor dem neuen Lockdown durch seinen Kiez (Berlin-Charlottenburg) und traute seinen Augen nicht. Da saßen junge, gut gekleidete Leute dicht an dicht in den engen Lokalen an der trendigen Kantstraße und freuten sich des Lebens. Von wegen bildungsferne Corona-Ignoranten in den Problembezirken. Der Wahnsinn findet mitten im klimabewegten und iphonebewehrten Fortschrittsmilieu statt.

Ähnliches berichtet auch mein Mitverkoster, Journalist und Buchautor Rainer Balcerowiak, aus seinem Kiez (Moabit). Ich zitiere aus Rainers Facebook-Post: Die türkischen und arabischen Cafés sind rappelvoll. Abstandsregeln gelten hier wohl nicht, weder drinnen noch draußen. In und vor allem vor den hippen Cafés in den Seitenstraßen sieht es nicht viel besser aus. Und von der seit gestern geltenden Maskenpflicht auf der Turmstraße scheint niemand etwas gehört zu haben. Rainer fiel dazu das Gedicht eines vergessenen Weggefährten ein. Der Westberliner Underground-Poet Gerd E. Höhne schrieb es in den 1980er-Jahren.

Der Dichter ist offenbar so vergessen, dass ich beim Gugeln rein gar nichts über ihn fand. Vielleicht kennst du ihn? Diese Verse sind ein furioses Stück Großstadtliteratur, findet der Captain und will dir diesen Leckerbissen nicht vorenthalten, bevor er zum herrlich rotfruchtig-würzigen Unter-10-Euro-Wein Douro Colheita Tinto kommt.

Bruno – oder: Ein apokalyptischer Gesang

Durch die Straßen tobt die Pest
Feiern wir ein letztes Fest
Gehn wir in die Wichser-Bar
warn schon lange nicht mehr da

Worte klingeln, Gläser klirren
Lautes Labern, Irre schwirren
mottenmäßig um das Licht
Bruno sagt: So geht das nicht!

Brutus bringt uns die Bouletten
Zombies zünden Zigaretten
Whisky, Sodom und Gomorrha
schwitzend warten smarte Schnorrer

Bafög unter Punkfrisuren
aasig lächelnde Auguren
Brutus bring Berliner Weiße
Bruno sagt schon wieder: „Scheiße!“

Blaue Blumen, Liebesschwüre
Schlägereien vor der Türe
Frankensteins Gesellenstück
Penner und salopper Schick

Hirnriss, Imbiss, Bierreklame
Unterleiber ohne Dame
Brutus bringt Badenser Wein
Bruno pennt am Tresen ein.

Motorrad-Fan und Önologe Hélder Cunha (Bild oben) ist Erfinder der Weinmarke Monte Cascas, unter deren Name Weine aus 10 verschiedenen (!) Anbaugebieten Portugals vermarktet werden. Jeden einzelnen Wein entwickelt Hélder gemeinsam mit dem Winzer, von dessen Stöcken die Trauben kommen. Dafür ist höchste Beweglichkeit nötig. Hélder ist ständig auf Achse und bereist mit seinem bike die im ganzen Land verstreuten Zulieferbetriebe.

Der saftige und leistbare Douro Colheita Tinto von Monte Cascas wurde aus den Mosten traditioneller Portwein-Trauben zubereitet, aber trocken ausgebaut. Ein köstlicher Brummer und ein Gedicht, das auf der Zunge schmilzt: Dieser trockene Rote aus den Sorten Touriga Nacional, Touriga Franca, Tinta Roriz (= Tempranillo) leuchtet im Glas wie Blut aus einem Splatter-Movie. In der Nase Pflaumenmus, Gulaschsaft, Pekanuss, Schokoglasur einer Sachertorte. Im Mund butterweich, würzig, fleischig und dunkelfruchtig nach Schwarzkirsche, zerkochten Pflaumen, Roter Beete. Dann rosa Pfeffer, ein Hauch Thymian, körniges Tannin und genauso viel Säure, wie nötig. Im Abgang Blutorange, ungezuckertes Bio-Kakaopulver. Gut ausbalancierter und saftiger Brummer mit 14% Vol. Alkohol.

 

Datum: 4.11.2020
 

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