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Finanzinvestoren werden gehasst. Sie sind Teil des neoliberalen Spekulantentums, mit ihrem Geld (oder dem Geld ihrer Investoren) dringen sie in gewachsene Strukturen ein, filetieren und zerstören diese, ruinieren Existenzen und mehren ihren Wohlstand nur, um das Zerstörungswerk anderswo fortzusetzen.
Diesen Satz würde heute eine Mehrheit der Deutschen ohne viel nachzudenken unterschreiben. Und sie lägen in den meisten Fällen auch richtig damit.
Ja, es stimmt. Viele Finanzinvestitionen dienen nur dazu, das Kapital hungriger Anleger (darunter viele Pensionsfonds) schnell und skrupellos zu mehren. Doch eliche Bürger, die nun wüst gegen den Kapitalmarkt und die Banken schimpfen, haben selber so ein Finanzmarktprodukt gezeichnet. Und wissen gar nicht, dass sei Teil jenes Systems sind, dem sie seit der Krise so kritisch begegnen. Oder sie wollen es gar nicht wissen.
Finanzinvestoren investieren überall, wo sich Geld machen lässt. Und Geld lässt sich auch gut mit Wein machen. Viel Geld sogar, wenn man es richtig anstellt. Viel Geld machte man lange Zeit vor allem mit teuren Modeweinen, die durchaus sorgsam und perfekt gekeltert sein dürfen. Und so entstanden vor allem in Spanien moderne Kellerein, die von engagierten Önologen geführt werden. Nachteil: bricht der Inlandsmarkt zusammen, bleibt man auf den Flaschen sitzen.
Stabiler Inlandsmarkt.
In Deutschland scheint der Inlandsmarkt stabil zu sein. Auch das Weintrinken bleibt in Mode, wenngleich der Deutsche immer noch zu den größten Sparmeistern gehört. Der Captain registriert die Empörung, wenn er Weine bespricht, die mehr als zwanzig Euro kosten. Dann tobt der antikapitalistische Furor.
Der antikapitalistische Furor tobt auch, wenn Finanzinvestoren und kapitalstarke Umsteiger alte und traditionelle Weingüter übernehmen. Das geschah in Deutschland zuletzt öfters, z.B. bei St. Antony oder Gut Hermannsberg. Die Folgen: die neuen Weingutsbesitzer, die in der Regel alles richtig machen und diese Betriebe in die Moderne führen, werden von alteingesessenen Weinzirkeln (meist Hanseaten) mit Hohn und Spott bedacht.
Das Imperium Niederberger.
So auch Achim Niederberger, der schon Bassermann-Jordan erfolgreich groß gemacht hat. Niederberger kaufte vor Jahren auch Dr. Deinhard und kreierte im gleichen Keller mit Von Winning ein Experimentalweingut, das dem deutschen Riesling eine neue, ungewohnte und auch umstrittene Richtung gibt. Wir haben schon mehrere Male darüber berichtet.
Jetzt hat Niederberger wieder zugeschlagen und das an sich erfolgreiche Pfälzer Weingut Reichsrat von Buhl übernommen. Beim Reichsrat keltert man sehr gute Rieslinge und auch ein paar andere Weißweine, doch zuletzt ist das Weingut vor allem als Erzeuger hochwertiger Sekte bekannt geworden. In einem Portfolio, das vor allem aus Rieslinggütern besteht, macht ein ausgewiesenes Sektgut Sinn. Doch deutscher Sekt, so gut er ist und so sehr er aufstrebt, hat immer noch keinen Fabrikanten, der zeigt, was möglich ist. Auch kleine Klitschen wie Raumland haben das noch nicht bewiesen. So gut die Weine auch schmecken.
Wie macht man ein Sektgut zu einem wirklich guten Sektgut? Klarer Fall: Man holt sich einen wirklich guten Schaumweinmacher. Am besten einen aus der Champagne.
Und weil Niederberger offenbar über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, hat er sich einen der besten Önologen geholt. Mathieu Kauffmann, der Weinmacher bei Bollinger, eines der besten Champagnerhäuser der Welt. Und ein absoluter Lieblingsschampus des Captain.
Kauffmann kommt aus dem Elsass und gehört zu einer Generation älterer aber wagemutiger Weinmacher, die sich eher der önologischen Klassik verpflichtet sehen. Wohlriechende und wohlschmeckende Weine, aber mit Ecken und Kanten. Individuell und dennoch mehrheitsfähig.
Kauffmann kann Riesling und Holz.
Und Kauffmann kann Riesling. Den Umgang mit der Traube hat er in seiner Jugend im Elsass gelernt. Jetzt kann er darauf zurückgreifen. Für Niederberger ebenfalls wichtig: Mit Kauffmann kommt ein Fachmann für Holzausbau nach Deutschland, große Teile der Bollinger-Weine werden in kleinen Holzfässern ausgebaut. Das ist zwar teuer, bringt aber eine andere Note in die Weine. Doch Holz ist nicht einfach. Man muss schon im leeren Fass riechen, wie der Wein am Ende schmecken wird. Holz braucht Instinkt.
Diesen Instinkt hat Stephan Attmann, der Önologe von Von Winning. Und diesen Instinkt hat auch Mathieu Kauffmann. Die Niederberger-Gruppe versammelt nun also zwei Holzspezialisten in ihrem Betrieb, Önologen, die sehr spezielle Weine machen können. Säfte, die faszinieren und polarisieren. Das ist bedeutend für Deutschland.
Weinimperium Niederberger
Denn klar ist: Niederberger schwebt ein Weinimperium nach Art Antinori oder Frescobaldi vor. Etwas für Deutschland völlig neues. Masse und Klasse unter einem Dach, gepaart mit Hotellerie und Gastronomie. Es wird noch ein paar Jahre dauern, bis man die Ernte dieser Bemühungen einfährt. Und dann wird eventuell auch Louis Vuitton anklopfen. Oder andere. Und das ist wohl auch das Ziel. Wenn Niederberger ein guter Finanzinvestor ist. Deutschland aber kriegt den Supersekt. 2015. So lange müssen wir halt warten.
Reichsrat von Buhl war auch bisher schon http://schiller-wine.blogspot.com/2012/09/winemaker-dinner-at-weingut-reichsrat.html erste Sahne. Aber es wird wahscheinlich nochmal drauflegen.
Raumland als kleine Klitsche zu bezeichnen, ist schon ein Hammer. Nicht nur, dass er Spitzensekte in seinem Weingut produziert, er versektet ja auch für etliche deutsche Spitzenweingüter und es gelingt ihm auch meistens, das typische der jeweiligenWeingüter in den Sekten heraus zu arbeiten. Einer meiner Favoriten ist der Chardonnay-Sekt von Knipser. Und die Erkenntnis, dass in kleinen Holzfässern gelagerte Grundweine für verschiedene Sekt-Stile hilfreich sind, hat sich längst auch in D herum gesprochen.
Als Verbraucher finde ich es klasse, tolle Sekte von Raumland, Bassermann, von Buhl zu erschwinglichen Preisen zu bekommen. Ich jedenfalls brauche kein Nobel-Sektweingut in D mit 600.000 Flaschen Ausstoß und horrenden Preisen.
Nichtsdestotrotz finde ich toll, wie sich Bassermann, von Buhl und vor allem von Winning zur Zeit weiter entwickeln.
„hat jetzt von Buhl übernommen…?“. Von Buhl ist schon seit 2005 im Besitz von Niederberger.
Ab 1989 war R. von Buhl von den Vorbesitzern, der Familie von und zu Guttenberg (!!!) an das Unternehmen Tokuoka (Japan) verpachtet. Der Pachtvertrag endet im Dezember 2013, so dass Niederberger erst zum 1.1.14 das Weingut operativ übernehmen kann.
Bericht bleibt für mich irreführend bzgl. der Aussage, dass Niederberger jetzt ein weiteres Weingut übernommen hat…es stimmt so einfach nicht, da die Übernahme schon vor einigen Jahren stattfand. Aber es gibt sicherlich Wichtigeres im Leben 😉
kleine Klitsche Raumland????? da müssen sich ja ne Menge
„Fachleute“ irren, bei all den Höchtsbewertungen die Raumland schon bekommen hat, und als Champagner ist er bei Blindproben auch schon durchgegangen ( Triumvirat), ich bin mal gespannt was der Franzose bei von Buhl so hinkriegt
Liebe Grüße
Stefan Benner
Gehört Buhl nicht schon seit ca.8 Jahren zur
Niederberger-Gruppe?
Ich vermute übrigens dass Raumland gerne die „kleine Klitsche“ bleibt solange die Qualitäten so überragend sind.
Das ist mir ohnehin lieber als die Häuser in der Champagne die ihre Prestige-Cuvée in Millionenauflage für deutlich überteuerte Preise auf den Markt kippen.
Kleine Klitsche war nie negativ gemeint und warum Buhl erst jetzt verfügbar wird erfahren Sie, wenn Sie die Posts weiter oben lesen..
Das hätte aber der Artikel rüber bringen müssen und nicht die Posts und dass ist dem Schreiber dann leider gar nicht gelungen