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Deutsche Lagen: Die Nonnen am Berg

Frau Breuer, der Steilhang und die Schifffahrt...
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Willkommen im Beamten-Irrsinn. Captains Maat Felix Eschenauer erzählt, warum ein legendärer Winzer seinen Welt-Riesling nicht Erstes Gewächs nennen durfte. Der Wirbel um die Lage Rauenthaler Nonnenberg
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Im Rheingau ist es flach. Überwiegend flach. Aber es gibt auch einige berühmte Berge. Und die sind dann häufig auch sehr gute Weinlagen: Johannisberg, Rüdesheimer Berg, Gräfenberg. Und es gibt den Nonnenberg. In Rauenthal. Das ist da, wo der Rheingau bald schon wieder aufhört. Weiter hinten ist nur noch Hochheim. Und das ist, wenn man genau hinsieht, ohnehin ein ganz eigenes Gebiet. Behaupte ich. Aber das wird auch bestritten.

Rauenthal besitzt einen ganze Reihe vortrefflicher Lagen, der Nonnenberg sticht aus mehreren Gründen deutlich heraus: 1.) Der Weinberg ist markant. Er wird von einer klassizistischen Villa geziert, so dass die Anlage aus der Ferne wie ein Schlösschen im Médoc wirkt. 2.) Das Weingut Georg Breuer ist der Alleinbesitzer des Wingerts – erkennbar an der Aufschrift „Monopol“ auf den Etiketten des Hauses. Das hatte man wohl im Burgund gesehen und das Burgund war schließlich das Vorbild für den Breuer’schen Weinstil schlechthin. 3.) Obwohl im Rheingau nahezu jeder Rübenacker als „Erstes Gewächs“ klassifiziert worden ist, hat man dem Nonnenberg diese Ehre verwehrt. Warum das trotzdem eine der besten Rieslinglagen der Welt ist und weshalb man ihm die formale Anerkennung verwehrte, dazu später.

Der Name Nonnenberg erinnert an das ehemalige Kloster Tiefenthal, das Besitz in Rauenthal hatte, den Hang roden ließ und die Reben pflanzte. Das muss ungefähr um die Mitte des 12. Jahrhunderts gewesen sein. Bis zur Säkularisation waren die Nonnen Hüterinnen des Weinbergs. Der ist nach Süd/ Südwest ausgerichtet und hängig bis steil. Auf rund 6 Hektar stehen die teilweise über 50 Jahre alten Reben auf einem tiefgründigen, teils lehmigen, teils schiefrigen Boden, der mit Quarziten durchsetzt ist. Das gibt saftige, in ihrer Jugend oft von kerniger Säure geprägte Rieslinge.

Breuer, der Visionär

Das Weingut Breuer ging 1910 aus dem Besitz des Handelshauses Scholl & Hillebrand hervor und wurde unter der Regie des 2004 mit 57 Jahren zu früh verstorbenen Bernhard Breuer eines der besten Weingüter Deutschlands. Bernhard Breuer war ein Visionär – der geistige Vater und Vorreiter der Großen Gewächse. Er initiierte das „Comitée Erstes Gewächs“ und legte damit den Grundstein für ein Umdenken bei der Herstellung trockener Rieslingweine. Damit machte er sich nicht nur Freunde. Als das Land Hessen der Bezeichnung „Erstes Gewächs“ als erstes und einziges Bundesland den Status einer weinbaurechtlichen Bezeichnung gab, war Breuer der letzte, dem dies gefiel. Denn das Modell „Erstes Gewächs“ hatte nicht mehr viel mit dem gemein, was sich sein Komitee einst erdacht hatte. Die Lagen waren unter anderem auf der Basis von Klimawerten erstellt und klassifiziert worden. Man hatte nur das Mostgewicht im Sinn. Ein Humbug. Der Nonnenberg wurde dann auch nicht als „Erstes Gewächs“ verbucht.

Als Reminiszenz will ich einen Nonnenberg vorstellen, der noch unter Bernhard Breuers Leitung gekeltert wurde. Aber auch nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass auch die neuen Jahrgänge aus dem Nonnenberg Größe zeigen. Denn sowohl Breuers Tochter Theresa, als auch sein Bruder Heinrich sind begnadete Winzer, die die großen Fußstapfen problemlos ausfüllen.

Achtundneunzig aus der Magnum

Der 1998er hat den Vorteil, dass er aus der Magnum kommt. Das hat ihm eine Frische bewahrt, die man aus der 0,75 Liter-Flasche nicht mehr erwarten darf. Die Nase zeigt reife, satte Würze von einem Apfel- und Quittengelee, das mit Muskat und Zimt verfeinert wurde. Auch Zitrusabrieb und nasser Schieferstein strömen aus dem Glas. Das Glas sollte groß sein – für viel Luft und den großen Schluck! Am Gaumen ein kompakter, kräftiger Wein, der an große Elsässer erinnert. Eine Mischung aus saftiger, mundfüllender Frucht und kühler Würze und Spannung. Bitte nicht zu kühl trinken.

Das Pendant aus 2008 ist viel zu jung, kann aber nach mehrstündiger Badezeit in der Karaffe schon Spaß machen: Ein eher leichter Nonnenberg (12 % Alkohol), der schlank, ja fast sehnig ist. Ein Knochen mit Geschmack aber sehr wenig Fleisch. Viel Zitrusfrucht, reifer, rotwangiger Apfel, salzige Noten, kraftvolle, markante Säure.

 

Datum: 20.1.2011 (Update 26.8.2014)
 

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