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Das große Glühweinen

Die schöne Marta trinkt hoffentlich Winzerglühwein.
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Sein Duft gehört zur winterlichen Innenstadtromantik wie gebrauchtes Fritierfett: Glühwein, der geschmacklich kaum von den Pappbechern zu unterscheiden ist, in denen er dargereicht wird. Christoph Hahn nennt erfreuliche Ausnahmen.
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Deutscher Glühwein kam als industriell vorgefertigtes Produkt erstmals im Winter 1956 auf den Markt. Zugeschrieben wird dies einem gewissen Rudolf Kunzmann, der in Augsburg eine Ein-Mann-Weinkellerei betrieb.

Kunzmann beging zugleich einen Fehler, der ihm ernsthafte Schwierigkeiten brachte. Er füllte nämlich zusammen mit Wein und Gewürzen auch Zucker auf die Flasche. Dessen Verwendung war damals jedoch noch verboten, und so schickte ihm das Markenamt der Stadt Augsburg einen Bußgeldbescheid ins Haus, der somit zugleich das erste Dokument von fertig fabriziertem Glühwein ist.

So schreibt man Geschichte.

Der massenhaften Einheitsbeglückung zum Trotz bieten deutsche Winzer zunehmend Glühweine mit individuellen Rezepten aus eigener Herstellung an, zum Teil sogar in Bio-Qualität. Fruchtbetonte Rotweine aus den deutschen Anbaugebieten eignen sich sehr gut für aromatischen Glühwein. Durch die Erwärmung kommen die an rote Früchte erinnernden Weinaromen noch stärker zum Ausdruck und ergeben eine wundervolle Harmonie mit den würzenden Zutaten. Auch weiße Glühweine finden sich im Angebot, etwa aus Riesling oder Müller-Thurgau.

Wer Glühwein selbst zubereiten will, hält sich am besten an ein Rezept, das der Captain vor Jahren veröffentlichte:

So macht man guten Glühwein

Preislich liegt Winzerglühwein auf der günstigen Seite. Im Regal des Discounters ist ein Getränk gleichen Namens sogar schon für zwei Euro zu haben. Doch ob der Sud in der Flasche (oder im Karton) mit dem Glühwein vom Winzer mehr als den Namen gemein hat, muss bezweifelt werden. Im Handel jenseits der großen Ketten kommt eine Flasche im Allgemeinen zwischen 3,60 und fünf Euro zu stehen. Sieben Euro sind das Maximum.

Weinrechtlich gesehen handelt es sich bei Glühwein um ein „aromatisiertes weinhaltiges Getränk“, das ausschließlich aus Rotwein oder Weißwein hergestellt und gesüßt, sowie gewürzt wurde. Der Zusatz von Alkohol ist ebenso verboten wie der von Wasser oder Farbstoffen. Der vorhandene Alkoholgehalt muss mindestens sieben und weniger als 14,5 Volumenprozent aufweisen.

Glühwein, der die Zunge wie Geist befeuert und dabei auch den Körper berührt; Glühwein, der immer wieder anders schmeckt und nicht dem Massengeschmack gemäß konfektioniert ist; Glühwein, der Flasche für Flasche aus wertvollen Zutaten hergestellt wird – ja, den gibt es. Und der Captain weiß, wo er steht:

Glühwein ist ein Getränk, das bis in die Neuzeit hinein in jedem Haushalt nach Geschmack und Bedarf zubereitet wurde. So heißt es in einem der wichtigsten deutschen Kochbücher, dem „Praktischen Lehrbuch für die bürgerliche und feine Küche“ der Pfarrerstochter Henriette Davidis aus Witten an der Ruhr von 1845:

Man setzt ½ Flasche guten Rotwein mit 2 oder 3 Gewürznelken und etwas Zimt verdeckt aufs Feuer, dann süßt man ihn nach Geschmack und lässt ihn 2–3 Minuten kochen. Man serviert ihn in Gläsern, nachdem man ihn vorher durch ein Sieb gegossen hat.

Das älteste überlieferte Rezept ist noch ein paar Jahre älter, nämlich von 1843, und wurde von dem Schriftsteller August Josef Ludwig von Wackerbarth aufgeschrieben.

Pro Kanne (knapp ein Liter) vier Loth (ein Loth entspricht knapp 16 Gramm) Zimt, zwei Loth Ingwer, ein Loth Anis, ein Loth Granatapfel, ein Loth Muskatnüsse, ein Loth Kardamom sowie ein Gran (heute rund 60 Milligramm) Safran, gesüßt mit Zucker oder Honig.

Der römische Gourmet und Schriftsteller Apicius beschrieb 30 vor Christus ein Rezept für Würzwein, das heutigen Empfehlungen für Glühwein durchaus ähnelt: Zimt, Lorbeer, Sternanis, Koriander und Thymian sowie eine große Portion Honig sollte in den Wein gegeben werden.

Selbst in der Literatur hat der Glühwein seine Spuren hinterlassen. So bietet ein Verlag unter dem Titel → Tödlicher Glühwein einen Band mit Weihnachtskrimis an, stolze 21 an der Zahl.

Ein Mitbewerber hält ähnlich kriminell in der Formulierung des Titels mit, doch sehr viel erfreulich im Inhalt → Blut ist dicker als Glühwein und lässt seinen Autor in allerlei amüsanten Szenen vom Umgang mit den lieben Verwandten unterm Christbaum erzählen.

Marit Bernsons → Ein Punsch zuviel (immerhin ist Punsch ein artverwandtes Getränk) enthält zwischen den Buchdeckeln zur Abwechslung mal eine Liebesgeschichte, derweil → Glühwein, Schnee und Harzer Knüppel wieder kriminelle Töne anschlägt und mit dem Charme des Mittelgebirges auf dem Titel punktet.

Ach ja, der Punsch. An dem soll sich mit Ernst Theodor Amadeus Hoffmann einer der ganz großen Erzähler der deutschen Romantik totgesoffen haben.

 

Datum: 13.12.2019
 

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