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Coole US-Pinots: bitte nicht verstecken!

Winemaker Sashi Moorman mit Ehefrau Juliet.
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Der Captain trinkt hocheleganten, coolen und leichten kalifornischen Pinot Noir. Ja, das gibt es auch - neben den bekannten Bomben, für die das Anbaugebiet berüchtigt ist.
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Es ist nicht leicht, Weine aus Kalifornien zu finden, die dem europäischen Gaumen gefallen. Der amerikanische Binnenmarkt verlangt nach gehaltvollen Brummern, die das Maul mit viel Aroma fluten – oft zu dick aufgetragen für unsere Zungen. Doch es gibt auch „coole“ Weine, man muss allerdings danach suchen. Händler, die solche Weine im Programm haben, sind: Californiawines, Weingarten EDEN, Weinhalle, KR Weinhandel, Bacchus-Vinothek.

Der Captain notiert am 1.10.2020 in seinem (fast) täglichen Newsletter: Die Lage im großen Anbaugebiet Napa Valley spitzt sich zu. Waldbrände sind dort nicht ungewöhnlich, doch erstmals greifen die Flammen auch nach der kalifornischen Weinkultur. Namhafte Häuser wurden in den vergangenen Tagen ein Raub der Feuersbrunst. Das Weingut Castello di Amorosa war weniger für seine Weine berühmt, aber wegen seiner pittoresken Toskana-Architektur als Ausflugsziel sehr beliebt. Die Betonung liegt auf WAR, denn jetzt ist davon nur noch eine rauchende Ruine übrig.

Mit berechtigtem Stolz blicken Amerikaner auf ihre Weintradition, die erst in den 1970er-Jahren so richtig Fahrt aufnahm. Getrieben von Menschen aus dem Einwanderer-Milieu (dem – bis auf die Nachkommen der indianischen Völker – eigentlich jeder US-Bürger entstammt). Beispiele: Robert Mondavi, dessen Eltern aus den Marken (Toskana) kamen, dem genialen russischen Weinmacher André Tchelistcheff, dessen Großneffe Mark in Berlin lebt, mit dem Captain befreundet ist und einen wunderbaren Film über seinen Vorfahr drehte. Tchelistcheff führte den Gebrauch von Barriques in Kalifornien ein – neben vielen anderen Innovationen. Auch Deutsche mischten mit. Einer hieß Jacob Schram, der aus Pfeddersheim/ Worms nach Kalifornien ging. Ihm verdankt der Captain die Chance, wirklich guten US-Schaumwein im Weinhandel zu finden, wenn er im Trumpland weilt und dringend Sprudel braucht und sich nicht durch Trumps Anti-Airbus-Steuer strafbewehrte französische Importprodukte in den Ruin treiben lassen will.

US-Champagner: der billige Jacob

Weintrinken ist übrigens nicht billig in den USA. Akzeptable Qualitäten beginnen erst bei 20 USD, darunter braucht man gar nicht zu suchen. Interessante Tropfen (wie meinen heutigen Abendwein) findet man erst ab 50 USD. In welchem Weinparadies leben wir da in Deutschland, wo der typische Spartrinker schon bei 15 Euro Kaufpreis Symptome von Herzflimmern zeigt? Und die Winzer nicht fürchten müssen, dass ihr Lebenswerk verglüht.

Für hiesige Verhältnisse ist der unfassbar delikate Memorious Pinot Noir des südkalifornischen Spezialitäten-Herstellers Domaine de la Côte richtig teuer, für dortige Verhältnisse beinahe günstig, wenn man ihn erstmal im Mund spürt. Was für ein Erlebnis! Man merkt schon beim Namen des Betriebs, wohin sich winemaker Sashi Moorman orientierte. Das Ergebnis ist atemberaubend sinnlich, hochdifferenziert, aber nicht intellektuell, sondern ein Hammer von Wein, der mich nicht kalt ließ, als ich ihn auf einer Santa-Barbara-Verkostung probierte. Es war eine der letzten öffentlichen Weinproben vor dem Lockdown. In der Nase schmelzige Opulenz nach Beerenkompott, Vanilleschote, Orangenschale. Aber nicht aufdringlich, sondern angenehm und komplex. Ein Genuss, schon bevor man den ersten Schluck macht. Im Mund irre zupackend und straff nach Sauerkirsche, Blutorange, Eukalyptus, Graubrotrinde. Fleischig, saftig und von rohseidiger Struktur. Ein fesselnder, konzentrierter und dabei leichter (13% Vol.) Wein aus einem mittelgroßen Kultbetrieb im Anbaugebiet Sta. Rita Hills im Santa Barbara County. Nebel und kalte Winde dringen vom Pazifik rein, sodass hier trotz großer Tageshitze differenzierte Weine entstehen, die (je nach Weinmacher) von europäischer Stilistik geprägt sind. Dieser großartige Nobel-Pinot gehört dazu und man fragt sich, warum er (für US-Verhältnisse) nicht mal arg teuer ist.

 

Datum: 6.10.2020
 

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