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Das soll Mosel sein?

Okidoki im Weinberg: Catherina Grans.
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Ein Riesling von Winzertochter Catherina Grans aus Leiwen schmeckt ganz anders als andere Weine von hier. Weintester Christoph Hahn ging dem Phänomen auf den Grund und trank sich bis zum Flaschenboden durch.
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Wenn ein Jahrhunderte altes und etabliertes Weingut mit tadellosem Ruf und seeehr traditionellen Weinnamen (Leiwener Alte Reben Riesling trocken…) einen Wein namens „Steiles Stück“ anbietet, muss etwas geschehen sein. Erst recht, wenn der Wein mit diesem Hipster-Namen aus Trauben von den wertvollsten Parzellen des Betriebs erzeugt wurde.

Catherina Grans, die Junior-Chefin von Grans-Fassian, fordert ihr Publikum damit heraus und nimmt es mit an die steilste Stelle der Leiwener Laurentiuslay. Die Hänge der Ley sind nach Süden bis Südwesten ausgerichtet und decken 18 Hektar Rebfläche ab. Neben jenen von Grans-Fassian stehen dort die Stöcke weiterer namhafter Betriebe, unter anderem von Carl Loewen und St. Urbans-Hof. Wirklich heftig geht es da bergan. Catherinas Reben stehen dort seit mehr als 100 Jahren in Einzelpfahl-Erziehung auf kargem Boden. Maschineneinsatz ist unmöglich, die antiquierte Anbaumethode verlangt pure Handarbeit.

Der Winzerin schenkt dieses Terroir nichts. Unwegsam liegt der verwitterte Blauschiefer im Hang. Jeder Schritt birgt die Gefahr auf dem Geröll auszurutschen und sich die Knochen zu brechen. Es scheint, als sei etwas von dieser kompromisslosen Härte auf den Wein übergegangen. Denn das Steile Stück zeigt klare Kante. Einen Gaumenschmeichler wollte die junge Frau Grans (Jahrgang 1988) offensichtlich nicht abliefern. Dafür gibt es hier fast hundertprozentige Authentizität. Eine, die die raue Wirklichkeit in der Grans-Fassianschen Parzelle nahezu 1:1 auf die Flasche bringt.

Rieslingfans, die auf knochentrockene Gewächse stehen, kommt dieser Wein wie gerufen. Hier bin ich, so bin ich, scheint er mir mit jedem Schluck entgegenzurufen. Und noch hinzuzufügen: Nehmt mich so, wie ich bin; oder lasst es halt sein.

Das Steile Stück ist auch ein Gegenentwurf zum filigranen Moselstil. Denn dieser Wein macht sich kein bisschen fein. Catherinas Trauben wurden inklusive Rappen eingemaischt, tagelang mir den eigenen Hefen vergoren und erst nachher abgepresst. Dann ab in den Stahltank, dort fertigfermentiert und für ein Jahr auf der Hefe liegengelassen.

Das klingt schon fast nach Naturwein. Was sagen die werten Stammkunden dazu? Ach so, um die geht es gar nicht. Dieser Wein ist nämlich die Visitenkarte einer jungen Winzerin, die sich anschickt, einen Traditionsbetrieb zu übernehmen. Er ist eine Duftmarke. Ihre eigene Silhouette im Biedermeier-Stil ließ Catherina Grans sicherlich nicht gedankenlos auf das Etikett setzen.

Grans-Fassian gilt als Top-Adresse für Moselriesling. Und weil dieser Name rund um den Erdball was zählt, muss man bei einem Händler in Hongkong für eine Trockenbeerenauslese aus der Trittenheimer Apotheke (Jahrgang 2011) umgerechnet fast 1.000 Euro auf den Tisch blättern. Ich stelle mir vor, wie ein reicher Chinese einen Schluck Steiles Stück im Mund die Augen rollt. So einen Moselwein hat der sicher noch nicht probiert. Mit ziemlicher Wucht füllt sein Duft die Nase, ebenso wie er mit großer Geste Zunge, Geschmacksknospen und umgebende Schleimhäute flutet. Er ist schon sehr besitzergreifend. Einer, der die Richtung vorgibt. Im Mund mineralische Würze, auch viel Salz und weißer Pfeffer. Lieblichkeit geht wirklich anders. Das heißt aber nicht, dass sich die Frucht ganz zurückgezogen hätte. Aprikose und Mirabelle zeigen sich, grüner Apfel und weißer Pfirsich. So viel Mosel-Typizität muss dann eben doch sein.

Ja, das Steile Stück wirkt schon verdammt charakterstark. 2011 war der erste Jahrgang. Seit 2016 ist Catherina auch für die klassische Linie des Hauses verantwortlich. 2019 soll ihr der Stab ganz offiziell übergeben werden. Es ist großartig zu sehen, wie kluge Väter rechtzeitig loslassen, um jungen Frauen den Weg frei zu machen.

Papa, ich mach jetzt mein Ding

Anfänglich war sich Catherina Grans übrigens gar nicht so sicher, ob sie den Fußstapfen ihres Vaters folgen soll und tat sich darum zunächst im Bankfach um. Nach dieser Ausbildung in Frankfurt allerdings studierte sie an der Weinbau-Hochschule in Geisenheim und absolvierte diverse Praktika, unter anderem im Napa Valley. Nach weiteren Weinstudien in Montpellier, Bordeaux und Lissabon darf sich die Juniorchefin ausgelernt fühlen.

 

Datum: 21.4.2019 (Update 19.12.2019)
 

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