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Wie ich das Eichenfass besiegte

Zwischen den Rebzeilen von Gut Boekenhoutskloof.

Semillon

Semillon

Boekenhoutskloof, Südafrika

25,90 €

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Was tun, wenn edler Weißwein aus dem Eichenfass lockt, der aber noch viel zu jung ist? Aufmachen, kosten, warten, kosten, warten etc.
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Weißwein aus dem Barrique muss liegen. Und liegen. Und liegen. Da hilft nichts. Zu früh aufgemacht schmecken diese Weine vordergründig nach Holz und flach. Aber es gibt da einen Trick.

Das Weingut Boekenhoutskloof, bekannt für seinen gelungenen Rotwein The Chocolate Block, liegt in Südafrikas Kapregion In Franschoek am Ende des Tals.

Lest meine Weinbesprechung über The Chocolate Block:

Die zwei Weinmacher Marc Kent und Rüdiger Gretschel sind extrem innovativ und gehen ohne Konventionen an ihr Handwerk heran. Es ist eine eigene önologische Moderne, geboren in der Neuen Welt.

Neue Welt? Südafrika ist ja beileibe kein junges Weinland.

Wein wird dort seit dem 17. Jahrhundert kultiviert. Deswegen gibt es viele alte Rebstöcke. Die ersten Sémillon-Weingärte von Boekenhoutskloof wurden 1902 auf lehmigen Böden angelegt und 1942 dann um weitere Flächen (auf sandigem Untergrund) erweitert. Keine Drahtrahmenerziehung. Büsche.

Die Sémillon-Trauben auf Boekenhoutskloof sind eine eigene Mutation. Bei der Lese landen rote und weiße Früchte in den Kisten, sodass man meint, jemand hat da was durcheinandergebracht. Aber nein, an den Rebstöcken hier hängen auch Sémillonbeeren mit roten Schalen.

Es stellte sich heraus, dass die alten Sémillon-Trauben in den Lagen von Boekenhoutskloof anders reifen und viel weniger grüne Aromen produzieren, als sonst bei dieser Rebsorte üblich.

Deshalb wenden die Weinmacher beim Ausbau eine ungewöhnliche Methode an.

Man bringt die frisch gefüllten, neuen Barriques in einen auf acht Grad gekühlten Raum. Der Wein liegt dann 13 Monate im Holz, ohne Schwefelzugaben. Auf Boekenhoutskloof ist man der Ansicht, dass durch die tiefe Temperatur die Extraktion des Barriques gering bleibt.

Ich habe mir eine Flasche dieses vielversprechenden Weins kommen lassen. Aber die Lese ist erst drei Jahre her. Viel zu jung!

Boekenhoutskloofs Sémillon ist auf 10 Jahre Reifezeit ausgelegt, so wie bei edlen Bordeauxweinen. Dazu fehlt mir die Geduld und die Neugier brennt.

Was tun?

Ich gehe der Flasche trotzdem viel zu früh an den Kragen.

Oft klappt das, wenn man sich etwas Zeit lässt.

Denn wer so einen Wein jünger trinken will, der muss die Flasche lange vorher öffnen. Und ihn an die Luft lassen.

Etwa auch karaffieren? Nein, ich wähle die langsame Methode. Aufmachen, kosten, abwarten, kosten etc.

Ich will mich langsam rantasten.

Hier ist mein kleines Sémillon-Tagebuch.

Tag 1:

Was für eine schwere Flasche! Schnörkelloses Etikett aus hochwertigem Papier. Langer Korken der besten Qualität, Korkbrand oben & unten. Der kostet richtig Geld.

Alles in allem eine hochwertige Aufmachung mit Stil. Das Auge kauft mit.

Angesichts des hochwertigen Drumherums ist Skepsis angebracht. Wie schmeckt der Inhalt?

Wenn dieser Tropfen nur halb so gut ist, wie der Korken lang und die Flasche schwer, dann wird das ein grandioser Genuss.

Also Flasche auf.

Großes Glas, noch zu kühl der Inhalt, junge Eiche. Mit mehr Zeit und Wärme macht das Barrique einen Schritt zurück. Dafür tritt ganz sachte die sehr engmaschige Frucht mit ihren vollreifen Quitten, dem Kalkgestein und den süßlich-herben Zitrusnoten nach vorne.

Faszinierend am Boekenhoutskloof-Sémillon ist auch die Struktur. Noch längst nicht alles preisgebend, mit angezogenen Zügeln, ein Vierspänner, der noch etwas braucht, um auf Touren zu kommen. Auch nach drei Stunden hat das Barrique den Wein immer noch nicht richtig im Griff. Der Richter vertagt die Sitzung deshalb auf morgen.

Tag 2:

Erster Schluck bei perfekten 14 Grad und der Boekenhoutskloof schmeckt schon ein ganzes Stück besser, weiter.

Die Frucht klopft an, unser Sémillon öffnet diese aber noch vorsichtig. Zur Begrüßung noch keine volle Umarmung. Aber immerhin Körperkontakt. Das Ganze ist nun engmaschiger, das Holz zieht sich immer mehr zurück. Urteilsverkündung nochmals verschoben. Auf morgen.

Tag 3:

Wir sind angekommen. Dichte, samtige wirkende Frucht. Das Holz stützt und hat seine Dominanz verloren. Alles ist viel feiner und balancierter.

Die moderate Säure bleibt in der Balance und kommt erst nach mehreren Schlücken zum Vorschein. Und dann ist da diese herbe, an frische Quitten erinnernde, leicht bittere Note. Edel. Ein Hauch von Mandeln. Freispruch.

Der Wein hat die erlaubte Dosis Barrique nicht überschritten. Er klammert nicht mehr. Befreit kommt der erdige Sémillion jetzt am Gaumen und in der Nase an. Als ob er nach einem Schnupfen erstmal wieder frei schnaufen kann. Das Holz steht im Nebenzimmer. Als Reserve für ein längeres Vergessen in irgendeiner Kellerecke.

 

Datum: 18.4.2018