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Pinot-Romanze: Benedikt & Julia

Seltenes Bild: Julia Bertram und Benedikt Baltes auf einem Foto.
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Ein Winzerpaar, zwei Weingüter. Julia Bertram und Benedikt Baltes lieben die Rebsorte Spätburgunder (Pinot Noir). Trotzdem macht jeder sein eigenes Ding. Mein Weintester Thorsten Mücke prüfte nach, wie diese Pinomanze (kurz für Pinot-Romanze) schmeckt.
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Es begab sich, dass im wildromantischen Rotweintal an der Ahr eine schöne Weinkönigin und ein schnittiger Winzersohn sich ineinander verliebten.

Der Winzersohn wurde zum Winzer und ging nach Klingenberg in Churfranken. Dort brachte er zusammen mit einem Chinesen namens Xu ein altehrwürdiges Rotweingut zu neuem Glanz.

Seine Gefährtin studierte derweil Önologie und Weinbau und gründete in der Heimat am Hof ihrer Mutter und Tante ein eigenes kleines Weingut.

Die Weinkönigin heißt Julia Bertram und der junge Winzer Benedikt Baltes. Beide sind nicht mal dreißig, haben viel Mut und Talent und sind vielleicht das Beste, was dem deutschen Spätburgunder geschehen konnte.

Und beide betreiben jeweils ihr eigenes Spätburgunderweingut.

Benedikt Baltes möchte möglichst bald alle Rebflächen auf die edle Rebsorte umstellen. Julia Bertram hat das schon getan, mit der Ausnahme von ein paar Stöcken Frühburgunder.

Beide Weingüter liegen 234 Kilometer voneinander entfernt, wovon sich die beiden aber nicht trennen lassen.

Im Gegenteil, eigentlich machen sie auf beiden Gütern gemeinsame Sache und unterstützen einander, wo es geht.

Julia verbringt die meiste Zeit in Klingenberg, denn das Weingut dort ist viel größer und es gibt mehr zu tun. Auch die eigenen Weine transportiert sie nach der Ernte den langen Weg dorthin, um sie bei Benedikt auszubauen.

Julia Bertram und Benedikt Baltes sind nicht nur ein ein Paar und auch beruflich die besten Gefährten, sie haben auch eine gemeinsame Vision. Sie wollen Spätburgunder machen, die anders sind als die meisten anderen in Deutschland.

Was das heißt?

Ihr Wein soll nicht überreif, karamellig oder süß schmecken.

Im Gegenteil, frisch und trocken soll er sein und vor allem Finesse besitzen. Alkohol und Holz so viel wie nötig, Säure gern ein bisschen mehr. Vor allem soll man von ihren Weinen nicht satt werden. Sie sollen beleben, Schluckreflexe auslösen. Man soll das Glas nicht abstellen wollen, bis die Flasche leer ist.

Wie das gelingt?

Die Beeren dürfen nicht zu viel Zucker haben, denn sonst wird der Wein süß oder fett. Die Trauben müssen reif werden, ohne viel Sonne abzubekommen.

Dafür sorgt der Winzer mit aufwendiger Laubarbeit. Er kann nicht einfach alle Blätter wegschneiden, sondern muss darauf achten, dass die Trauben das ganze Jahr über beschattet werden. Luft brauchen sie natürlich auch, die bekommen sie dann nur von der Schattenseite, auf der tief in die Reben hineingeschnitten wird.

All das macht schon viel Arbeit, und es kommt noch einige hinzu.

Um intensiv schmeckendes Extrakt zu erzeugen, müssen die Erträge niedrig gehalten werden, was nur durch unzählige Vorlesen gelingt.

Dazu kommen aufwendiger Rebschnitt, schonende Düngung und Schädlingsabwehr sowie eine sorgfältige Pflege der Begrünung. Bei Benedikt Baltes kümmert sich mittlerweile sogar eine Schafherde um die Böden in den Steillagen.

In ihrer Hingabe zum Spätburgunder ist es nur konsequent, dass Julia Bertram und Benedikt Baltes auch auf den Blanc de Noir setzen, den weißen Wein der Rotweinwinzer.

Auch daraus kann große Weine machen, wenn man gesunde Trauben hat und Säure und Frucht des Pinots zu erhalten weiß.

Im Vergleich der beiden Weine ist der von Benedikt Baltes etwas versöhnlicher, er sorgt mit dem Holz für ein bisschen Cremigkeit und hat hinten sogar eine kleine Zuckerspitze. Das macht ihn sehr komplett und sorgt für einen aufregenden Verlauf.

Julia Bertram aber pfeift auf Charme. Ihr Wein ist ein wildes Spiel von Säure, Salz und einer wunderbaren extraktsüßen Frucht. Er ist mutig und komplex, will erklommen werden, und es macht sogar Sinn, ihn für ein, zwei Jahre in den Keller zu legen.

Das Geheimnis solch charakterstarken weißen Rotweins ist, sehr früh zu lesen. Genau dann, wenn die Trauben gerade reif sind.

Danach erfolgt eine besonders sorgfältige Behandlung der Trauben im Keller. Sie werden nicht angedrückt, sondern schonend in ihrer Gänze gepresst, um bloß keine Bitterstoffe an den Saft abzugeben. Der Most muss sofort von den Schalen abgeführt werden, damit er wirklich farblos bleibt.

Julia Bertram und Benedikt Baltes machen das sehr sorgfältig, ihre Weine haben nicht mal den kleinen Rotstich, der in vielen Blanc de Noir sonst üblich ist.

Im Keller erfolgt die Vergärung spontan auf den eigenen Hefen, worauf die Weine dann noch ein halbes Jahr liegen bleiben. Benedikt Baltes benutzt dafür große Holzfässer. Julia Bertram zähmt ihren Blanc de Noir ausschließlich im Stahltank.

Ein Weinstil, zwei Weine, zwei Liebende. Beide werden in Weinberg und Keller ähnlich behandelt, und doch gibt es einen einzigen, deutlichen Unterschied.

Während der eine auf Devon-Schiefer an der Ahr wächst, kommt der andere vom Buntsandstein, einem kargen roten Gestein aus Sandstein und Ton.

Schmeckt man das den Weinen an – die Arbeit, die Böden, die Herkunft? Und sind sie wirklich besser als konventionelle Blanc de Noir?

Die Antwort ist: Ja.

Das alles, und noch viel mehr. Beide Weine sind enorm frisch, saftig und nachhaltig. Sie reißen Dich mit in einem Strom aus belebender Säure und puffern das mit viel Extrakt.

Diese Weine sind Leben pur. Sie sind vielseitig, balanciert, säurefrisch und haben wenig Alkohol. Man merkt gar nicht, wie man sich damit betrinkt. So, wie das sonst nur Champagner kann.

Beide Weine überraschen und beeindrucken in hohem Maße. Aber sie sind auch ein Statement: Blanc de Noir hat einen eigenen Charakter. Den herauszuarbeiten, gelingt jedoch nur, wenn ein Winzer mit Ambition ans Werk geht.

Julia Bertram und Benedikt Baltes können sowieso nicht anders. Das gilt übrigens auch für ihre Rotweine.

 

Datum: 25.9.2018
 

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