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Was ist bloß mit unseren Journalisten los?

Wen interessiert eigentlich noch, was ihr berichtet? Foto via flickr
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Eigentlich wollte unser Weintester Patrick Hemminger hier über Wein schreiben. Aber dann stolperte er über eine Nachricht, die ihn ablenkte.
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Seid ihr denn alle von gestern?

Eine große deutsche Nachrichtenhomepage empfängt mich auf ihrer Startseite mit folgendem Artikel: „Tochter krank – Vizekanzler Gabriel nimmt sich frei“. Eine schnelle Google-Suche zeigt, dass es diese Neuigkeit tatsächlich auf mehrere bedeutende Seiten im Netz geschafft hat.

Mein erster Gedanke ist Verwunderung. Wo ist der Nachrichtenwert? Der zweite – wenn dieser Umstand in den Augen mehrerer Homepagechefs tatsächlich von Bedeutung ist, was sagt das über unser Land und seine Journalisten aus?

Es ist nicht das erste Mal, dass Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit familiären Dingen an die Öffentlichkeit geht. Als er zum Beispiel ankündigte, jeden Mittwochnachmittag seine Tochter von der Kita abzuholen, brachte ihm das eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Beim Großteil seiner Wähler wird das gut angekommen sein. Das weiß Gabriel und man kann es ihm schlecht vorwerfen. Er ist nun mal Politiker, und die müssen populär sein.

Mich wundert nur, dass offenbar in mehreren Nachrichtenredaktionen Journalisten denken: „Tochter ist krank, berufstätiger Vater bleibt zuhause. Wow!“ In meinen Augen ist Gabriels Verhalten die normalste Sache der Welt. Kind krank. Frau arbeitet. Mann bleibt zuhause. Ja und? Glaubt irgendjemand, dass das Wirtschaftsministerium zusammenbricht, nur weil der Chef mal für ein paar Tage fehlt?

Ich meine, wir sind hierzulande längst nicht so offen und modern, wie alle rundherum tun. Offenbar glauben immer noch viele an zwei Dinge, die auf mich wie aus der Zeit gefallen wirken: Wenn’s drauf ankommt, sind die Kinder Frauensache. Und wir Männer sind in unseren Jobs unersetzlich.

Wie naiv ist das denn bitteschön? Schon mal so ein fieberndes Würmchen auf dem Arm gehabt, das voller Verzweiflung deinen Pulli mit Rotz und Wasser vollheult bis es wimmernd einschläft? Wie kann man auf die Idee kommen, im nächsten Meeting werde man dringender gebraucht?

Mannmannmann. Da bleibt doch nur der Griff zur Flasche. Ich schnappe mir einen Rotwein aus dem südfranzösischen Languedoc. Dunkel schwappt der durch mein Glas. Kein Wunder, die Rebsorten Syrah und Grenache sind ja auch keine Leichtgewichte.
In der Nase habe ich reife Kirsche, etwas Heidelbeere und Brombeere, dazu ein paar pfeffrige Noten und einen Hauch von schwarzer Olive.

Ich nehme einen Schluck. Sehr schön! Dieser Wein hält die Balance zwischen Frucht (Brombeere und Kirsche) auf der einen Seite sowie Würze (südfranzösische Kräuter und schwarze Olive) auf er anderen. Im Abgang kommen noch Noten von Kaffee und Bitterschokolade hinzu. Einziger Wermutstropfen: Die 14 Volumenprozent Alkohol sind auch zu spüren. Prost, Sigmar!

Das ist ein würziger Südfranzose mit sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Zu diesem Wein esse ich am liebsten ein Roastbeef oder eine Pasta mit Steinpilzen.

 

Datum: 9.2.2016
 

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