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Trinkt mehr deutschen Portugieser!

Hach, wie entspannend!
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Wenn ich an deutschen Rotwein denke, fällt mir eher selten die Rebsorte Portugieser ein. Das ist ein Fehler.
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Lasst mich von meiner kürzlich erfolgten Bekehrung zur Rebsorte Portugieser erzählen. Es war ein Erleuchtungerlebnis, das mir aus Rheinhessen zugeschickt wurde.

Aber zuerst ein paar nüchterne Fakten, damit sich jeder auskennt.

Portugieser hat den Ruf eines unkomplizierten, süffigen und angenehmen Schoppenweins. Als solcher ist er bekannt und beliebt. Viele Winzer bauen ihn auch als Weißherbst aus, dann ist er ein frischer Sommerwein.

Weißherbst, das ist deutscher Rosé, der aus einer einzigen roten Rebsorte gekeltert wurde. Außerdem stammen alle Trauben aus einer Lage.

Immerhin ist Portugieser nach Spätburgunder und Dornfelder die drittwichtigste rote Rebsorte hierzulande. Er wächst auf etwa 3.500 Hektar, das sind knapp vier Prozent unserer Weinberge. Die meisten Reben stehen in der Pfalz (1.700 Hektar) und in Rheinhessen (1.400 Hektar).

Der Portugieser stellt geringe Ansprüche an den Boden und die Lage. Sofern Spätfröste nicht den Austrieb beschädigen, kann sich der Winzer bequem zurücklehnen. Die Reben liefern zuverlässig ihren Ertrag und sind manchmal schon in der ersten Septemberhälfte reif.

So weit so unspektakulär. Portugieser war bislang keine Rebsorte, nach der ich mir die Finger leckte. Sicher, hier und da gab’s mal einen schönen Tropfen. Aber so richtig begeistert haben mich bislang nur sehr wenige.

Gestern hatte ich so eine Ausnahme im Glas und die solltet Ihr euch dringend mal genauer anschauen. Der Tropfen kommt vom Weingut Zimmer-Mengel aus Rheinhessen.

Der Betrieb liegt inmitten von Weinreben am Ortsrand von Engelstadt. Das ist nicht nur wunderschön, sondern auch schlicht praktisch. Bei der Lese sind die Trauben ratzfatz im Keller, da geht nichts auf langen Transportwegen kaputt.

Die Weinberge des Guts liegen relativ hoch, die Trauben reifen langsam und spät. Das bringt mehr Aromen in den Wein.

Auch die Böden der 20 Hektar von Zimmer-Mengel sind klasse. Sie bestehen aus Ton und Kalkmergel, dadurch bekommen die Weine eine Frische, die mitunter salzig-pikant wirken kann.

Die Mengels machen Weine in drei Qualitätsstufen: Gutsweine, Ortsweine und Lagenweine. Der Portugieser, den sie mir geschickt haben, zählt zur lobersten Kategorie. Die Rebstöcke wachsen an den Südhängen des Jugenheimer Goldbergs, dort bekommen sie eine Menge Sonne. Die Trauen bleiben lange am Stock, damit sie bei der Handlese so richtig pickepacke voll mit Aromen sind. Nach der Gärung reift der Wein 18 Monate lang in Barriques, das sind die kleinen Eichenholzfässer mit einem Fassungsvermögen von 225 Litern.

All das las ich, bevor ich den Wein entkorkte.

So wird Roséwein hergestellt

Da war mir schon klar, dass der Anspruch der Winzerfamilie hier ein anderer ist. Das würde kein Feld-Wald-und-Wiesen-Portugieser sein. Aber ich war trotzdem skeptisch. Ein holzfassgereifter Portugieser. ist das nicht ein bisschen dick aufgetragen?

Nun gut, dachte ich mir. Ab ins Glas mit dem Tropfen.

Schon beim ersten Schnuppern bat ich innerlich um Vergebung für meine kritischen Gedanken.

Ein komplexes Zusammenspiel von Früchten wie Brombeere und Kirsche mit getrockneten Pflaumen, Nelken und staubigem Dachboden steigt mir in die Nase. Gekonnt spielen frische Noten mit Tönen aus dem Holzfassausbau.

Der erste Schluck gefällt mir genauso gut. Das Dörrobst tritt nun etwas mehr in den Vordergrund, Brombeere spielt die zweite Geige. Den Abgang dominieren Gewürze wie Nelke und Piment sowie diese Note des staubigen Dachbodens. Säure und Tannin pendeln harmonisch im mittleren Bereich.

Nach diesem Wein kann ich nur sagen: Leute, trinkt mehr Portugieser! Dazu könnte man eine Wurstplatte oder Schweinekotelett essen.

 

Datum: 17.11.2017