Die besten Juden-, Schwulen-, Polizistenwitze werden von Juden, Schwulen und Polizisten erdacht und weitererzählt.
Und die besten Weintrinkerwitze? Oder Winzerwitze? Gibt es nicht. Wenn man von dem müden Döneken (Ruhrpottdeutsch für Anekdote) absieht, wie das alte Weinbäuerlein auf dem Sterbebett seinen Kindern verrät, dass man Wein auch aus Weintrauben machen kann. Hahaha, Schenkelklopfer.
Was schließen wir daraus? Wein ist eine ernste Angelegenheit. Da macht man keine Witze drüber. Zumindest nicht in Deutschland. Über Österreich sag ich jetzt nix.
In der Tat werde ich den Eindruck nicht los, dass sich die Weinszene viel zu ernst nimmt und die Sache mit dem Wein fast wie eine heilige Monstranz zur Fronleichnamsprozession vor sich herträgt.
Jeder noch so sanfte Scherz wird irgendwo zwischen Majestätsbeleidigung und Gotteslästerung verortet und mit Amphorenwein nicht unter drei Gläsern bestraft. Auf Ex. Wenn er denn überhaupt als solcher verstanden wird, der Scherz.
Die aktuelle deutsche Jungwinzergeneration scheint sich gottseidank ein wenig von der Heiligenverehrung abzusetzen und auch dem Spaß seinen Raum zu bieten, siehe Lukas Krauß, Marco Giovanni Zanetti, Lisa Bunn, to be continued.
Ganz anders die Australier. Von denen kann man im Hinblick auf Spaß und Wein noch eine ganze Menge lernen. Wenn ich einen Weinladen mit einschlägigem australischem Sortiment betrete, schiebt sich gleich ein breites Grinsen in mein Gesicht. Hach.
Eine australische Weinagentin mit wirklich tollem Sortiment erzählte mir neulich, dass sie große Probleme habe, Weine mit originellem Branding in Deutschland zu vermarkten.
Der Standardeinwand hierzulande: „Mit diesen Etiketten können wir Ihre Weine nicht verkaufen. Das nimmt keiner ernst.“ In Skandinavien jedoch sind ihre Weine ein Renner. In Australien sowieso.
Zu meinen australischen Lieblingsweinen gehören übrigens die von Mollydooker Wines, die neben originellen und fröhlichen Etiketten so hübsche Weinnamen haben wie „Two left Feet“, „Gigglepot“, „Carnival of Love“ oder „Blue Eyed Boy“. Der Winzer ist Comicfan.
Und wenn ein Wein „Velvet Glove“ heißt, dann spürt man ihn doch schon im Mund bevor man überhaupt ein Glas davon getrunken hat. Beim Etikett von „The Scooter“ muss ich immer an die Oma denken, die im Hühnerstall Motorrad fährt.
Mollydooker ist übrigens ein australischer Ausdruck für Linkshänder (die gelten ja als besonders kreativ), denn die beiden Winzer Sarah und Sparky Marquis sind beide „lefties“.
Mein Lieblingswein der Mollydookers heißt The Boxer und ist ein Shiraz, ein kleiner Kraftprotz. Das eher schmächtig aber übermütig wirkende Männlein auf dem Etikett ist eine augenzwinkernde Irreführung.
Der Wein liegt schwer und dunkelrot im Glas und verströmt einen intensiven Duft von Johannisbeere, Brombeere, Pflaume, Mokka und Weihnachtsgewürzen.Es will gar nicht aufhören, so dicht, würzig, fruchtig und rauchig ist das.
Manchmal muss es eben keine anbetungswürdige geschliffene und zurückhaltende Eleganz sein, sondern von allem eher zu viel als zu wenig. Man isst ja auch nicht jeden Tag exquisites Lammfilet mit ausgesuchten Edelgemüsen oder hingehauchte Hochküche sondern einfach mal ´ne Currywurst. Die übrigens ein wirklich hervorragender Essensbegleiter zu diesem Wein ist. T-Bone-Steak vom Grill oder Schweinebauch Cajun Style sowieso.
Der erste Schluck ist Johannisbeere und Pflaume pur, eingebettet in dichten molligen Saft, nach und nach begleitet vom ganzen Aromenspektrum, das der Wein zu bieten hat und das ist beileibe nicht wenig: Beerenfrucht, Schokolade, Zigarrenkiste, Leder, staubiges Outback.
Ein Wein zum Reinbeißen. Und der gute Laune mit seiner Überfülle an Aromen macht. Dabei will ich gar nicht verschweigen, dass die 15 Volumenprozent Alkohol dazu beitragen. Der Alkohol ist allerdings gut integriert und nicht dominant. Ebenso die feine Säure, die diesem Muskelprotz seine Struktur gibt.
Winzer Sparky spricht hier vom „Party Wine Level“ und ich höre sie schon, die nörgelnden Gesinnungskrokodile: 27 Euro für einen Partywein…? Ja.
Weil er es wert ist und weil er es mir wert ist. Und weil man ihn natürlich auch ganz alleine genießen und meinetwegen auch anbeten kann, obwohl das ziemlich schade wäre.
Das sind echt mal coole Etiketten. Ich glaub ich muss mal meine Lieblingsweinlayouts raussuchen, und dann an anderer Stelle weiterkommentieren. 😉
Veröffentlichen wir dann gerne auf Facebook.
Dann werden Ihnen die von dieser Winery sicher auch gefallen. Das ist die, die in Deutschland wegen zu viel Spaß auf den Etiketten nicht ankommt. Die Weine sind auch großes Kino
http://www.firstdropwines.com/
Auch interessant und ganz anderer Stil. Modern und Klassisch zugleich (!?)
Tenuta S. Anna Cabernet Sauvignon:
http://www.benz-weine.de/images/Diverse/345179.jpg
Tenuta S. Anna Pinot Grigio:
http://www.benz-weine.de/images/Diverse/315068.jpg
Mehr finde ich gerade auf die Schnelle nicht.
Oh, der Kommentar sollte eigentlich woanders hin.
http://www.wineintro.com/labels/us/ca/OldFart.jpg
macht nix, wir bekommen das schon sortiert
tja die weine von sarah & sparky sind wirklich klasse, ich habe ja auch schon mal darüber geschrieben hier beim cc.https://www.captaincork.com/Weine/Rotwein/Mollydooker-Australien-Shiraz-The-Boxer-2008-Kaufempfehlung
Oha, kommt gleich auf Facebook.
Und Du durftest sogar noch zwei Seiten.
Den 2008er hatte ich kürzlich noch im Glas, der steht immer noch wie Eins.
Wirklich???
Also jung fand ich den „Boxer“ noch irgendwie halbwegs erträglich und auf seine Art (Spasswein) auch i.O..
Aber gereift war er mit das schlimmste an Wein was ich jemals getrunken habe – keine Frucht mehr, nichts passt mehr zusammen, brandig wie Wodka…..übelster Alkopop für 99 Cent, hat mit Wein so gar nix zu tun (für mich).
Interessant.
Nein, den Eindruck kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Vor allem das Brandige nicht. Natürlich war die Frucht nicht mehr so intensiv, aber noch durchaus da und der Gesamteindruck immer noch ausgewogen und dicht.
Ich werde also nachprobieren (letzte Flasche, bevor es zu spät ist)
Also in meinem Fall waren es ein 6 Flaschen vom 2005er Boxer (der von Big-Bob mit sowas wie 96 Punkte bewertet wurde) und der hatte laut Etikett irgendwas um die 16% Alkohol – gefühlt eher 18%+.
Jung (im Jahr 2007) war der auch schon so wie 2/3 Wasser + 1/3 Brombeergele + 1/3 Wodka und wurde mit jedem Jahr schlechter – 2012 nicht mal mehr zum Kochen geeignet.
Aber vielleicht sind die neueren Jahrgänge besser…. Müssten aber viel besser sein, um überhaupt Wein zu sein…. und 16%+ Alk. sind wohl auch bei den aktuellen Jahrgängen noch normal.
2/4 Wasser + 1/4 Brombeergele + 1/4 Wodka 🙂
Das klingt gar nicht verkehrt, aber welchen Wodka nehm ich denn jetzt?