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Gini in a Bottle

Bezaubernder Gini.
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Unser Weintester Christian Ortner  erzählt, wie ein Ausnahme-Soave von den Gebrüdern Gini schmeckt. Kriegt er es hin, dass wir den Wein auf der Zunge spüren?
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Soave? Kennt man doch, hat jeder schon irgendwo getrunken, wahrscheinlich bei „Da Cicco“ unten an der Kreuzung, wo sich der Duft der Pizza Quattro Stagioni mit dem süßen Aroma der Dieselschwaden von den Lastern vermischt, die an der Ampel warten.

Soave, den Namen hat man schon gehört. Die Marketingabteilung im Verband der italienischen Weinproduzenten hat ganze Arbeit geleistet. Jeder Liebhaber von Dolce Vita kennt diesen Wein. Und dennoch: so richtig Respekt hat keiner. Das wundert auch nicht.

Das meiste, was unter diesem Namen auf den Tisch kommt, ist nämlich langweilige Massenplörre.

Ein Grund mehr, hier und heute von einem Ausnahme-Weingut und seinem Soave Classico zu berichten, der mir den Atem stillstehen ließ, als ich das erste mal davon getrunken habe.

Aber erst mal ein wenig Nachhilfe in Sachen Weinkunde. Als Soave bezeichnet man einen Wein, der aus der Region rund um den Ort Soave im Veneto kommt. Die wichtigste zugelassene Rebsorte für Soave als Wein ist die Sorte Garganega. Sie muss per Gesetz mindestens zu 70% in einem Soave vorhanden sein. Der Rest darf aus Trebbiano, Pinot Blanc und Chardonnay bestehen.

In dem Wein, von dem gleich die Rede sein wird, schwimmt 100 % Garganega.

Kommen wir zu den beiden Brüdern Sandro und Claudio Gini, die gemeinsam ein Familienweingut betreiben, dessen Weinberge sich über eine Fläche von rund 25 Hektar ausdehnen. Zwei nette, bescheidene Kerle, die nie eine dicke Lippe riskieren. Es fällt ihnen halt immer noch schwer, sich damit abzufinden, dass die Sorte Garganega nie den Erfolg haben wird, der ihr eigentlich zusteht.

Genug gejammert, schreiten wir zum Wein.

Die Flasche auf und rein ins Glas. Da kommt er, der uralte Flaschengeist, auf den ich gewartet habe. Gini ist klassisch und zeitlos.

Hier, auf diesem Weingut standen die Zeiten nie still. Und doch wirken alle Weine wie ein Ruhepol in diesen hektischen Zeiten. Beinahe naiv und wonneproppig werfen Sandro und Claudio Gini bei der Produktion alle Vorsicht in den Wind und geben sich den simplen Gefühlen hin. Da setzt bei mir der ganz große Wehmut ein – und das ist mehr als nur meine übliche 80er Jahre-Sentimentalität.

Heraus kommen Weine von teilweise makelloser Schönheit. Es wirkt durchkalkuliert, präzise und ist trotzdem von spontanen Geistesblitzen und der Lust an Improvisation inspiriert. Schon der einfachste der Gini-Weine, simpel als Soave Classico bezeichnet, ist ausgefuchst, eingängig und raffiniert. Eine unterkühlte, vielschichtige, hypnotisierende und unbeirrbare Beharrlichkeit schwebt da wie eine unausgesprochene Drohung im Glas. Perfekt produziert, voll pfiffiger Gradlinigkeit. Schon dieser perfekt inszenierte Wein zeigt das ungebrochene künstlerisch-konzeptionelle Potenzial der Sorte Garganega.

Und doch sind die Harmonien schief genug, es kratz und beißt, die Lindenblüten bäumen sich geradezu orgiastisch auf, um außer Atem wieder in sich zusammen zu fallen. Wie der beste Freund, der einem nach durchzechter Nacht die Wasserflasche reicht. Und eine halbe Stunde später wieder die Ginflasche. Dabei erinnert man sich an das eine Mädchen. Ja, genau, diese an der Bar, damals, beim Italienurlaub. Zeit, endlich aufzuwachen.

Heilige Cristina, bist du high?

Komm zu Mama, kleiner Ripasso!

Cooler Rotwein, den keiner kennt

Gebt diesem Wein eine Chance. Die geisterhafte Sommerwiesenheiterkeit, mehrfach übereinander kopierte Lavendelblüten verschmelzen mit jenem gewissen etwas, das man freimütig Feenstaub nennen kann, der aus einem einfachen Weißwein ein kleines Meisterwerk macht. Klar wirkt das ein wenig unfertig und skizzenhaft. Aber bitte, schaut mal auf den Preis!

Am Gaumen entfaltet sich die volle Wucht der Honigmelone. Erst beim zweiten Schluck merkt man eine steinig-staubige aber warme Grundstimmung. Man darf diesen speziellen Wein auch nicht mögen. So wie man den frischen Fruchtsalat am Morgen auch nicht mögen muss.

Ja, ich hänge gerne in Italien herum, früher viel mehr als jetzt. Und durch meine neugierige Unvoreingenommenheit fand ich viele Weißweine, die in ihrer Eigenständigkeit unverrückbar sind. Und vor allem passt das alles wirklich gut zu den landestypischen Speisen.

 

Datum: 18.2.2017 (Update 18.2.2018)