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Hol den Regaleali aus dem Regali!

Hach, Sizilien.
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Ich habe Landgang. Und begebe mich schon frühmorgens in Düsseldorfs Unterwelten. Aus der U-Bahn raus und rein in die unterirdische Einkaufspassage. Grünen Tee kaufen.

Der kommt heutzutage aus Südkorea. Der letzte Schrei. Mittlerweile kommt ja alles aus Südkorea. Handys, Laptops, Waschmaschinen. Und jetzt noch Grüner Tee.

Viel lieber aber würde ich einen Grünen Tee aus Nordkorea probieren. Nur interessehalber. Aber Dickerchen-Diktator Kim Jong-Un scheint etwas dagegen zu haben.

Nebenan ist der Champagner-Stand von Moët & Chandon. Ziemlich belebt. Und das schon morgens. Die ältere Dame hinterm Tresen wirkt respekteinflößend mit ihrer strengen Betonfrisur. Typ Gefängniswärterin, die hier versucht, möglichst freundlich Champagner in die Flöten einzugießen.

Ihre Kundschaft sieht auch nicht anders aus. Viel Tigerfell-Imitat, Goldrandbrillen und sonstigen Klunker. Unten am Barhocker kauert ein zittriges Schoßhündchen mit Glubschaugen und Schleifchen. Klischees werden wahr. Klischees über Düsseldorf.

Gleich daneben residiert ein alteingesessener Düsseldorfer Weinhändler. Stilistisch von innen wie außen altdeutsche Weinstube. Draußen in den Holzkisten liegt gut sichtbar ein italienischer Weißweinklassiker: Regaleali. Ein Modewein aus Sizilien.

Als ich noch im Einzelhandel arbeitete, war „Ham ’se Regalealieehh?“ eine Dauerfrage meiner Kundschaft. Dann endlose Geschichten über den letzten Besuch beim Stammitaliener. Auch beliebt: Unser Toskana-Urlaub. Ich musste immer so tun, als ob ich interessiert zuhören würde. Das ist der uralte Verkäufertrick. Die andere Hirnhälfte war meist ganz woanders.

Verkaufen konnte ich damals den Regaleali nicht, den hatten wir gar nicht im Sortiment. Das ist blöd für die fragende Kundschaft. Wegschicken sollte vermieden werden und halbgare Alternativen anbieten ist auch nicht das Gelbe vom Ei.

Übrigens, getrunken habe ich den Regaleali noch nie. Ich alte Regaleali-Jungfer sollte ihn mal probieren. Um endlich mitreden zu können. Wie man hört, soll er gar nicht so übel sein. Parker hat mal 88 Punkte vergeben. Im Gambero Rosso bekam er zwei Gläser.

Also kaufe ich mir eine Flasche Regaleali Bianco aus Sizilien für deutlich unter zehn Euro. Eine Cuvée aus Ansonica, Grecanico, Catarratto – alle drei typisch sizilianische Rebsorten, die anderswo kaum verbreitet sind.

Das 400 Hektar (!) große Weingut Regaleali im Zentrum Siziliens gehört zum Tasca d’Almerita-Imperium in Palermo. Die Familie ist seit rund 200 Jahren im Weingeschäft und mit mehr als 3 Millionen verkauften Flaschen pro Jahr ein europäischer Großabfüller von Qualitätsweinen. Da kann man sich leisten, Italiens Star-Önologen und Flying Winemaker Carlo Ferrini zu beschäftigen, der die Weine der Tasca kreiert.

Diese Paarung von Größe, Kapital und Know-How ist ja nicht schlimm. Nur sollte man besser Abstand nehmen vom romantischen Bild des rotwangigen Winzers im bäuerlichen Familienbetrieb. Bei Regaleali denke ich eher an riesige Lagerhallen, haushohe Tanks und Halogenlämpchen im verglasten Eingangsbereich.

Sizilien scheint gerade auf einer Welle der Beliebtheit zu reiten. Sizilien ist das europäische Kalifornien.

Saftige, geschliffene und günstige Weine sowie riesige Rebflächen bei stets warmem Klima sind dafür geschaffen, Produzenten und Endverbraucher glücklich zu machen. Unbeständiges, regnerisches und kühles Wetter gibt es nicht. Sizilien ist perfekt für die Ansprüche des Marktes. Der Regaleali Bianco ist das Resultat.

Im Glas leuchtet das typische Zitronengelb. Ich halte meine Nase hinein. Ein charmanter Duft von Banane und Mango, auch Maiglöckchen, Frühlingswiese und Zitrusschale. Es ist eine herrliche Wolke, die mich innerlich in den April und seine Schönwettergefühle transportiert.

Im Mund ist alles anders. Kaum Säure. Und seine 12 Volumenprozent Alkohol machen ihn ganz brav. Der Regaleali wirkt ungemein rund, gefällig und fast mild. Auch die Frucht hält sich auffällig zurück. Danach ein passabler Abgang. Ein Wein für die gehobene Party.

Der Regaleali ist ein freundlicher Weißwein. Er will niemandem wehtun und zeigt keine banale Holzfruchtschmiere, was viele Partyweine aus Übersee in der gleichen Preisklasse tun.

Das ist ein moderner Modewein. Die Antithese zu vielen fetten Kollegen aus Übersee, wie sie vor 15 Jahren hip waren. Im Vergleich dazu hat der Regaleali weniger Alkohol, einen blumigeren Duft, kein Holz und eine moderate Säure.

 

Datum: 21.11.2017
 

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