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Rot-Grün. Die Veltliner-Koalition

Winzer Czerny sieht fern..
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Grüner Veltliner? Kennt man. Roter Veltliner? Kennt man nicht. Captains Maat Clemens Mally über zwei grundverschiedene Trauben. Und einen Winzer, der beiden Sorten seine Handschrift oktroyiert.
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Der Grüne Veltliner ist in aller Munde. Ein Wein des Volkes. Wie kein anderer Saft baut er bei entsprechender Reife einen wunderbaren Bogen aus Kraft und Komplexität. Kein Wunder, dass der Grüne Veltliner Spaß macht. Kein Wunder, dass diese autochthone österreichische Sorte boomt, wie keine andere Traube der Alpenrepublik.

Der Grüne Veltliner hat eine anerkannte und durchgesetzte Alleinstellung in der Weinwelt. Er ist jedoch nicht der einzige Veltliner. In Österreich gibt es eine weitschichtig verwandte und kaum vergleichbare Sorte zu entdecken, die fast den gleichen Namen trägt; ein Phantom, das derzeit dank einiger Individualisten wieder ins Rampenlicht der Oper tritt und großes Potenzial besitzt. Die Rede ist vom Roten Veltliner.

Hier an Bord liebt man den Grünen Veltliner. Manchmal jedoch, können wir ihn nicht mehr sehen. Es wird uns mitunter langweilig mit der Traube. Der Captain befiehlt in diesen Momenten: „Geht in den Schiffsbauch und holt mir was anderes rauf!“ Denn die meisten ach so neuen Interpretationen schmecken wie die zuletzt verkosteten, gleichfalls ach so neuen Interpretationen. Das macht müde.

Kummer mit den Grünen? Geh zu den Roten

Viele Grüne Veltliner riechen und schmecken inzwischen wie Sauvignon Blanc. Auch Muskatellernoten sind dem Veltliner nicht mehr fremd. Alles ist möglich! Das Rezept: Sehr kühle Verarbeitung im Keller. Und einige Aromahefen, das önologischen Suppenpulver sozusagen.

Manchmal langweilen uns auch die kräftigen Varianten, die Pseudoburgunder, cremig, breit und fett. Wie Verkostungssieger offenbar schmecken müssen.

Dem Roten Veltliner blieb das alles erspart. Er hat kein Image, von ihm wird nichts verlangt. Er war immer nur eine regionale Spezialität und ist nach wie vor bloß eine weithin unbekannte autochthone Sorte der Region Wagram in Niederösterreich. Doch er genießt bei vielen Produzenten der kleinen Scholle endlich wieder das Image der Alternative.

Dünne Schale, späte Reife. Das verlangt nach guter Pflege

Mit seiner dünnen Schale und späten Reife eignet er sich nicht zur robusten Massensorte. Sein Ruf ist zudem immer noch zweifelhaft. So liest man regelmäßig, dass der Rote Veltliner nur im hohen Alkoholbereich seinen Charakter ausspielt, also nur gut schmeckt, wenn er die nötigen Prozente hat.

Das ist freilich Blödsinn. Der Wagramer Biowinzer Hans Czerny unterstreicht die Möglichkeiten des Roten Veltliners. Sein 2009er (nur 11,5 % Alkohol) aus sehr alten Reben lässt sich in kein Schema pressen, das man der Sorte gerne geben will. Wegen seiner späte Reife holt der Rote Veltliner einiges mehr aus Boden und dem regionalen Klima in die Flasche. Das will Czerny herausarbeiten. Und das merkt man dem Wein an.

Im Glas ein helles Strohgelb. In der Nase Haselnüsse und Mandeln, etwas Seife und im Hintergrund ein Bouquet von hellen Kräutern. Im Mund wunderbar komplex und kräftig, jedoch nicht einmal eine Idee unnötiges Volumen. Der Wein punktet mit seinem sehr eigenen Geruch und Geschmack. Die Nuss bleibt über Stunden die tragende Komponente.

Auch der Grüne kann was

Gegenübergestellt dann Czernys Grüner Veltliner Alte Reben der Lage Weelfel aus dem Jahre 2009 (13 % Alkohol). Die Traube wächst in steiler Lage auf tertiärem Meersandstein, in dem man mitunter handgroße Austern und andere Meeresfossilien findet. Weiters noch auf Kalk, Donauschotter und Löss. Der Weelfel schenkt einem den Glauben an die Sorte wieder. Nicht ein Ansatz von Creme und Fett, sondern schlank, trinkfreudig, straight – that´s it. In der Nase neben dem sortentypischen Pfeffer noch Tabak, Rauch, Mandel, reifer Apfel und Waldboden. Im Mund sehr schnell fruchtig und süffig. Dennoch kein fröhlicher Massenveltliner, sondern ein tief verwurzelter Botschafter eines mitunter verkopften, sicher aber immer verqueren Ausnahmewinzers.

  • Roter Veltliner 2009 von Wimmer-Czerny für 7,00 Euro.
  • Grüner Veltliner Weelfel Alte Reben 2008 von Wimmer-Czerny für 9,50 Euro.

 

Datum: 20.9.2010 (Update 22.8.2014)
 

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