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Stein der Weisen

Ich rieche... Kühn!
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Peter Jakob Kühn ist Ausnahmewinzer. Ok, so nennt man viele. Aber hier spürt man es gleich im Glas - seine Rieslinge schmecken tatsächlich anders.
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Peter Jakob und Angela Kühn hatten keine Lust mehr. Obwohl die etablierten Weintester in den 1990er Jahren die Rieslinge des Winzerehepaars aus Oestrich-Winkel im Rheingau zuverlässig abfeierten.

Den beiden gefielen ihre eigenen Weine trotzdem immer weniger.

„Sie hatten nicht viel mit uns zu tun“, sagt Angela Kühn heute. „Da hatten wir den gesamten Sommer alles dafür getan, gesunde, leckere Trauben mit einem besonderen Geschmack zu ernten. Und am Ende haben wir unsere Weinen nicht wiedererkannt, weil die nicht viel anders geschmeckt haben als die der Kollegen.

Die Kühns wollten das radikal ändern. Erst stellten sie auf biologischen Weinbau um. Dann kaufte Peter Jakob Holzfässer, ließ die Trauben mitsamt den Stielen vergären, den Wein drei Jahre lang in Amphoren aus Ton reifen, kochte in einem 800 Liter fassenden Topf Tee, den er auf seine Reben sprühte.

Auch Hornkiesel kommt bei den Kühns zum Einsatz. Der wird morgens auf die Reben gespritzt. Das soll helfen, den Stoffwechsel zu regulieren.

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All das hat ein Ziel: Den Wein immer weniger zu machen, ihn immer mehr zu lassen.

Denn solche Maßnahmen tragen dazu bei, dass sich der Wein von selbst reguliert und stabilisiert. So muss Kühn im Keller weniger in den Chemiebaukasten greifen. Seit ein paar Jahren ist das Weingut nun Bio-zertifiziert.

Die Entwicklung des Weinguts und sein inzwischen sensatioeller Ruf geben Kühn recht. Der Gault&Millau-Weinführer Deutschland erklärte ihn zum „Winzer des Jahres 2015“.

Originalton Peter Jakob Kühn:

„Wir wollen Wein im ursprünglichen Sinn machen“, sagt Kühn, der das Weingut zusammen mit seiner Frau in der elften Generation führt und er erklärt, was er damit meint: „Die Industrie hat sich ständig eingemischt, hat gesagt, nimm dieses Präparat, das ist leichter. Und wir haben gehorcht. So hat sie immer mehr Raum eingenommen und uns Winzer entmündigt. Und wir haben unsere Reben entmündigt, die einfach nichts mehr im Gleichklang mit der Natur machen dürfen.

Reben entmündigen? Wem das zu esoterisch klingt, der braucht ja nicht weiter lesen.

Wegen solcher Sätze stößt Kühn immer wieder auf Unverständnis und Ablehnung. Doch für mich sind solche Aussagen ein Grund aufzuhorchen. Aha, da macht sich jemand Gedanken. Da kippt einer nicht irgendwelche Mittelchen über seine Reben, spielt im Keller mit der Chemie rum und labert später was vom Naturprodukt Wein.

Wenn jemand anderer Meinung ist, dann schreibe er doch einen (intelligenten) Kommentar unter diesen Text…

Ich werde nun Kühns Riesling Quarzit aufschrauben und verkosten, um allen Nörglern den Gegenbeweis zu liefern.

Die Trauben für diesen Wein stammen aus dem Doosberg. Diese Lage ist eine nach Süden und Westen geneigte Hügelkuppe.

Weil sie so exponiert liegt, weht dort ständig ein Lüftchen. Das ist besonders im Herbst von Vorteil, denn der Wind trocknet rasch den Morgentau oder Regen weg. So können die Früchte lange gesund am Stock ausreifen und werden nicht Opfer des gefürchteten Pilzbefalls.

Der Boden des Weinbergs besteht aus Lehm, durchsetzt mit großen Kieseln und Steinen aus Quarzit, das gibt dem Wein Kraft und Struktur zugleich. Und natürlich den hübschen Namen.

Im Glas macht der Tropfen schon mal ordentlich was her. Er leuchtet und funkelt richtig in Zitronengelb.

In der Nase ungemein vielschichtig. Als erstes kommen ein paar Früchte. Reife Ananas und gelber Pfirsich. Dann Blüten und etwas Rapshonig und ganz zum Schluss folgt etwas, das an nassen Stein erinnert.

Honigaromen – das ist ein dezenter Hinweis auf Holzfassausbau. Und siehe da, der Quarzit reifte im großen Holzfass.

Übrigens: wie bereits weiter oben angedeutet ist Kühn einer jener Winzer, die einen Teil ihrer Weine in großen Amphoren ausbauen. Eine uralte Methode, die nicht ganz unumstritten ist.

Am Gaumen spielen die Ananas und der Pfirsich mit frischen Küchenkräutern Fangen. Kühl und leicht wie ein Sommerregen kommt dieser Wein auf der Zunge daher. Wunderbar, wie die salzige Noten und frisch geriebene Zitronenschale dem Tropfen Struktur geben und einen Abgang einleiten, der es in sich hat.

Dieser Wein bleibt. Und bleibt. Und bleibt im Mund stehen, bis ich es vor Vergnügen nicht mehr aushalte, und mir den nächsten Schluck genehmige. Bei geringen 11,5 Volumenprozent Alkohol kann man auch getrost nachschenken.

Der Quarzit ist kraftvoll, ohne ein Muskelpaket zu sein. Er ist verspielt, ohne den Gaumen zu überfordern. Und er ist jeden Cent wert seines nicht ganz niedrigen Preises wert.

Ein ganz, ganz toller Wein. Zum Dazuessen empfehle ich Krabbensalat oder gereiften Hartkäse.

 

Datum: 5.3.2017
 

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