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Ohne meine Uhr habe ich viel mehr Zeit für Wein

Gelassenheit!
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Unser Weintester Patrick Hemminger hat keine Uhr mehr. Und ist pünktlicher als je zuvor. Darauf trinkt er ein Gläschen herrlich-üppigen Rioja!
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Seit ein paar Wochen sind Kirchen und ihre Glocken für mich sehr wichtig geworden. Sie ersetzen meine Armbanduhr.

Meine alte gab neulich ihren Geist auf und ich kam ein par Tage lang nicht dazu, mich um eine neue zu kümmern.

Erst war ich genervt und kam dauernd zu spät. Denn ich hasse es, auf der Straße andauernd mein Handy hervor zu wühlen, um zu erfahren, wie viel Uhr es ist. Außerdem vergesse ich das Ding regelmäßig zu Hause.

Es passierte dann an einer Bushaltestelle. Ich fragte eine ältere Dame nach der Uhrzeit und sie antwortete, es habe eben vier Uhr geschlagen. Mir war das nicht aufgefallen. Die Stadt ist so laut, wie soll ich da so ein bisschen Glockengebimmel bemerken.

Und überhaupt: Wo steht eigentlich die nächste Kirche?

Inzwischen kann ich diese Frage für alle meine üblichen Wege beantworten. Denn ich habe noch immer keine neue Uhr.

Bevor ich das Haus verlasse, werfe ich einen Blick auf die Küchenuhr. Danach begebe ich mich in die Hände der Kirchen. Ich nehme wieder wahr, wenn die Glocken die Viertelstunden schlagen. Wenn ich es genau wissen will, hebe ich meinen Blick und erstaunlich oft ist ein Turm mit Uhr in meinem Blickfeld. Zwar treten hierzulande massenhaft Menschen aus der Kirche aus, wie viele ihrer Gebäude aber nach wie vor überall herumstehen, vergisst man leicht.

Wie viele andere Uhren in der Öffentlichkeit sonst noch so herumhängen, habe ich bis vor kurzem auch nicht bemerkt: An U-Bahn-Eingängen, Apotheken, Schulen und so weiter.

Trotzdem kommt es vor, dass ich unterwegs mal für einige Zeit ohne Zeit bin. Am Anfang hat mich das wahnsinnig gemacht. Was, wenn ich nun meinen nächsten Termin versäume?

Inzwischen habe ich die simpelste aller Lösungen dafür gefunden. Ich gehe einfach früher los. Seitdem bin ich unterwegs völlig entspannt und überpünktlich.

So habe ich viel mehr Muse, mich Weinen wie diesem zu widmen: Ein Rioja aus den Rebsorten 90% Tempranillo, 5% Mazuelo (der spanische Name für Carignan) und 5% Graciano. Er stammt aus der Kellerei Ramón Bilbao und ist ein Reserva.

Was das genau heißt, steht in diesem Artikel vom mir:

Wie lese ich ein spanisches Weinetikett?

Mein Reserva reifte er zunächst 20 Monate in Barriques aus amerikanischer Eiche, dann noch einmal die gleiche Zeit in der Flasche.

Ich schenke mir ein Glas ein und gönne dem Wein erstmal ein Viertelstündchen lang Luft. Dann schnuppere ich hinein. Und lehne mich voller Vorfreude auf den ersten Schluck nochmal zurück.

Der macht schon in der Nase großen Spaß! Ich rieche üppige, reife und dunkle Früchte wie Süßkirsche, Pflaume und Brombeere. Noten von Schwarzer Schokolade und Espressobohnen runden den Duft ab.

Im Mund finde ich dieselben Aromen wieder. Im Weinsprech gibt es dafür ein lustiges Wort – retronasal!

Vollmundig und weich schmeichelt sich der Wein meinem Gaumen entlang. Dabei kann er nicht verleugnen, dass die Eichenfässer, in denen er reifte, aus den USA kommen. Die typische, süßliche Kokosnote ist deutlich zu spüren. Das sollte man vor dem Kauf wissen. Nicht jeder mag diese Geschmacksnote. Ich schon.

Das ist ein wunderbarer Rioja für Freunde des Üppigen.

Zu dieser Flasche hole ich mir jetzt Hartkäse aus dem Kühlschrank. Sollten davon morgen noch ein paar Schluck übrig sein, koche ich dazu ein Rindergulasch.

 

Datum: 4.2.2018
 

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