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Rotweinkino

Ich glaub, ich bin im Film.
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In einem herzerwärmendem Kaurismäki-Film trinkt einer der zwei Hauptdarsteller einen rauchigen Rotwein aus dem Languedoc. Den habe ich probiert.
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Weine werden in französischen Filmen gerne als Requisite benutzt. Nach dem Motto: Ihr wisst schon, wo das jetzt spielt.

In einem finnischen Film erwartet man eher Wodka in rauhen Mengen. Und schon bin ich beim einzigen Regisseur aus diesem nordischen Land, der Weltgeltung genießt: Ari Kaurismäki.

Der hat 2011 in Cannes seinen Film „Le Havre“ vorgestellt, eine wunderbare Flüchtlings-Tragikomödie um einen Jungen aus Gabun, der in der Hafenstadt Le Havre aus einem Schiffscontainer rennt und von da an eine herzerwärmende Geschichte vorantreibt.

In einer wichtigen Szene des Streifens steht eine Flasche Rotwein, die sich der zweite Hauptdarsteller zu Gemüte führt. Er ist ein gescheiterter Künstler, der sich als Schuhputzer durchschlägt. Von seinem kleinen Einkommen leistet er sich ab und zu ein paar Gläschen des Minervois von der Domaine de Courbissac.

Dieser Wein ist zwar nicht teuer (eher geradezu preiswert für seine Qualität) aber mit seinen knapp 10 Euro Kaufpreis auch kein Billigtropfen. Insofern ist der Minervois eine unrealistische Fehlbesetzung. Aber Filmen heißt schließlich auch Träume entspinnen, da muss nicht immer alles in die Wirklichkeit passen.

Die Domaine de Courbissac ist die Gründung des deutschen Weinenthusiasten und Filmproduzenten Reinhard Brundig (jetzt ist auch klar, wie der Wein im Film gelandet ist) mit dem elsässischen Riesling-Winzer Marc Tempé, die auf ihrer Suche nach der perfekten Lage im Örtchen Cesseras zwischen Béziers und der Festungsstadt Carcassonne fündig wurden.

Die beiden wollten unbedingt ein Rotweingut mit alten Reben auf gutem Boden kaufen.

Nach zwei Jahren Recherche waren sie endlich im Minervois fündig geworden, das zum riesigen Anbaugebiet Languedoc-Roussillon gehört und für seine tiefdunklen, vollmundig-eleganten und gerbstoffreichen Weine bekannt ist. Von Cesseras kann man bei gutem Wetter die schneebedeckten Wipfel der Pyrenäen sehen.

Ein paar attraktive Reblagen mit kargen Böden voller Kalk und Kiesel kamen noch dazu und 2002 fiel der Startschuss. Seitdem wird hier fantastischer biodynamischer Wein erzeugt. Zum Beispiel die rote Cuvée Minervois aus den Rebsorten Carignan (65%), Grenache, Syrah und Cinsault.

In der Nase Wildleder und Lakritze – eher die strenge dänische, die nicht jeder mag. Dann grüne Tabakblätter, eingelegte Pflaumen, eine Spur getrockneter Lorbeer. Das duftet so dicht und intensiv, dass man das Trinken möglichst lange rauszögern möchte.

Nichts da! Im Mund schwarzer Tee, der ganz lange gezogen und schon eine schillernde Haut bekommen hat. Eingelegte Pflaume bringt dezente Süßlichkeit ein, die medizinisch wirkt. Schmeckt mir nicht, sagt einer neben mir, weil es ihn an die Krankheiten seiner Kindheit erinnert. Das ist Schicksal. Dann ist da noch Kräuterwürze, eiserne Kühle und ein mäßig langer Abgang, der angesichts des Gesamtbildes leicht zu verschmerzen ist.

Dieser Wein braucht viel Luft, das ist sehr wichtig. Und er ist ein Knaller für seinen Preis. Ich hätte ihn auf mindestens 15 Euro getippt. Die mächtigen 14,5% Volumenprozent Alkohol fand ich gar nicht schlimm.

Dieser Minervois schreit nach dunklem Fleisch. Oder nach etwas Vegetarischem. Zum Beispiel geschmorter Spitzkohl. Oder gegrillte Auberginen.

 

Datum: 11.9.2017
 

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