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„Holz tötet meinen Wein“

Ich komme aus Beton.
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Ihre fruchtig-würzigen Weine reifen in Betontanks, die Holzfässer werden zu Kleinholz gemacht. Das ist im Languedoc nicht ungewöhnlich. Eine Frau an der Spitze eines Weinguts aber schon.
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Warnung: So fängt eine herkömmliche Winzerinnengeschichte in den Medien an…

Es ist leicht, beim Anblick der dunkelhaarigen Irène Tolleret ins Schwärmen zu geraten. „Sie ist all das, was an französischen Mädchen so gut ist. Sie geht dir unter die Haut, das passiert mit allen von uns britischen Typen, wenn wir sie sehen.“

Das schrieb der angesehene britische Weinjournalist Oz Clarke über Irène Tolleret. Oje.

Kniiirrrsch. STOP. Noch mal von vorne. Wir machen das jetzt anders.

Mit Können und feinem Gespür für ihre Reben hat sich Irène Tolleret einen Platz ganz oben in der Weinszene Südfrankreichs erobert.

Sie kaufte ihr kleines Gut Mas d’Auzières im Jahr 2003 an einer ganz besonderen Stelle Südfrankreichs – in der Nähe des kahlen, felsigen Berges Pic Saint-Loup bei Montpellier und nicht weit weg vom Mittelmeer.

Dieser Berg erhob sich vor etwa 40 Millionen Jahren und hinterließ dabei eine Senke mit einem von mehr als faustgroßen Kalksteinen durchsetzten Boden. Das ist gut. Denn Kalk gilt als hervorragender Boden für Reben, aus denen man weiche, aromatische Weine keltern kann.

Geht ja.

Außerdem verursacht der Pic Saint-Loup ein besonderes Mikroklima. Extrem heiße und trockene Sommertage, kühle Nächte, kalte und regenreiche Winter als willkommener Rebenstress, der für biologische Elastizität (Charles Darwin) und widerstandsfähige Pflanzen sorgt. Das treibt extraktreiche Aromen in die Trauben.

Wer’s nicht glauben mag, der fahre doch einfach mal im Winter bei Tolleret vorbei und schaue sich ihren Swimmingpool an. Der friert nämlich immer wieder so dick zu, dass die Jungs aus der Nachbarschaft zum Eishockeyspielen vorbei kommen.

Was macht das mit dem Wein? „Wir sind Syrah-Fans“ sagt Tolleret. „Der Pic Saint-Loup erlaubt uns, hier in Südfrankreich einen Cool-Climate-Syrah zu machen.“

Was das konkret heißt?

Nun, Syrah ist eigentlich an der nördlichen Rhône ganz zu Hause. Von dort kommen großartige Weine dieser Rebsorte. Durch das Mikroklima am Pic Saint-Loup mit seinen kühlenden Fallwinden kann man hier trotz der heißen Gegend rundherum „kühlere“ Weine machen.

Also einen Wein, der nicht nach von der Hitze gepeinigten Trauben (also nach eingekochter Marmelade) schmeckt, sondern „nach der Frucht der Rebsorte und der Mineralität des Bodens“, wie Tolleret es ausdrückt.

Wir probieren ihren Einstiegswein, den Les Éclats, der zum Großteil aus Syrah gekeltert ist. Tolleret sagt zu diesem Tropfen: „Wenn die Leute den Les Éclats trinken, sollen sie sagen – wow, was für ein Wein für diesen Preis!“

Im Glas überrascht der Les Eclats zunächst mit seiner recht hellen, rubinroten Farbe. Die meisten Rotweine aus Südfrankreich zeigen schon im Glas mit ihrer dunklen Farbe an, was einen gleich erwartet. Nämlich die pure Kraft. Nicht so der Les Éclats mit seinen angenehmen 13,5 Volumenprozent Alkohol.

In der Nase hält der Tropfen, was Tolleret uns versprochen hat: Frucht. Schöne Frucht. Sehr schöne Frucht.

Johannisbeere und Kirsche dominieren. Die in Weinen aus dem Languedoc sonst sehr präsenten Garigue-Kräuter halten sich im Les Éclats interessanterweise zurück.

Im Mund findet wieder ein wunderbares Spiel der dunklen Früchte statt, die Kräuter sind nun etwas präsenter. Auf angenehme Weise werden sie ergänzt durch eine leichte Salzigkeit auf den Lippen – das ist die von Tolleret angekündigte Mineralität.

Und das wow? Ist da.

Der Wein hat eine wundervolle Eleganz, ist ganz klar und präzise. Das liegt auch daran, wie Tolleret im Weinkeller arbeitet. Seit einigen Jahren verzichtet sie fast vollständig auf den Einsatz von Holzfässern, lässt allmählich die Fässer ausmustern und zu Kleinhoz verarbeiten.

„Wir haben festgestellt, dass Holz die Frucht in unseren Weinen tötet. Seitdem nehmen wir Betontanks“, sagt sie.

In Beton kommt der Wein – wie im Holz auch – durch die Wände des Behälters mit Sauerstoff in Kontakt, was dafür sorgt, dass sich die Aromen weiterentwickeln. Beton gibt aber – anders als Holz – keinen Geschmack an den Wein ab.

Fazit: Wer für einen sehr fairen Preis einen elegant-fruchtigen Wein sucht, wie es ihn nicht alle Tage gibt, der ist hier richtig.

Zum Essen dazu passt wunderbar Lamm, wie es im Languedoc zubereitet wird – nämlich mit einer Marinade aus Öl, Zitronensaft, Honig, Oregano und Knoblauch.

 

Datum: 12.1.2018
 

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