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Unter dem Giganten

Bist du aber groß!
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Der Captain berichtet von seinem Besuch in den Weinbergen des Olymp, wo er einen Hut aufgesetzt bekam und butterweichen Rotwein trank.
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Ich begebe mich nach Rapsani. Das ist ein malerisches Städtchen an einem Südhang des Olymp.

Über den Olymp habe ich schon viel gehört und gelesen, besonders in der Schule. Gähn! Aber als ich dann noch Kilometer entfernt vom Meer aus zu diesem wolkenbehangenen Giganten aufblickte, verstand ich endlich, warum die alten Griechen überzeugt waren, dass hier Gott, pardon: Zeus, sitzt und Blitze schleudert. Das Massiv ist von mythischer Gewaltigkeit. Ein Riese. Einfach überwältigend.

Also rauf nach Rapsani auf knapp 800 Meter Höhe über dem Meer. Vom Marktplatz aus kann man weit übers Land bis zur ägäischen See und seinen Stränden blicken. Großartiges Panorama, alte Bäume, unter denen sich Familien zum Abendessen treffen. Keine Spur von Touristen. Aber dafür jede Menge Wein.

Hier hat der griechische Weingigant Tsantali Weinberg um Weinberg zusammengekauft und in einer beachtlichen Hauruck-Aktion die brachliegende Weinwirtschaft der Gegend auf Vordermann und Arbeit in die Familien gebracht. Die ist hier wahrlich kein Vergnügen. Man kann nur mit den Händen ernten, eine Maschine stürzt ab oder müsste durch das unwegsame Gelände mühsam von Parzelle zu Parzelle gefahren werden, die auf 250 bis 800 Metern Höhe liegen.

Tsantali muss man sich wie einen jener gigantischen deutschen Abfüller vorstellen, die vom Publikum weitgehend unbemerkt Millionen Flaschen bzw. Weincontainer aus Kunststoff in alle Welt schicken. Mit nicht unbedingt dem feinsten Zeug darin, um das mal höflich auszudrücken.

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Wahrscheinlich jedes zweite Glas Wein, das in irgendeinem griechischen Lokal auf dem Globus die Kehle eines Gastes hinabgluckert, kommt aus dem Tsantali-Imperium, das im Jahr 1945 in Thessaloniki begründet wurde und heute offiziell 18 Millionen Flaschen pro Jahr vollmacht. Mancher meiner Freunde, die dem Zauber des griechischen Weins leidenschaftlich verfallen sind, verachten Tsantali dafür. Das ist ungerecht. Angesichts der Pionierarbeit, die das Unternehmen an den Hängen des Olymp leistet, ziehe ich den Strohhut, den ich noch immer habe, seit ihn mir eine nette Socialmedia-Managerin von Tsantali beim fröhlichen Suflaki-Schmaus am Marktplatz von Rapsani aufgesetzt hat. Ja, so billig bin ich zu kaufen.

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Eine herrliche Brise wehte vom blau schimmernden Meer zu uns herauf. Sie ermöglicht, dass die Trauben bei Feuchtigkeit rasch trocknen und sich Nebel erst gar nicht bildet. Unerwünschte Fäulnis bleibt aus. Die Rapsani-Böden sind geprägt von Ton, Sand und nährstoffarmem Schiefer, der die Reben zwingt, kräftige Wurzeln auszubilden, die sich tief ins Erdreich bohren. Ton speichert das Wasser, das sich in den regenreichen Wintermonaten sammelt und im trockenen Sommer das Überleben sichert.

Unter diesen Bedingungen reifen die Trauben der Sorten Xinomavro, Krasato und Stavroto, deren Saft sich in jenem Wein befindet, den ich jetzt für euch probiere. Es handelt sich um den Rapsani Epilegmenos. Der Namenszusatz Epilegmenos ist die griechische Bezeichung für Reserve und bedeutet, dass der Wein mindestens 12 Monate lang im Holzfass und ein weiteres Jahr Monate in der Flasche lag. Der Rapsani Epilegmenos ruhte länger. Nämlich zwei Jahre in Barriques und 6 Monate in Flaschen.

Ich schnuppere in die tiefrote Suppe hinein und rieche gedörrte Pflaumen, trockene Feigen, schwarze Oliven. Im Mund dann wunderbar saftig, dunkelbeerig und butterweich. Der bei relativ jungen Weinen typisch-griechische Tanninmarathon fehlt hier komplett. Wie die Billabong-Pullis aus federleichten Weltraumfasern, den sich die Windsurfer unten am Strand überstreifen, wenn die abendliche Kühle naht, rollt mir der Rapsani über den Gaumen und hinterlässt dort einen Augenblick lang den Hauch von frischen Kräutern, Preiselbeergelee und Sandelholz.

 

Datum: 18.1.2020 (Update 19.1.2020)
 

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