Die Rebsorte Fiano aus Kampanien ist ein ewiger Geheimtipp. Obwohl Kollege und Weintester Mally schon mal ausführlich darüber berichtet hat.
In Mallys Artikel steht viel über das Potential des Fiano. Und der Fiano, den ich heute trinke, schöpft eine Menge davon aus.
Fiano ist eine dieser uralten Rebsorten, die vor allem im ebenfalls uralten Anbaugebiet Kampanien wächst.
Auch wenn der portugiesische Alto Duoro für sich reklamiert, die älteste Weinregion der Welt zu sein, würde ich mich nicht wundern, wenn hier im Südwesten Italiens irgendwann eine Amphore ausgegraben wird und per Radiokarbon-Analyse festgestellt wird, dass Kampanien die Wiege des Weinbaus ist.
Verbrieft geht der Weinbau auf den vulkanischen Böden der Region jedenfalls bis ins 12. Jahrhundert vor Christus zurück. Pompei liegt nicht weit weg.
Fiano, diese authochtone (also in der Region heimische) Sorte eignet sich für ganz unterschiedliche Weine. Fiano kann frisch und geradlinig sein, hat dank ihrer typischen Nuss- und Honignoten aber auch das Zeug für komplexe und anspruchsvolle Kreationen.
Meistens kommt Fiano aus der Umgebung der kleinen Stadt Avellino, daher auch die Herkunftsbezeichung DOCG Fiano di Avellino. Genau hier ist auch das Weingut Mastroberardino zu Hause.
Bei den Mastroberardinos hat Fiano Tradition. Nach 10 Generationen Weinbau sollte die Mannschaft um Antonio und seine Söhne Carlo und Piero wissen wie man so einen Fiano richtig macht. Und verdammt – das tut sie.
Allerdings erschrak ich zuerst, als ich meine Nase ins Glas steckte: Starke Brombeertöne wie von Hubba Bubba-Kaugummi auf dem Schulweg. Dann Dosenerdbeeren. Danach Rum, eingelegte Rosinen (oder in Rum eingelegte Rosinen) und getrocknete Bananen. Gemütlichkeit und Tiefe.
Aber im Mund bietet der Fiano alles andere als Kaugumminiveau. Da ist er ein ernsthafter und spannender Wein voller Würze und Rauchigkeit. Nach all den Jahren hat dieser Fiano natürlich kaum mehr Frucht. Dafür besticht er durch Cremigkeit und eine faszinierendes Spiel von eleganten Tanninen und dezenten Holznoten. Obwohl er nicht eine Minute lang im Fass lag. Dann kommt noch ein herrlich langer Abgang. Zurück bleibt ein leicht salziger Nachgeschmack – Mineralik!
Das ist kein Schmeichler, sondern ein Wein mit Charakter, der nach feinem Essen verlangt.
Ich möchte am liebsten für diesen würdigen Wein Hummerspaghetti zubereiten. Oder Vitello tonnato, obwohl dieses Gericht ziemlich aufwendig ist. Aber es lohnt sich.
Ich hatte vor einiger Zeit mal einen ähnlich gereiften Radici Fiano di Avellino von Mastroberardino. Von der geschmacklichen Beschreibung durchaus die gleiche Richtung, allerdings kann ich mich nicht erinnern, daß die Nase so auffällig war…