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Der Alte tobt. Doch keiner an Bord geht in Deckung, denn ausnahmsweise ist man seiner Meinung. Vielleicht nicht ganz so radikal. Aber doch. Der Alte tobt, weil er einen Blogbeitrag gelesen hat – eine von ihm hochgeschätzte Publikation. Dort hat man sich mit einem Naturwein aus Italien beschäftigt, mit den Pipparello 2004 von Paolo Bea.
Das liest sich dort so: „Nach dem Öffnen geht alles seinen Weg. Der Wein ist trüb. So richtig trüb! Dann kommt der erhoffte Schock im Geruch: purer Gemüse-Saft. Doch mit etwas Zeit im Glas und aktivem Belüften schiebt sich das Gemüse-Saft-Ensemble in die dritte Reihe und Sauerkirschen, reife Himbeeren und Brombeeren setzen sich neben edlen Hölzern, dunkle Schokolade, Zimt, Waldboden und Eukalyptus nasal nach vorne. Doch dieser Geruch ist lebendig. Ständig wechseln die dominierenden Sub-Aromen. Mal ist die Sauerkirsche weit vorne, dann Eukalyptus, Waldboden und Minuten später kommen Sellerie und die Freunde der Gemüse-Front wieder aktiv in das Riechzentrum. Hier spielt die Natur ihr ganz eigenes Liedchen. Faszinierend und geradezu süchtig machend. Dies geht zumindest mir so, denn ehrlich gesagt schreckt schon alleine der Geruch bestimmt 90 % der Otto-Normal Rotweintrinker ab. Ganz zu schweigen von dem Geschmack.“
Gut geschrieben, man kann sich viel vorstellen. Wir lesen weiter:
„Achtung – das hier ist kein Wein für fruchtverwöhnte Gaumen! Es ist einer der puristischsten, traditionellsten und konsequentesten Natur-Weine Italiens. Hergestellt nach den Grundsätzen der Biodynamie, d.h. minimales und kein chemisches Eingreifen im Weinberg, keine Zusatz von Reinzuchthefen, keine Filtration, keine Schönung und minimaler Schwefeleinsatz. Dieser Wein schmeckt so, weil er von Natur aus so schmecken soll.“
Nichts ist alles
Ganz klar, einer dieser neuen Vin-Naturel, die mal so und mal so ausfallen können. Wie schon Nicolas Joly bewies, der Papst dieser Generation Weinmacher. Ein Jahrgang supergut. Einer für den Müll. Kosten beide Geld. Einmal Glück. Einmal Pech. Einem „normalen“ Winzer lässt die Enthusiastengemeinde zwar keinen noch so geringen Korkfehler durchgehen, aber die Weine dieser Ökospinner dürfen stinken und bitter schmecken, da darf die Spontanvergärung daneben gehen. All das ist entschuldigt. Weil es Glaube ist.
Der Captain hat einen Önologen. Am eigenen Weingut in der Toskana. Und der Önologe, er heißt Andrea, liebt den biodynamischen Weinbau. Er ist anfällig für das Sektiererische und der Captain muss ihn oft bremsen. Aber generell hat Andrea recht, generell sollten Weine – wenn es möglich ist – biodynamisch hergestellt werden. Und wenn die Spontanvergärung klappt, dann kann das dem Wein eine schöne Geschmacksstruktur geben, die erdig, natürlich und gewichtig schmeckt. Die Frucht tritt dann in den Hintergrund. Verschwinden aber muss sie nicht.
Es wollte der Zufall, dass des Captains Önologe neulich erst eine Flasche Pipparello mitbrachte. Aus dem gleichen Jahrgang. Der tobende Alte hatte also die Möglichkeit, diesen Wein zu kosten. Er schmeckt Scheiße! Die Spontanvergärung ist deutlich danebengegangen, der Wein stinkt nach verwesenden Müll aus einem Großgrünmarkt. Und er schmeckt – festhalten – nach Urin und Fäkalien. Tatsache! Zugegeben: hintennach gibt es noch ein wenig Frucht, etwas Brombeere, dann Artischockensaft, Gelbwurz und Suppenkräuter.
Aber über alldem schwebt dieser unreine und stinkende Ton, der einem alles verdirbt. Der Pipparello 2004 von Paolo Bea (ein grundsympathischer Mensch, freundlich, sensibel und sicher auch politisch korrekt) ist schlicht misslungen. Nichts kann das ändern, auch die beste Schreibe nicht.
Wie kann man diesen Irrtum mögen?
Ich frage mich, wie man diesen Irrtum überhaupt ernst nehmen kann? Um das Geld (50,00 Euro) bekommt man besseres. Und das auch biologisch, spontanvergoren und mit jener Ethik gefertigt, die wir fördern wollen. Veyder-Malberg kriegt das hin. Werlitsch-Tscheppe in der Steiermark. Muster ebenda. Um jetzt nur mal die Österreicher aufzuzählen. Ja sogar die unnötigen Amphorenweine von Gravner sind gegen diesen Dreck ein Hochgenuss. Der Captain gerät geradezu ins Schwärmen, wenn er an den Breg 2004 denkt, den er kosten durfte. Im Vergleich liegen Welten dazwischen.
Also kann es nur abstruse Gründe geben, dass man sich für so einen Dreck begeistern kann. Religiöse Gründe beispielsweise. Vielleicht will man sich kasteien? Selbst bestrafen? Vielleicht ist dieser Wein eine Abbitte? Gar Buße? Aber er kann kein Vergnügen sein. Wer diesen Wein mit Vergnügen trinkt (zu was eigentlich, denn er passt zu keinem Essen), der hat einen an der Klatsche.
Wir sind weltoffen. Auch für Müll?
Gerne noch ein Zitat als Drunkenmonday: „Als interessierter und weltoffener Weintrinker -Blogger und (..) bildet man sich ein, seinen Gaumen schon mit nahezu allen Geschmacks-Eskapaden erfreut zu haben. Doch dann kommt ein „Naturwein“ aus Umbrien, der diese Theorie wieder komplett über den Haufen zu werfen mag. Säure sollte in jedem Wein eine mehr oder weniger ausgeprägte Rolle spielen. Doch in diesem Rotwein spielt sie die aller erster Geige. Doch ist das schlimm? Irgendwie nicht. Denn sie passt einfach unglaublich gut in das Geschmacksbild des Weines. Klar, hier werden jetzt weit über 95 % der Weintrinker abspringen, aber die hohe und reife Säure prägt den Wein ohne ihn aus seiner eigenen Balance zu bringen – wenn ihr versteht was ich meine. Es ist wie ein Bild aus mehreren Rot-Tönen, in dem das Knall-Rot gar nicht mehr so extrem auffällt, da der Rest ja auch mehr oder weniger Rot ist. Wie dem auch sei – so etwas habe ich bis dato noch nicht getrunken. Die Aromen aus der Nase finden sich mehr oder weniger intensiv auch im Geschmack wieder. Doch die Säure und das daraus resultierende Mundgefühl ist der faszinierende Teil dieses radikalen Getränkes. Das Tannin ist nicht körnig, es ist fast schon mehlig! Ähnlich einer Wolke aus Tannin-Staub. Irre. Dieses wundersame Geschmacks-Konglomerat hält sich wunderbar lang im Mund und verleitet den Interessierten und Faszinierten sich weiter mit diesem außergewöhnlichen Produkt der Natur auseinanderzusetzen.“
Oder – um es anders zu sagen: Der Winzer hat einfach seine Arbeit nicht gemacht. Die Säure ist unerträglich, die Tannine sind ruinös, der Wein ist radikal naturbelassen. Und deswegen eben radikal schlecht. Der Text von Nico Medenbach beweist, dass man sich mit der Kraft der Gedanken viel einreden kann.
- Dem Captain jedoch kann man nichts einreden. Und er sich auch nicht. Wer das Experiment Pipparello 2004 (eine Cuvée aus Sangiovese, Montopulciano Abruzzo und Sagrantino) selber kosten will: es gibt ihn für 50,00 Euro.
Huch, hat der Kaiser etwa keine Kleider an?
Lieber Manfred,
danke für die ausfürlichen Zitate meines Beitrages. Da ich mit meiner Meinung über diesen Wein nicht gänzlich alleine da stehen wollte, habe ich diese Flasche über 3 Tage etlichen mir sehr hoch geschätzten (und Wein-erfahrenen) Menschen aufdringlich vor die Nase gesetzt. Und was soll ich sagen? Einer liebte ihn (!), zweien war er zum Frühstück zu anstrengend und eine Personen sah die Weine seines Großvaters wieder.
Ich selber habe einige große Schlücke dieses „Mülles“ getrunken, bin noch am Leben und fühle mich ausgesprochen gut. Es macht keinen Sinn über Geschmack und Geschmäcker zu disktutieren. Paolo verkauft seinen „Wein“, Paolo verkauft seinen Wein für relativ viel Geld. Ich gönne es ihm, auch wenn wie in meinem Text beschrieben, das Geschmacksbild 95% der Weintrinker gegen den Strich geht. Dir anscheinend auch. Und das ist gut so.
Grüße aus Mittelhessen,
Nico
PS: Gestern Abend hat mich ebenfalls persönlicher Ekel hart getroffen: Bei einem Glas halbtrockenem Spätburgunder. Auch ich habe also Schmerzgrenzen.
Halbtrockener Spätburgunder ist auch grenzwertig..
Das muss aber nicht unbedingt biodynamische Religion (Anthroposophie heißt die übrigens) sein, die einen bewegt, solch einen Wein schön zu schreiben. In unserer Welt ist der Preis das stärkste Qualitätsmerkmal. Und da braucht es nun einmal sehr viel Rückrat, wenn man darauf besteht, dass ein Kabinett für 4,50 € sau gut ist oder dass ein Bio-Wein für 40,- € eigentlich ungenießbar ist.
Den Versuch möge ein Winzer machen: Er nimmt einen beliebigen Wein aus seinem Sortiment 40% verkauft er unter einem Namen zu einem unrealistisch hohem Preis, 60% unter einem anderen Namen zu einem absoluten Schnäppchen-Preis. Die große Mehrzahl der Kunden wird den teuren Wein besser finden – das gilt sowohl für unbedarfte normale Kunden, für Weinfreaks und für professionelle Weinverkoster.
Ich möchte die Botschaft meines Beitrages gerne noch einmal deutlich machen:
Mir hat der Wein geschmeckt! Und da ich da wohl nicht der einizige auf diesem Planeten bin (Paolo macht schon ein paar Jahre Weine – und verkauft diese auch), hat der Wein durchaus Berechtigung.
Angebot – Nachfrage.
Hallo,
über Geschmack läßt sich selbstverständlich nicht streiten, aber wenn der Weinmacher einen schlechten Wein macht und 95% der Menschen ihn „scheiße“ finden, dann können die anderen 5% den Wein noch so schön reden, wie sie wollen. Er ist und bleibt schlecht… Mir haben auch schon Menschen Dreck für Gold verkaufen wollen.
Trotzdem: Es lebe der biodynamischer Wein!!!
Aus der Augen der 95%. Das würde ja im Umkehrschluss bedeuten, dass lieblicher Dornfelder gut ist, da ihn 80% der Weintrinker mögen… Zum Glück gibt es keine „Geschmacks-Demokratie“.
Ich bin auch der Meinung, dass im Naturweinberereich viel Mist produziert wird, der einfach nicht schmeckt. Da hilft auch kein arrogantes Geschwätz nach dem Motto „wenn dir das nicht schmeckt, verstehst du den Wein halt nicht“. Gestank bleibt Gestank und wird auch durch Schönrederei unter dem Deckmantel der Natürlichkeit zu keinem Genuß. Ich reihe mich daher gerne ein die Masse der 95% der Nicht-Erleuchteten.
Wo steht denn etwas von „Erleuchtung“ oder „Wein verstehen“ in meinem Artikel? Es ist ganz klar eine Frage des Geschmackes – nicht mehr und nicht weniger. Wer das Zeug kauft MUSS sich im klaren sein das die Pulle ihm nicht schmeckt. Ganz klare Kommunikation.
Sie können mir mit Ihren Thesen erzählen, was Sie wollen… wie ich schon gesagt habe man kann immer Dreck für Gold verkaufen.
Sehen Sie mir das für den Fall nach, dass Sie es möglicherweise anders gemeint haben. Aber wenn Sie Formulierungen verwenden wie „…Klar, hier werden jetzt weit über 95% der Weintrinker abspringen…“ klingt das für mich schon so, als ob Sie zum Verständnis des besprochenen Weins höhere Wein-Weihen voraussetzen als die überwiegende Mehrheit vorweisen kann.
Schlechter Wein ist für mich gleichbedeutend mit fehlerhaft!
Das andere sind Weine die mir nicht schmecken was natürlich nicht gleichzeitig bedeutet das es fehlerhafte Weine sind!
Wer sie wie wo warum und weshalb hergestellt hat ist mir egal!
Ist übrigens für mich gar keine Frage des Preises ein günstiger schlechter Wein ist genauso schlecht wie ein teuerer er kostet eben nur mehr;-)
Thesen? Verkaufen? Ich habe weder Aktien an dem Weingut noch an dem Shop, der den Wein verkauft. Ich möchte auf diesen „anderen“ Wein aufmerksam machen und ihn beschreiben. Sonst nichts.
Zur Erklärung: Mit 95% abspringen meine ich, das 95% den Geruch/Geschmack/Wein nicht mögen werden, weil er dem „typischen“ Geschmacksbild nicht entspricht. Mehr nicht.
Interessante These: Somit sind alle Weine, die nicht Ihrem Geschmack entsprechen fehlerhaft. Wenn wir das auf alle Weintrinker expandieren würden, wäre jeder Wein fehlerhaft, da er nie allen schmecken wird.
Wein ist mehr ein Kulturprodukt als ein Naturprodukt.
Weiß nicht mehr wer mir das gesagt hat, viel mir in dem Zusammenhang aber wieder ein.
Ich fand übrigens auch den hier an anderer Stelle gelobten Amphorenwein von Foradori fehlerhaft (Blindprobe – ohne Voreingenommenheit). Man braucht schon eine sehr tolerante Nase um die flüchtige Säure zu „überriechen“.
Anscheinend braucht der Konsument ständig das neu erfundene Rad, auch wenn es eckig ist….
Sie sprechen mir aus der Seele Kapitän!!! Diese ganze Esoterik Plörre und die ganze verworrene Ethik die sich um diesen Fusel rankt haben sich diesen Klartext redlichst verdient!!
Und diese 95% These geht für mich auch SCHWER in Richtung placebo/autosuggestion/esoterik! Es kann auch nur ein ganz kleiner Teil der Menschheit mit Engeln reden, die dafür aber wirklich gell?!
Quatsch!
War das unverständlich formuliert???
Vielleicht ist es so simpler: nur fehlerhafte Weine sind für mich Mist!
Und was mir nicht schmeckt ist nicht gleich Mist!
Wie auch immer, ich lese, ich kaufe was mich interessiert, ich probiere und dann entscheide ich was mir schmeckt oder eben auch nicht!
Ich rechtfertige meinen Geschmack auch nicht er gehört mir ganz alleine!
Wo ich allerdings die Grenze ziehe zwischen fehlerhaft und nicht mein Geschmack hat sich auch mir selbst noch nicht ganz aufgetan;-) Bin ja noch jung und übe fleißig!
jetzt warst schneller als ich. nach der diskussion letztens in facebook bin ich grad an einem artikel gegen die marketing scheisse mit pseudo orange wines. kommt demnächst, wenn ich diese depperte grippe endlich hinter mir hab.
Das da hab ich schon mal woanders gepostet, trifft aber auch hier zu, auch wenns um anderen winzer und wein geht.
Zitat:
ich sag ja nicht, dass das nicht gut ist. ich frag mich nur, was aus dieser neuen marketing-g’schicht werden wird. wer will denn schon wirklich diese richtig argen „orange wines“, selbst wenn sie vom kühn sind, ein zweites mal oder öfter trinken? Das sind doch in der regel nur ein paar tausend flascherl, die in runden von weinfreaks verkostet, diskutiert und meistens ausgespuckt werden 😉 (ich rede jetzt nicht von denen am foto, sondern von dem trend). ich verstehe es nicht, was soll draus werden? dass wir uns wie die römer irgendwelche säfte in die grauslichen oxi-weine schütten, damit wir sie runterbringen? Und – nochmals – nix gegen bio & co. nix gegen winzer, die neue wege versuchen. aber grauenhaftes oxidiertes zeug um 120,- die flasche – da hakelts bei mir aus.
Im Buch von Terry Theise ( vor kurzem hier bei CC besprochen)
steht zum dem Thema sowas wie:
Es ist wichtig das es diese Weine gibt sie zeigen uns welch schlechte Weine die Griechen, Römer und unsere alten Ritter getrunken haben müssen;-)
Wie es der Zufall will, habe ich genau diesen Wein seit einigen Monaten im Haus. Als ich den Artikel von Nico heute las und die Kommentare vom Captain dazu und dann noch diesen Artikel hier, habe ich ihn gleich geöffnet. Ein besserer Zeitpunkt kommt nicht. Was soll ich sagen: im ersten Moment roch und schmeckte er eher unspektakulär. Jedenfall weder abschreckend oder gar schlimmeres. Das erste Glas habe ich mit Genuss getrunken, auch wenn ich für 50 Euro viele andere Weine vorziehen würde. Nach etwas mehr als 2 Stunden in der offenen Flasche habe ich dann ein zweites Glas probiert: und hier war sie dann, die Gemüsenote, teilweise sogar Sauerkraut und das brauche ich nicht im Wein. Also erstmal das Glas stehengelassen. Nach weiteren 15 Minuten war die Note weg, dann später wieder da …
Fazit: Nico hat den Wein perfekt beschrieben. Ein Freund des Weines werde ich wohl nicht, gerade auch bei dem Preis. Wer sich für ungeöhnliche Weine interessiert sollte ihn aber ruhig mal probieren. Ich halte ihn weder für schlecht noch für fehlerhaft. Der Geschmack ist eben Geschmacksache und den Preis bestimmen langfristig Angebot und Nachfrage.
Thomas: Danke! 2:1
Im Übrigen sind die Leute die auf Cellartracker diesen Wein probiert haben auch unserer Meinung : https://www.cellartracker.com/wine.asp?iWine=637562
Wat den Eenen sin Uhl, is den Annern sin Nachtigall bedeutet: Plattdeutscher Spruch für: Jeder sieht die Sache aus seiner Perspektive!!
Was ist im November los? Entweder unbezahlbare oder ungenießbare Weine? Schlagen schlechtes Wetter auf Laune und Weinauswahl?
Ich hab gestern mit Genuss eine Flasche 2011er Winzervereinigung Freiburg, Saale-Unstrut, Kerner, halbtrocken, leer gemacht – Klasse, werde mich heute mal um Nachschub kümmern. 🙂
Wie kann ein Wein der solcher Mist ist 55 Punkte von 100 bekommen?
Diese Punktesystem sollte hinterfragt werden, wenn ein Wein, der schlecht ist trotzdem über die Hälfte der Punkte bekommt (wofür habe ich überhaupt 100 Punkte?)
Dann lesen Sie bitte, nach welchen Kriterien die Punkte vergeben werden. Oben in der Suchmaschine „Punkte“ eingeben, Artikel suchen und auf Seite 2 lesen. Dann werden Sie verstehen, warum er 55 Punkte bekommen hat..
Die Punkte Range von 0-80 ist ohnehin irrelevant. Ein schlechter Wein liegt bei 80-85 Punkten, ein guter bei 86-92. ein sehr guter be 93-96, ein außergewöhnlicher, großer Wein liegt bei 97-100. Damit ist eine Vergabe von 55 Punkten natürlich ein Verriss. Die Zahl 55 ist dabei vollkommen beliebig durch eine Zahl von 0 – 79 ersetzbar.
Ich finde, daher auch Systeme mit einer gröberen Skalierung wesentlich „sinnvoller“. 100 Punkte suggerieren eine sehr genaue Messbarkeit des Weines und eine hohe Präzision der Bewertung. An und für sich ist da aber natürlich Bullshit, da nur 20% der Skala genutzt werden. Ein Hauben, Sterne, Gläser System ist daher meiner Meinung nach logischer, solange die Höchstwertung nicht inflationär vergeben wird wie etwa bei Gambero Rosso.
Dieser „Mist-Müll“-Wein hat von Steven Tanzer (IWC) 89 Punkte bekommen. Von Klimek 55, von mir auf Grund des schwierigen Kontextes keine. Solche Weine lassen sich in meinen Augen nicht Punkte Bewertungen quetschen, da sie a) kaum mit „normalen Weinen“ vergleichbar sind und b) auf Grund des Geschmacksbildes viel stärker polarisieren. Letzteres siehe hier.
Herr Friedrich, mit Verlaub, ein schlechter Wein liegt bei 80-85 Punkten? Entweder sind Sie ein Paradebeispiel des versnobbten Weintrinkers oder Sie deuten das Bewertungssystem völlig falsch.
Hier die korrekte Bewertungs-Skala:
50 bis 69 Punkte: schlecht bis unterdurchschnittlich
70 bis 79 Punkte: durchschnittlich
80 bis 89 Punkte: überdurchschnittlich bis sehr gut
90 bis 95 Punkte: hervorragend
96 bis 100 Punkte: außerordentlich
Ich empfehle nochmals, meine Bewertungskriterien zu lesen. Ich hab Weine, wie diesen hier, in mein System eingebunden..
Herr Medenbach, bitte nicht falsch verstehen!
Das ist nicht meine persönliche Meinung! Ich selbst denke bei Weinen eher selten in Punkteskalen.
Ich wollte eigentlich die Wahrnehmung von Punkten oder die Praxis wie Punkte von „großen Punktevergabeinstanzen“ vergeben werden darstellen. Der punktegeile Kunde ist im Laden oder Onlineshop meiner Meinung nach mit der von mir beschriebenen Sicht der Dinge/Punkte unterwegs.
Fragen sie mal einen Onlineshop Betreiber, ob der seinen laut ihrem Schlüssel „überdurchschnittlichen bis sehr guten“ Wein mit 80 Punkten auf seiner Homepage bewerben würde.
Ein Wein mit 80 Punkten von einem der großen Punktelieferanten ist doch tot… da lässt man die Punkte lieber weg, vergibt selbst schnell eine hauseigene Topwertung oder sucht solange bis man eine 91 Punkte Wertung für deisen Wein vom Rebenfreunde Essen e.V. findet und wirbt damit.
Übrigens habe ich auch bei Ihrem Punkteschlüssel einen nicht genutzten Bereich von 50 Punkten. Wie ist denn ein Wein mit 35 Punkten zu sehen? Oder mit 12 Punkten`?
Seit Wochen versuche ich (und David Friedrich) die Absurdität eines Systems anzuprangern, das Objektivität (denn eine Punktezahl bleibt eine Punktezahl) vortäuscht und den Weininteressierten infantilisiert.
Niemand wird ernsthaft bestreiten können, dass Wein ein lebendiges, sich änderndes und zudem stark situations- und nutzungsabhängiges Produkt ist. Niemand, der bei Trost ist, zumindest. Und das bewertende Medium ist der Mensch (!), bekanntermaßen das verlässlichste Messinstrument schlechthin, nicht wahr.
Mann hätte sich diese ganze Punkte-*** sparen können, hätte man nur wollen.
Und ja, Punkte bis ca. 85 sind völlig bedetungslos. Einer der angeführten Argumente für die CC-Punkte war, dass der Händler sie dann anführen kann. Den möchte ich sehen, der 85 Punkte erwähnt…
Kennt ihr Martin Kössler? schaut euch mal die hp an! Der braucht keine Punkte…
Ich differenziere da immer zwischen der Sinnhaftigkeit des Punktesystems als tatsächliches Bewertungssystem für Wein und der nun mal objektiv gegebenen Macht der Punkte als Marketing Instrument.
Um einen Wein zu bewerten halte ich ein Punktesystem, vor allem wenn es FAKTISCH nur in einem Bereich von 80-100 genutzt wird für Wichtigtuerei und Unfug. Um Aufmerksamkeit auf einen Wein zu lenken halte ich es aufgrund der hohen Akzeptanz von Punkten beim Konsumenten für äußerst effektiv. So, lässt sich mit der meist hohe Wertung der Verkauf ankurbeln. Und mit dem seltener genutzten Instrument der niedrigen Bewertung lässt sich provozieren und verreissen… „Boooooooah nur 55 Punkte!!! Dabei kauf ich ja eigentlich schon keinen Wein unter 92PP mehr! 55 muss ja dann echt richtig scheisse sein!!“
Ohne in die leidige Berwetungs-System-Diskussion abzudriften: Für mich macht dieses System nur bei vergleichbaren Weinen (z.B. den GG’s) mit entsprechender ausführlicher Beschreibung Sinn. Ein „elegant, dicht, rotfruchtig – 92 Punkte“ ist absolut überflüssig. Aus diesem Grund gab ich auch dem Paolo Bea keine Punkte, da dieser Wein in seiner Art einzigartig ist. Ob die Art einem gefällt, steht auf einem anderen Blatt. Dafür diehnt eine ausfürliche Beschreibung.
Natürlich werden für die Werbung nur die guten Bewertungen verwendet. Ist doch auch bei Autos oder anderen teuren Produkten so. Da wird auch nur mit den Auszeichnungen geworben, die man auch herzeigen kann. Aber jeder, der ein Produkt bewertet, setzt andere Maßstäbe an, deswegen muss man nicht gleich das Bewerten an sich in Frage stellen. Die Vergabe von Punkten für die Einhaltung bestimmter Kriterien für z.B. Farbe, Geruch, Geschmack, usw. dient doch dazu, die Bewertung objektiver zu machen, abseits von „lecker“ und „ungenießbar“. Das hat aber auch nicht RP erfunden, das wird schon jahrzehntelang so gemacht. Wenn man das nicht versteht, kann man meiner Meinung nach auch nicht drüber diskutieren, ob ein Wein sich entsprechend seiner Möglichkeiten (Rebsorte, Terroir, Ausbau,…) zeigt oder komplett von diesen „Normen“ abweicht. Dann kann man auch die Schulnoten abschaffen und die lieben Kinderlein ausschließlich mit Adjektiven bewerten.
Was sagt denn das ortsansässige Gesundheitsamt des deutschen Weinimporteurs? Ist dieser Wein im Sinne des deutschen Lebensmittelrechts einwandfrei? Oder handelt es sich um „Gammelwein“? 😉
Na ja, Spaß muss sein, eine nordeuropäische Fischkonserve die strenge Düfte verbreitet, darf hier ja auch verkauft werden. http://de.wikipedia.org/wiki/Surstr%C3%B6mming
Sicher ist diese Aussage richtig, doch in der Realität bewertet kaum einer nach dem 50 + 20 (Geschmack) + 15 (Geruch) + 10 (Potential) + 5 (Farbe) System. Die 100 Punkte verteilen sich auf den Gesammteindruck und die persönlichen Vorlieben des Verkosters. Auch Herr Klimek wendet dieses mit Sicherheit nicht so an…
das mag sein, dass das so in der Praxis nicht angewendet wird, weils zu aufwändig ist. Das heißt aber nicht, dass der Gesamteindruck weit davon entfernt liegen muss.
Wenn nun aber ein Herr Klimek und ein Herr Tanzer meilenweit voneinander entfernt bewerten, wird es wohl so sein, dass der eine die Norm als Maßstab nimmt und der andere das Außergewöhnliche.
Das heißt aber auch, dass keine der Bewertungen – auch Ihre nicht – einzeln betrachtet werden dürfen. Alle zusammen ergeben für mich dann ein stimmiges – oder in diesem speziellen Fall polarisierendes – Bild. Und dazu tragen auch die Punkte bei.
Das ist richtig. Ich trage mit meiner „Berwertung“ in ausführlicher und schriftlicher Form dazu bei. In diesem Falle halte ich dies sogar für noch wichtiger, da eine einzelne Zahl (die 89 eher wie die 55) den Parker-verwöhnten Punkte-Trinker in die Irre führen könnte. Solche (Natur) Weine bedürfen einfach mehr Beschreibung wie der chilenische Einheits-Cabernet.
Gesamteindruck und Potenzial: 5 Punkte jeweils maximal, wird international in allen Jury-Sitzungen, die im 100er System arbeiten, verwendet.
Und natürlich kommt es ursprünglich von einer Abwandlung des amerikanischen Schul-Systems.
Die Sinnhaftigkeit darf gerne bezweifelt werden. Ich weiss einfach aus mehr als 30 Jahren in dem Job, dass die meisten Leute halt irgendwelche Rankings, Wertungen, Top 10 Listen oder seien es nur irgendwelche Medaillen von unbekannten Landesbewertungen mögen. Sonst gäbe es die ja auch nicht. Dagegen anzuwettern ist also sinnlos. Es wird sie immer geben.
Ich empfehle immer, sich einfach den Verkoster zu suchen, dessen Vorlieben sich mit den eigenen meist decken zu folgen – und die anderen zu ignorieren.
Gruss aus Wien. Knalli
Hier geht es grundsätzlich um mehr als nur um geschmackliche Präferenzen oder subjektive Bewertungen.
Zum Ersten:
Wenn Aromen wie Urin und Gülle auftauchen, wenn eine tolle prägnante Säure auftritt wie beschrieben (also entweder BSA nicht sauber gelaufen oder flüchtige Säure) dann ist das ganz einfach ein Zeichen von Verderb. Hier geht es nicht mehr um Gärung und biologischen Säureabbau, sondern hier waren auch ganz andere Mikroben beteiligt, die ganz andere und eventuell gesundheitsschädliche Abbauprodukte erzeugen.
Nun ist es beim Wein an sich dank der hoffentlich auch hier zuerst abgelaufenen alkoholischen Gärung schwer, sich zu vergiften, da der Alkohol die meisten toxigene Bakterien hemmt. Aber Histamine und andere Abbauprodukte können für mindestens Kopfschmerz sorgen und auch allergische Reaktionen hervorrufen.
Ich kenne dies als eigener Erfahrung, Kopfschmerzen bekomme ich wenn nur bei Weinen mit unsauberem BSA oder unsauber vergorenen Sekten (z.B. da bei Flaschengärung auch keine Eiweißschönung vorgenommen werden kann); als Profi kann ich abschätzen oder auch nachfragen, was vorgelegen hat.
Nicht umsonst gibt es einen Grenzwert für die flüchtige Säure im Wein – nicht wegen der Säure an sich, sondern als Hinweis auf die dann unweigerlich abgelaufenen Verderbprozesse oder der vorliegenden mangelnden Hygiene.
Dass 95% der Menschen angewiedert sind, ist kein Zeichen von Verkostungsunfähigkeit oder Dummheit, sondern ein Ergenis der Evolution: weil man von Lebensmitteln, die so riechen und schmecken, krank wird, gibt es den Ekel davor.
Zum Zweiten:
Das Lebensmittelrecht kennt zunächst den Tatbestand der Gesundheitsgefährdung. Aber selbst, wenn dieser nicht erfüllt ist (z.B. durchgekochte Kakerlaken im Döner; Naturweine, die wegen mangelnder Hygiene, mangelnder Pflefe, mangelndem Schwefel verdorben sind und ebensolche Aromen aufweisen; aber an sich nicht gesundheitsschädlich sind) kennt es den Tatbestand der Ekelerregung.
Könnte ein anwesender Jurist mal klären, ob dieser Tatbestand der Ekelerregung zutrifft? Offensichtlich war die Küche nicht sauber bzw. der Keller nicht sauber, der Weinausbau nicht gepflegt. Deswegen schlucke ich solche Weine grundsätzlich nicht runter und kann dies auch nur jedem empfehlen.
PS: Ich rede jetzt nicht von einem leichten Böckser, sonden mikrobiologisch und oxidativ verdorbenden Weinen
na, vielleicht ist das der Moment, wenn Wein Kunst wird. Nach dem Motto “ das hätte ich auch machen können“.
@ der Ausbruch, Punkte bis 85 sind bedeutungslos ? stimmt nicht so ganz, dafür gibt es bei den meisten Weinwettbewerben schon eine Silbermedaille (Mundus vini). Ob dieser Wettbewerb bedeutend für die Leser von CC ist mal abgesehen. Man muss die Punkte halt immer auch ins Verhältnis zum Preis bzw Weinkategorie setzen. Ein Bordeaux mit 85 Punkten ist sicher kein Spitzen 1er Grand Cru. Canemerle bekam, nur als Beispiel, von Wine Spectator für 2009 88-91 Punkte, der Wein kostet so um die 35 €. Unter dem Level sollte es doch einige weitere gute Weine geben.
Wir haben vor zwei Wochen das Weingut von Paolo Bea besucht und sind von sämtlichen verkosteten Weinen begeistert. Bei anderen Lebensmitteln ist nicht gleich alles was etwas kräftiger riecht oder gar „stinkt“ damit auch sofort schlecht (z.B. Romadur Epoisses oder Münsterkäse 😉
Ich frage mich, wie stark das 55-Punkte-Urteil mit Gewohnheit zusammenhängt. Kinder, die jahrelang nur Fertiggerichte wie Miracoli genossen haben, stellen diese bei Vergleichsproben dann oft vor die leckersten hausgemachten Pasta-Gerichte.
Auch bei den bisherigen Nachverkostungen der gekauften Fläschchen (u.a. im Kreis von Freunden) haben die Bea-Weine ein exzellentes Bild abgegeben, also gern öfter mal „Eins in die Fresse“ 😉