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Rotwein fett wie Leberkäs

Zum Reinbeißen, dieser fette Spanier.
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Es war eine schwere Zeit. Lange Jahre konnte ich mich nicht in die Nähe eines frisch gebackenen Leberkäs wagen.

Die köstlichen Düfte dieser süddeutschen Spezialität führten bei mir sofort zu dem heftigen Drang, mich unverzüglich in die nächste Ecke zu übergeben.

Dabei liebte und liebe ich Leberkäse. Wisst Ihr übrigens, wie man im Schwäbischen beim Metzger ein Brötchen mit Leberkäse bestellt? „Einen Lkw bitte!“ Lkw wie Leberkäsweck.

Wer noch einen drauf setzen möchte, der ordert „einen Lkw mit ABS!“ – einen Leberkäsweck mit a bissle Senf.

Das Beziehungsproblem von dieser Spezialität und mir lag an einer Magen-Darm-Grippe. Eines Abends hatte ich Leberkäse mit Kartoffelsalat gegessen und mich danach mitten in der Nacht heftig übergeben. Dabei war mit dem Essen alles in Ordnung gewesen, nur wütete in mir ein fieser Virus.

Nun hat jeder Mensch ein Geschmacksgedächtnis. Das speichert alles was uns schmeckt und was nicht. Es einmal umzuprogrammieren, ist ziemlich schwierig.

Mein Geschmacksgedächtnis war offenbar der Meinung, der Grund für meine Übelkeit sei der Leberkäs gewesen. Es beschloss also, es sei besser für mich, dieses Essen künftig zu meiden. Also empfand ich fortan einen gewaltigen Ekel beim Geruch oder Anblick von Leberkäs. Dabei war mir durchaus klar, dass die Übelkeit dieser Nacht nichts mit dem Essen zu tun hatte.

Es war nichts zu machen.

So etwas dürfte fast jeder schon mal erlebt haben. Wie auch der US-amerikanische Psychologe Martin Seligman. Bei ihm war es Sauce béarnaise, eine Köstlichkeit der französischen Küche. Sauce béarnaise ist warme, aufgeschlagene Buttersoße. Seitdem ist diese Form von Abneigung gegen ein bestimmtes Essen unter dem Namen Sauce-béarnaise-Syndrom bekannt.

Bei mir dauerte es lange Jahre. Aber schließlich hatte mein Geschmacksgedächtnis vergessen, was mit dem Leberkäse passiert war. Nach und nach konnte ich ihn wieder essen. Und heutzutage, sobald ich mal wieder in meiner schwäbischen Heimat bin, gehe ich sofort zum nächsten Metzger und bestelle hungrig „einen LkW mit ABS!“

Auf meine Heilung erhebe ich nun das Glas. Darin ein spanischer Rotwein, der es in Bezug an Dichte, Fettigkeit und Intensität mit meinem bayerischen Leberkäs locker aufnehmen kann. Er ist aus der Rebsorte Garnacha gekeltert. Die Trauben kommen von alten Rebstöcken.

Ich schnuppere vorsichtig und erschrecke fast über diese Intensität. Mann ist der dicht und kompakt! Ich rieche Kakao und Schokolade, dann etwas Nelke und Orangenzeste. Danach kämpfen sich die Fruchtaromen nach oben – eingelegte Pflaume und Feige.

Ich nehme einen Schluck. Flüssige Schokolade und Glühwein ist mein erster Gedanke. Die Kakaonoten sind wirklich sehr dominant, dann Glühweingewürze und ganz am Ende eingelegte Früchte. Dieser Wein ist so fleischig, dass man ihn fast kauen möchte.

Das kommt also dabei raus, wenn der Winzer alte Reben gekonnt mit neuen Holzfässern (Barriques) kombiniert.

Eine echte Granate für alle Freunde von Dickwein-Erlebnissen. Das üppige Geschmacksbild und der hohe Alkohol (14,5 Volumenprozent) sind der Hammer. Im wahrsten Sinne.

Da muss etwas zu essen her. Entweder knabbere ich zu so einem Wein Schokolade pur oder esse einen Wildhasen mit Schokoladensoße.

 

Datum: 21.1.2018
 

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