X
Newsletter
X
X
Login
Passwort vergessen?


Konto erstellen

Der kulinarische Notfallkoffer

Nur Mist auf dem Buffet? Da hilft der Notfallkoffer vom Lotsen. (Foto:Daorson)
Kommentare
Ähnliche Weine
Ähnliche Artikel
Captains Lotse Balcerowiak hat seine Probleme mit lieblosen Partybuffets und billigen Partyweinen. Da nimmt er lieber ein Köfferchen mit eigenen Fressalien zur Party. Und macht dort einen auf Selbstversorger. Ziemlich schräg.
Anzeige

Wer freut sich nicht über Einladungen zu Partys. Bestenfalls kann man dort interessante Menschen treffen und sich amüsieren. Allerdings sind viele Zeitgenossen in Genussfragen vollkommen schmerzfrei, und das betrifft nicht nur die Musikauswahl. Man muss damit rechnen, bei derartigen Events mit allerlei eigentlich nicht essbaren Abscheulichkeiten konfrontiert zu werden.

Sehr beliebt ist z. B. eine gallertartige, geschmacklose Masse namens Mozzarella. Die hat mit handwerklich produziertem Büffelmilchkäse so viel zu tun wie die FDP mit Sozialpolitik und wird gerne zusammen mit pestizidverseuchten Treibhaustomaten angeboten. Auch die seit Jahrzehnten unvermeidlichen Nudelsalate haben von ihrem geschmacklichen Schrecken nichts eingebüßt.

Partybuffets – ein Hort voller Geschmacksneutralitäten

Ähnliches gilt für den zweifelhaften Partyknüller »Chili con Carne«, der meistens als schleimige bräunliche Brühe zubereitet und mit absurden Ingredienzien wie Dosenmais »veredelt« wird. Bei den Getränken sieht es in der Regel genauso aus. An Flüssigkeiten wie »Soave« , »Pinot Grigio« oder »Merlot aus Chile« möchte man als Weinfreund nicht einmal riechen.

Natürlich wäre es unhöflich, das Speisen- und Getränkeangebot der Gastgeber einer harschen Kritik zu unterziehen. Wer aber auf derartigen Partys weder fasten, noch seine Geschmacksnerven und seinen Magen quälen will – für den gibt es einen eleganten Ausweg: den kulinarischen Notfallkoffer (KNK). Er sichert nicht nur die bekömmliche und genussvolle Eigenversorgung während der Party, sondern auch garantiert spannende, kontroverse Debatten.

Ein Botschafter des guten Geschmacks

Erstmals setzte ich meinen KNK beim Geburtstag eines bekannten Westberliner Arbeiterführers ein. Er enthielt einige Austern, eine im Estragon-Chili-Honigmantel geschmorte Wachtel, ein paar in Knoblauch und Koriander marinierte Großgarnelen, ein bisschen Rohmilchkäse sowie dazu passenden Wein. Neben entsetzten Urteilen wie »Unverschämtheit« und »dekadenter Snobismus« erntete ich bei meiner direkt neben dem Buffet zelebrierten Selbstversorgung auch interessierte Nachfragen. Auf diesem Wege konnte ich meine Mission als Botschafter des guten Geschmacks erfüllen.

Seitdem wissen diverse Sozialaktivisten der Hauptstadt, wie man eine Wachtel anständig schmort. Und einige der härtesten Kritiker meines Auftrittes baten heimlich um ein Gläschen von den mitgebrachten Weinen, um eine kleine Wachtelkeule oder eine Auster. Seitdem besuche ich kaum noch eine Party ohne meinen KNK. Nur, wenn ich davon ausgehe, dass es nicht wirklich dringend nötig ist, lasse ich ihn zu Hause.

Doch benötigt wird er besonders in der Vorweihnachtszeit eigentlich immer. Denn völlig verdrehte innere Uhren und nahezu kultische Gewohnheiten animieren selbst erwiesenermaßen vernunftbegabte Menschen ab dem ersten Advent zur Bereitung eines Getränkes namens »Glühwein«. Das veranlasste die Süddeutsche Zeitung unlängst zu der berechtigten Frage: »Was muss ein Wein verbrochen haben, damit man ihn auf 75 Grad erhitzt, Zucker und Gewürze reinkippt und mittelalterliche Stadtsilhouetten aufs Etikett knallt«.

Glühwein im Tetrapack. Ein Irrsinn.

Nun könnte man ja einigermaßen tolerant sein, und den Glühweinwahnsinn als zwar zweifelhaften, aber leider unausrottbaren Bestandteil der Weihnachtsmarktkultur abbuchen. Doch der Irrsinn hat sich längst weitergefressen, bis in das Herz der Konsumgesellschaft: dem Heim. Längst wird das Zeug auch in Flaschen und Tetrapacks abgefüllt und millionenfach in häuslicher Umgebung vertilgt.

Wie zur Verhöhnung eines jeden Weinfreundes gibt es mittlerweile auch ein „Premiumsegment“, den sogenannten „Winzerglühwein“, bei dem die verwendete Rebsorte und manchmal sogar die Lage angegeben wird. Behauptet wird, bei diesen Exemplaren bleibe der Wein trotz Unmengen Zucker und kruder Gewürzmischungen „sensorisch erlebbar“. Alleine diese dreiste Werbelüge müsste für den Entzug der Gewerbegenehmigung reichen. Nicht umsonst empfahl der Münchner Barkeeper Stefan Gabanyi in einem Interview, statt Glühwein doch lieber gleich Motoröl zu trinken.

Ein Chianti als Geheimtipp im Koffer

Angesichts solcher Anschläge auf die körperliche Unversehrtheit ist ein in diesem Fall mit anständigem Rotwein gefüllter KNK reine Notwehr. Aktuell pflegt ihn der Lotse mit dem Casa Conforto Chianti Superiore DOCG 2009 von der Fattoria La Vialla zu bestücken. Wenn sich dessen Veilchenduft in der Nase verzogen hat, trumpft die Cuvée aus Sangiovese (80 %), Cabernet Sauvignon, Trebbiano Toscano und Canaiolo mit feinen Kirsch- und Brombeertönen auf, alles schön eingebunden in bereits gezähmte Tannine und ergänzt von milder, aber leicht prickelnder Säure.

Soviel Toscana für so wenig Geld muss man jedenfalls mit der Lupe suchen. Den Casa Conforto Chianti Superiore DOCG 2009 von der Fattoria La Vialla gibt es ausschließlich direkt ab Hof für unglaubliche 5,80 Euro. Mindestabnahme sind sechs Flaschen, dafür aber versandkostenfrei. Allerdings ist die Bestellung etwas kompliziert. Zunächst muss man per Mail einen Prospekt anfordern. Dann erhält man auch ein Passwort für Onlinebestellungen. Doch die Mühen lohnen sich.

  • Casa Conforto Chianti Superiore DOCG 2009 von der Fattoria La Vialla für 5,80 Euro.

 

Datum: 20.12.2011 (Update 26.11.2014)
 

Aktuelle Weinempfehlungen