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Das Grundgesetz für Spargel + Wein

Im Namen des Volkes.
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Weintester Rainer Balcerowiak, Major der Genusspolizei a.D., kennt keine Scherze, wenn es um Spargel geht. Und weiß auch ganz genau, welcher Wein zu passen hat. Widerspruch kann nur beim BGH eingelegt werden.
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Es gibt wenige Speisen, bei denen mir so wenig zu Scherzen zumute ist wie bei Spargel. Und das hat einen ganz bestimmten Grund. Es ist die unverzeihliche Respektlosigkeit, mit der man dieses Gemüse behandelt. Im Irrglauben, das Gute noch besser machen zu müssen. Deshalb habe ich dieses Grundgesetz für Spargel und Wein ausgearbeitet.

Spargel kann seinen unvergleichlichen Geschmack nur entfalten, wenn er frisch ist. Und ich meine damit richtig frisch, also am besten erst am Morgen des Verzehrtages gestochen. Schon nach zwei Tagen wird er ausgesprochen bitter und fade. Selbst wenn man mit allerlei Tricks die Austrocknung und Verholzung verhindert.

Natürlich sind die Geschmacksglobalisierer längst auf den Spargel-Zug aufgesprungen. Mittlerweile kann man weißen Spargel das ganze Jahr über erhalten. Besonders aus Peru. Ab Februar auch aus Griechenland. Da schüttelt es mich. Mit dieser Profanisierung des Spargels geht aber auch ein unwürdiger Umgang mit den feinen Stangen einher. Denn nahezu wahnhaft hat sich in den Köpfen von Profi- und Hobbyköchen eingenistet, dass es Grundprodukte stets zu veredeln gilt, irgendwie aufzupeppen oder in neue Kreationen zu integrieren.

Dabei ist alles ganz einfach, wenn man sich streng an mein Gesetz hält: Weißer Spargel braucht zunächst einmal keine Soße, die seinen Eigengeschmack in die Ecke drängt. Weder aus der Pappschachtel, noch extra zubereitet.

Es ist ferner eine maßlose Entwürdigung dieses edlen Gemüses, Spargel als Beilage für Schnitzel, Schinken, oder Lachs zu missbrauchen. Er gehört weder in ein Risotto, noch kalt in einen Salat. Darauf steht Knast.

Eigentlich gibt es nur eine angemessene Zubereitungsweise: Spargel gründlich schälen, die Schalen auskochen, ein bisschen Salz in den Sud und darin anschließend die Stangen kochen, bis sie gar aber noch bissfest sind.

Noch eleganter funktioniert das, wenn man die Stangen in einen Dampfeinsatz über dem Sud gart. Dazu gibt es gute Pellkartoffeln und zerlassene Butter. Letztere darf mit ein paar Semmelbröseln gebräunt werden. Auf dem Teller kann man (muss man aber nicht) auch noch ein wenig frisch gehackte Petersilie darüber streuen.

ALLES ANDERE IST VERBOTEN!

Aber eines braucht Spargel dann doch noch ganz dringend – einen guten Begleiter im Glas. Auch hierbei gilt: Weniger ist mehr. Also keine vollreife Frucht- und Alkoholbombe, womöglich auch noch im Barrique ausgebaut und mit entsprechenden Holz- und Vanillenoten ausgestattet. Sondern einen leichten, frischen, trockenen Weißwein mit präsenter Säure und einer erdig-floralen Textur. Da wird man in Deutschland leicht fündig. Gute Erfahrungen kann man immer wieder mit Silvaner, Auxerrois oder Weißburgunder machen. Auch Elbling und Müller-Thurgau wussten bisweilen zu überzeugen. Riesling eher nicht.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um euer Augenmerk auf eine Rebsorten zu lenken, die gemeinhin wenig Beachtung findet, weil größtenteils gesichtslose Massenweine daraus produziert werden. Es handelt sich um Gutedel. Aus dem Weingut Ziereisen. Da geht man anders mit dieser Rebsorte um. Vielleicht, weil hier im Markgräflerland der Spargel sozusagen daheim ist.

Edeltraut und Hanspeter Ziereisen stehen vor allem für grandiose Rotweine. Mineralisch, fein und wunderbar ausbalanciert. Ihre Weißweine stehen den Roten aber kaum nach. Die teils sehr steilen Lagen des Weinguts sind nach Süden ausgerichtet. Ihre Reben wurzeln tief im Schwarzwälder Kalkstein. Böden wie an der Cote d’Or im Burgund, wo die teuersten Weine der Welt herkommen.

Mein Gutedel Steingrüble von Ziereisen hat – wie alle Gutedel – eine milde Säure, die ihn sehr trinkfreudig macht. Er steht länger auf der Maische (da kommt die Kraft her) und wird im großen Holzfass zur Reife gebracht. Ich schmecke Kräuter, Kalkstein und Granit, alles sehr fein und trotzdem kraftvoll. Wie eine stramme Bergwanderung mit leichtem Rucksack am Buckel. Dann Birne und Meersalz. Und schließlich ein ungewöhnlich langer Abgang, den man nicht so schnell vergisst. Dieser Gutedel wächst auf kalkhaltigem Muschelverwitterungsboden, die Reben sind 30 bis 40 Jahre alt und wurzeln tief. Das gibt dem Wein viel Körper und einen burgundischen Charakter.

Erstaunlich, was Gutedel kann, wenn er in die Hände des richtigen Winzers fällt.

 

Datum: 14.4.2020