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Chardonnay: der elegante Bruder

Der Uibel in seinen Fässern. Draußen ist´s eh nur hässlich...
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Der Captain liebt Chardonnay. Fette, wuchtige, elegante Brummer aus dem Burgund. Herrliche Montrachets, fantastische Mersaults. Und dann ist da ein Wein aus Ziersdorf. Und der kann mithalten.
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Leopold Uibel hat sein Weingut in Ziersdorf. Zu Ziersdorf hat der Captain eine besondere Beziehung. Einerseits kommt seine Großmutter aus Ziersdorf, besser gesagt aus Frauendorf an der Schmida, das gleich um die Ecke liegt. Andererseits hat ein Freund des Captains ein Haus bei Ziersdorf. Dort liegen viele alte Weine, die der Captain auf Länge lagert. Und dann hat der Captain da mal einen Acker geerbt. In Ziersdorf. Als er fünfzehn war. Und er hat den Acker an seine Verwandtschaft verkauft. Den Betrag hat er sich in Bündeln aus Zwanzig-Schilling-Scheinen auszahlen lassen. Der Captain wollte wissen, wie sich viel Geld angreift.

Sonst ist Ziersdorf nicht weiter bekannt. Auch als Weinort nicht. Ziersdorf liegt im niederösterreichischen Weinviertel. Dort, wo es eigentlich ganz hässlich ist. Und auch schon zu weit weg von Wien, um als Ansiedlungsort noch interessant zu sein. Genau dort keltert Leopold Uibel seine Weine. Und er ist der einzige Winzer in Ziersdorf, der überhaupt eine Idee hat, was man hier anfangen kann. Und er hat viel angefangen hier.

Cool-Climate-Chardonnay

Unter anderem ein paar gigantisch gute Grüne Veltliner. Den Katzensprung beispielsweise. Oder den Hundsberg. Aber über die wollte der Captain ein andermal gesondert schreiben. Heute trinkt er einen Chardonnay von Uibel. Aus dem hässlichen Ziersdorf im Weinviertel, dort wo das Weinviertel besonders bedeutungslos erscheint. Dort wachsen die Trauben für diesen besonderen Wein.

Der Ziersdorfer Köhlberg, auf dem die Reben stehen, wurde von der Ur-Donau geformt, vor Dingsbums-Tausend-Jahren. Das Schöne am Weinbau ist, dass solche Nebensächlichkeiten immer eine wichtige Rolle spielen; Nebensächlichkeiten, die im Skelett der Vergangenheit geschrieben stehen: in der Erde, im Boden.

Unter dem Sand des Köhlberges steht meterhoch Kalkstein. Da freut sich jede Chardonnayrebe, denn hier darf sie bleiben, wie sie anderswo groß erscheint. Also burgundisch. Der Jahrgang 2008 – da muss der Captain nicht mehr viel sagen – war auch in Österreich ein schwieriger Jahrgang. Gute Winzer – auch da muss der Captain nicht viel sagen – machen auch in einem schwierigen Jahrgang große Weine.

Steht auf der Hefe rum

Der Chardonnay Reserve von Uibel wurde nach dem Gären auf der Hefe gelassen und in kleinen, sanft getoasteten Barriques ausgebaut. Die ersten sechs Monate wurde kräftig umgerührt und erst danach sanft geschwefelt. All das merkt man dem Wein an, der so cremig ist, wie selten ein Chardonnay aus Österreich.

Im Glas erstaunlich hell, mit grünen Einschlägen. Auch grau. In der Nase gleich ordentlich Frucht: Orange, Mango, Zitrone, Ananas, Ribisel, auch etwas Stachelbeere. Dann das deutliche und stark betonte mineralische Gerüst: Kalk, Löß, Kieselsteine im Bachbett, Glasmurmeln, die man als Kleinkind lutscht, bis sie einem von der schreckensbleichen Mutter aus dem Mund geholt werden.

Apropos Mund. Im Mund dann zuerst und dauernd die gleiche kräftige Mineralik, die sich schon in der Nase breitgemacht hat, gepaart mit der schon erwähnten Creme. Dazu eine frische Säure von reifen Limonen und Mandarinen. Etwas Rauch vom Holz, getoppt von einer brillanten Salzigkeit.

Zwischen den Stühlen und mittendrin

Ha, der Uibel steht zwischen allen Stühlen. Ein klassischer Cool-Climate-Chardonnay, der viele Eigenschaften großer französischer Gesinnungsgenossen zeigt, ohne diese je kopieren zu wollen. Und dann – als Top-of-the-Plops – die schönste Säure, die der Captain seit langer Zeit auf der Zunge hatte. Ein großer Wein mit Lagerpotential. Scheiß drauf. Trinken. Jetzt!

  • Chardonnay Reserve Uibel 2008 für 18,00 Euro.

 

Datum: 27.4.2011 (Update 1.9.2014)
 

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